Samstag, 6. August 2011

Juli 2011: Änderung des AEAO - Anwendungserlass zur Abgabenordnung

Das BMF hat gemeinsam mit den obersten Finanzbehörden der Länder den AEAO mit sofortiger Wirkung geändert. Insbesondere davon betroffen sind Fragen rund um die Zustellung von Steuerbescheiden an Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern.


Eine Durchsicht ergibt, dass für die Ausbildung der Steuergehilfen kaum Relevantes dabei ist, denn der Lehrplanstoff geht nicht so in die Tiefe.


Für die Praxis allerdings sind die Änderungen bei der Zustellung an Personengesellschaften interessant. Das Schreiben in vollem Wortlaut als PDF-Datei können Sie hier herunterladen:


BMF, Schreiben v. 11.7.2011, IV A 3 – S 0062/08/10007-11


Eine gute  kommentierte Zusammenfassung findet man (wie so oft) beim Haufe-Verlag:


http://www.haufe.de/steuern/newsDetails?newsID=1312275696.64


 


Hier ein Auszug bezüglich der Adressierung an Personengesellschaften:


 


Nummer 2.4 der Regelung zu § 122 wird wie folgt gefasst:



„2.4 Personengesellschaften (Gemeinschaften)


Zu den Personengesellschaften (Gemeinschaften) i. S. dieser Regelung zählen die Handelsgesellschaften (vgl. Nr. 2.4.1.1) und die sonstigen nicht rechtsfähi-gen Personenvereinigungen (vgl. Nr. 2.4.1.2).
Es ist zu unterscheiden zwischen Bescheiden, die sich an die Gesellschaft rich-ten, und Bescheiden, die sich an die Gesellschafter richten.
2.4.1 Bescheide an die Gesellschaft (Gemeinschaft)
Steuerbescheide und Steuermessbescheide sind an die Gesellschaft zu richten, wenn die Gesellschaft selbst Steuerschuldner ist. Dies gilt z. B. für


a) die Umsatzsteuer (§ 13a UStG),
b) die Gewerbesteuer einschließlich der Festsetzung des Messbetrags und der Zerlegung (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG),
c) die Kraftfahrzeugsteuer, wenn das Fahrzeug für die Gesellschaft zum Ver-kehr zugelassen ist (§ 7 KraftStG; BFH-Urteil vom 24.7.1963 - II 8/62 - HFR 1964 S. 20),
d) die pauschale Lohnsteuer (§ 40 Abs. 3, § 40a Abs. 5 und § 40b Abs. 5 EStG),
e) die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags, wenn der Gesellschaft der Steuergegenstand zugerechnet worden ist (§ 10 Abs. 1 GrStG),
f) die Grunderwerbsteuer, soweit Gesamthandseigentum der Personengesell-schaft besteht (insbesondere bei GbR, OHG, KG und ungeteilter Erbenge-meinschaft; BFH-Urteile vom 28.4.1965 - II 9/62 U - BStBl III, S. 422, vom 27.10.1970 - II 72/65 - BStBl 1971 II, S. 278, vom 29.11.1972 - II R 28/67 - BStBl 1973 II, S. 370, vom 11.2.1987 - II R 103/84 - BStBl II, S. 325, und vom 12.12.1996 - II R 61/93 - BStBl 1997 II, S. 299),
g) die Körperschaftsteuer bei körperschaftsteuerpflichtigen nicht rechtsfähi-gen Personenvereinigungen
und entsprechend für
h) Haftungsbescheide für Steuerabzugsbeträge.



Da eine typisch oder atypisch stille Gesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist, sind Steuerbescheide und Steuermessbescheide an den Inhaber des Handels-geschäfts zu richten (BFH-Urteil vom 12.11.1985 - VIII R 364/83 - BStBl 1986 II, S. 311; R 5.1 Abs. 2 GewStR 2009). Entsprechendes gilt bei einer verdeckten Mitunternehmerschaft (BFH-Urteil vom 16.12.1997 - VIII R 32/90 - BStBl 1998 II, S. 480).
Eine Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) kann selbst Steuerschuldnerin sein. Dies gilt jedoch nicht für die Gewerbesteuer. Schuldner der Gewerbesteuer sind die Mitglieder der Vereinigung (§ 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG), bei einer Bruchteilsgemeinschaft die Gemeinschafter; an diese sind Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide zu richten.



