Samstag, 9. Oktober 2010

Das Arbeitszeugnis

Ein Beitrag für Auszubildende in kaufmännischen und technischen Berufen, sowie für Lehrer und Dozenten und für Studenten der Betriebswirtschaft.

Zu den Pflichten aus dem Arbeitsvertrag gehört die Erteilung eines Zeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern dies der Arbeitnehmer verlangt. Gesetzliche Grundlage ist  § 109 GewO.



Anmerkung:

An vielen vorbeigegangen ist eine Gesetzesänderung aus dem Jahre 2003. Seitdem ist dieser Zeugnisanspruch nicht mehr im § 630 BGB, sondern in § 109 Abs. 1 der Gewerbeordnung verankert, soweit es sich um Arbeitnehmer handelt. Der § 630 BGB, in dem der Zeugnisanspruch klassischerweise geregelt war und ist, ist nur noch für Personen anwendbar, die Dienste leisten, ohne Arbeitnehmer zu sein (Beispiel: Geschäftsführer von GmbHs). Dies ergibt sich ganz ausdrücklich aus § 630  Satz 4 BGB:

"Wenn der Verpflichtete ein Arbeitnehmer ist, findet § 109 der Gewerbeordnung Anwendung."

Die Regelung des § 109 GewO übernahm dabei Details, die das BGB nicht enthielt sondern von der Rechsprechung erarbeitet wurden.

Wenn Sie in Internetaufsätzen oder in Fachliteratur (bis in die aktuellsten Auflagen hinein) die §§ 630 BGB und 113 GewO als Grundlage lesen, handelt es sich um die Rechtslage vor 2003. Die Aufsätze selbst können aber inhaltlich durchaus den neuesten Rechtsstand widerspiegeln. Der § 109 GewO soll übrigens nach Willen des Gesetzgebers für alle Arbeitnehmer gelten, auch im nicht gewerblichen Bereich (Angestellte von Freiberuflern). Was den Gesetzgeber bei dieser Gesetzesänderung geritten hat, ist schleierhaft.

Wortlaut des § 109 GewO:

§ 109 Gewerbeordnung:

(1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis.

Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.

(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.

(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen

Das Gesetz unterscheidet also zwischen einem einfachen und einem qualifizierten Zeugnis. Verlangt der Arbeitnehmer nur pauschal ein Zeugnis, muss ihm der Arbeitgeber zumindest ein einfaches Zeugnis erteilen.

Einfaches Zeugnis, enthält:


  • Art und Dauer der Tätigkeit (ohne jegliche weitere Bewertungen)

Qualifiziertes Zeugnis, enthält:


  • Art und Dauer der Tätigkeit

  • Bewertung der Leistung

  • Bewertung des Verhaltens

Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein (§ 109 Abs. 2 GewO). Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen. Damit sollte die "Geheimwissenschaft" bezüglich der Formulierungen in Arbeitszeugnissen entgegen gewirkt werden.

Das Zeugnis muss grundsätzlich der Wahrheit entsprechen. Bei aller Rücksichtnahme gegenüber dem Arbeitnehmer darf das Zeugnis keine unrichtigen Angaben zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten (Schönfärberei), denn dies könnte Schadensersatzansprüche des getäuschten neuen Arbeitgebers nach sich ziehen

Entspricht der Zeugnisinhalt nicht den gesetzlichen Vorgaben, hat der Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch auf Berichtigung des Zeugnisses.

Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf eine vom ihm gewünschte bestimmte Formulierung. Die Abfassung muss aus der Sicht des wohlwollenden verständigen Arbeitgebers erfolgen. Einmalige Vorfälle oder Umstände, die für Führung oder Leistung des Arbeitnehmers nicht charakteristisch sind, gehören nicht in das Zeugnis. Das Zeugnis muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung sind und an denen ein künftiger Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse haben kann.