Donnerstag, 18. Februar 2010

BGH-Entscheidung zum Sachmangel bei PKW-Lieferung in falscher Farbe

Ein Beitrag für Studierende im Bereich Recht.

Ein gestern gefälltes Urteil des BGH stellt einen schönen Übungsfall für die Anwendung des Sachmangelrechts dar, hier in der selten vorkommenden Variante, dass der mangelhafte Gegenstand schon VOR bzw. bei der Lieferung zurückgewiesen wird.

BGH Urteil vom 17. Februar 2010 – VIII ZR 70/07 - Erhebliche Pflichtverletzung des Verkäufers bei Lieferung eines Fahrzeugs in anderer Farbe


Der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die Lieferung eines Kraftfahrzeugs in einer anderen als der bestellten Farbe im Regelfall einen erheblichen Sachmangel und eine erhebliche Pflichtverletzung des Verkäufers darstellt.

Der Beklagte kaufte im März 2005 bei einem in Florida/USA ansässigen Unternehmen einen Pkw Chevrolet Corvette zu einem Preis von rund 55.000 US-Dollar. Das von der Verkäuferin anschließend zur Lieferung angebotene Fahrzeug weist nicht, wie im Vertrag angegeben, eine Lackierung in "Le Mans Blue Metallic" auf, sondern ist schwarz. Der Beklagte verweigert die Annahme des Fahrzeugs und die Zahlung des Kaufpreises mit der Begründung, die Verkäuferin habe den Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht der Verkäuferin Zahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Lieferung des Fahrzeugs. Der Käufer ist in den ersten beiden Instanzen verurteilt worden.

Das OLG hatte seine Entscheidung dabei im Wesentlichen darauf gestützt, dass ein Zurückweisungsrecht des Käufers noch vor Lieferung nur dann bestehe, wenn er ein Rücktrittsrecht nach § 323 BGB* habe. Dies sei aber gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB* ausgeschlossen, weil die Lieferung einer schwarzen statt einer blauen Corvette keine erhebliche Pflichtverletzung darstelle.

Die dagegen gerichtete Revision des Käufers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Lieferung eines Kraftfahrzeugs in einer anderen als der bestellten Farbe im Regelfall einen erheblichen Sachmangel und damit auch eine erhebliche Pflichtverletzung gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB* darstellt, und zwar auch dann, wenn vom Käufer zunächst auch eine andere Fahrzeugfarbe in Betracht gezogen wurde. Die Lackfarbe bestimmt maßgeblich das Erscheinungsbild eines Kraftfahrzeugs und gehört deshalb für den Käufer zu den maßgeblichen Gesichtspunkten seiner Kaufentscheidung.

Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, weil aufgrund weiterer Umstände des Falles noch zu klären ist, ob die Kaufvertragsparteien sich nachträglich auf die Lieferung einer schwarzen Corvette geeinigt haben.

* § 323 BGB: Rücktritt wegen nicht oder nicht vertragsgemäß erbrachter Leistung
  …
  (Abs. 5) … Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

Quelle: Pressemitteilung des BGH
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0039/10

Eine Besprechung folgt noch.