2.4.1.1 Handelsgesellschaften
Bei Handelsgesellschaften (OHG, KG, EWIV) sind Steuerbescheide der Gesell-schaft unter ihrer Firma bekannt zu geben, wenn sie Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat ist. Die Handelsgesellschaft kann im Wirtschaftsleben mit ihrer Firma eindeutig bezeichnet werden; bei Zweifeln über die zutreffende Bezeich-nung ist das Handelsregister maßgebend. Ist eine Handelsgesellschaft Steuer-schuldner und damit Inhaltsadressat, genügt deshalb zur Bezeichnung des In-haltsadressaten die Angabe der Firma im Steuerbescheid (BFH-Urteil vom 16.12.1997 - VIII R 32/90 - BStBl 1998 II, S. 480). Ein zusätzlicher Hinweis auf Vertretungsbefugnisse oder einzelne Gesellschafter (z. B. „zu Händen des Geschäftsführers Meier“) ist zur Kennzeichnung des Inhaltsadressaten nicht er-forderlich; wegen der Bekanntgabe an namentlich benannte Geschäftsführer usw. vgl. Nrn. 1.5.2 und 1.5.3.



Beispiel:
Ein Umsatzsteuerbescheid für die Firma Schmitz & Söhne KG muss fol-gende Angaben enthalten:
Steuerschuldner und Inhaltsadressat (zugleich Bekanntgabeadressat und Empfänger):



Firma
Schmitz & Söhne KG
Postfach 11 47
50853 Köln




Zur Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden vgl. Nr. 2.5.



2.4.1.2 Sonstige nicht rechtsfähige Personenvereinigungen
Zu den sonstigen nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen gehören insbeson-dere die nicht eingetragenen Vereine, Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Part-nerschaftsgesellschaften, Arbeitsgemeinschaften, Erbengemeinschaften (vgl. Nr. 2.12.6) und Bruchteilsgemeinschaften. Sie haben formal keinen eigenen Namen und keine gesetzliche Vertretung, können aber ggf. durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründen (BGH-Urteil vom


9.1.2001 - II ZR 331/00 - DB S. 423; BFH-Beschluss vom 19.8.2004 - II B 22/03 - BFH/NV 2005 S. 156). In diesen Fällen ist bei Steuerbescheiden, die an Personenvereinigungen gerichtet werden, die Identität des Inhaltsadressaten (Steuerschuldners) durch Angabe des geschäftsüblichen Namens, unter dem sie am Rechtsverkehr teilnehmen, ausreichend gekennzeichnet (BFH-Urteile vom 21.5.1971 - II R 103/84 - BStBl II, S. 540, und vom 11.2.1987 - V R 117/67 - BStBl II, S. 325). Ein solcher Bescheid reicht nach § 267 zur Vollstreckung in das Vermögen der Personenvereinigung aus.



Beispiel:
Ein Umsatzsteuerbescheid für die Brennstoffhandlung Josef Müller Erben GbR muss folgende Angaben enthalten:
Steuerschuldner und Inhaltsadressat (zugleich Bekanntgabeadressat und Empfänger):



Brennstoffhandlung
Josef Müller Erben GbR
Postfach 11 11
54290 Trier


Hat die nicht rechtsfähige Personenvereinigung keine Geschäftsadresse, ist als Empfänger eine natürliche Person anzugeben (vgl. Nr. 2.4.1.3).


Ein Umsatzsteuerbescheid hat sich bei Arbeitsgemeinschaften (ARGE) an diese als eine umsatzsteuerlich rechtsfähige Personenvereinigung (Unterneh-mer) zu richten. Es ist ausreichend und zweckmäßig, wenn der Bescheid der ge-schäftsführenden Firma als der Bevollmächtigten übermittelt wird (BFH-Urteil vom 21.5.1971 - V R 117/67 - BStBl II, S. 540).


Beispiel:
Anschriftenfeld (Empfänger):



Firma
Rheinische Betonbau GmbH & Co. KG
Postfach 90 11
50890 Köln


Bescheidkopf:


Für
ARGE Rheinbrücke Bonn (Inhalts- und Bekanntgabeadressat)


2.4.1.3 Soweit bei Steuerbescheiden an Personenvereinigungen kein geschäftsüblicher Name vorhanden ist, sind die Bescheide an alle Mitglieder (Gemeinschafter, Gesellschafter) zu richten (BFH-Urteil vom 17.3.1970 - II 65/63 - BStBl II, S. 598; zur Erbengemeinschaft: BFH-Urteil vom 29.11.1972 - II R 42/67 - BStBl 1973 II, S. 372). Ist die Bezeichnung der Mitglieder der nicht rechtsfähi-gen Personenvereinigung durch die Aufzählung aller Namen im Kopf des Be-scheides aus technischen Gründen nicht möglich, kann so verfahren werden, dass neben einer Kurzbezeichnung im Bescheidkopf (Beispiel: „Erbengemein-schaft Max Meier“, „Bruchteilsgemeinschaft Goethestraße 100“, „GbR Peter Müller unter anderem“, „Kegelclub Alle Neune“) die einzelnen Mitglieder in den Bescheiderläuterungen oder in einer Anlage zum Bescheid aufgeführt wer-den.


Die Bescheide werden durch Bekanntgabe an ein vertretungsberechtigtes Mit-glied gegenüber der Personenvereinigung wirksam. Bei mehreren vertretungs-berechtigten Mitgliedern reicht die Bekanntgabe an eines von ihnen (BFH-Ur-teile vom 11.2.1987 - II R 103/84 - BStBl II, S. 325, vom 27.4.1993 - VIII R 27/92 - BStBl 1994 II, S. 3, und vom 8.11.1995 - V R 64/94 - BStBl 1996 II, S. 256). Es genügt, wenn dem Bekanntgabeadressaten eine Ausfertigung des Steuerbescheides zugeht. Ausfertigungen für alle Mitglieder sind i. d. R. nicht erforderlich.


Als Bekanntgabeadressat kommen vor allem der von den Mitgliedern bestellte Geschäftsführer (§ 34 Abs. 1) oder die als Verfügungsberechtigter auftretende Person (§ 35) in Betracht. Hat eine nicht rechtsfähige Personenvereinigung kei-nen Geschäftsführer, kann der Bescheid einem der Mitglieder nach Wahl des Finanzamts bekannt gegeben werden (§ 34 Abs. 2). In den Bescheid ist folgen-der Erläuterungstext aufzunehmen: „Der Bescheid ergeht an Sie als Mitglied der Gemeinschaft/Gesellschaft mit Wirkung für und gegen die Gemeinschaft/ Gesellschaft“.
Im Bescheid ist zum Ausdruck zu bringen, dass er dieser Person als Vertreter der Personenvereinigung bzw. ihrer Mitglieder zugeht (§§ 34, 35). Der Be-kanntgabeadressat muss sich dabei aus dem Bescheid selbst ergeben, die Angabe auf dem Briefumschlag der Postsendung reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 8.2.1974 - III R 27/73 - BStBl II, S. 367).



Beispiel:
Bekanntgabeadressat:


a) Herrn Peter Meier
als Geschäftsführer der
Erbengemeinschaft Max Meier


b) Herrn Emil Krause
für die Bruchteilsgemeinschaft
Goethestraße 100


c) Herrn Karl Huber
für die Grundstücksgemeinschaft
Karl und Maria Huber


d) Herrn Hans Schmidt
als Vorsitzender des
Kegelclubs „Alle Neune“



Ist für die Mitglieder einer Personenvereinigung kein gemeinsamer Bekannt-gabeadressat vorhanden oder wird von der Bestimmung eines Bekanntgabe-adressaten abgesehen, so ist jedem der Mitglieder eine Ausfertigung des Steuer-bescheides bekannt zu geben. Soll auch in das Vermögen einzelner Mitglieder vollstreckt werden, vgl. Abschn. 33 VollstrA.



2.4.2 Bescheide an Gesellschafter (Mitglieder)

Steuerbescheide und Feststellungsbescheide sind an die Gesellschafter (Mitglie-der, Gemeinschafter) zu richten, wenn die einzelnen Beteiligten unmittelbar aus dem Steuerschuldverhältnis in Anspruch genommen werden sollen oder ihnen der Gegenstand der Feststellung zugerechnet wird (vgl. Nrn. 2.5 und 2.6).“


Auszug Ende