Donnerstag, 2. August 2012

Ab 1. August 2012: Gesetz gegen Kostenfallen und die Buttonlösung

Dieser Aufsatz zur Buttonlösung richtet sich sowohl an Verbraucher als auch an Webseitenbetreiber und fasst das Thema zusammen bzw. enthält ausgewählte Links.

Internetrecht? Ist doch einfach.

Zum Inkrafttreten des Gesetzes gegen Kostenfallen am 1. August erklärt die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in einer Pressemitteilung:

"Verbraucher müssen ihre Rechte im Netz kennen. Der Button macht deutlich: Wenn ich jetzt klicke, kostet es! Die Industrie sollte den Verbraucherschutz als ihr eigenes Anliegen begreifen. Transparenz im Netz ist auch ein Wettbewerbsvorteil. Durch Kostenfallen ist viel Vertrauen verspielt worden. Daher führen wir die Buttonlösung schon jetzt ein und nutzen nicht die Umsetzungsfrist der EU-Richtlinie.“

Zum Hintergrund:

Die Produkte werden als „gratis“, „free“ oder „kostenlos“ angepriesen und im Kleingedruckten verstecken sich horrende Preise. Das böse Erwachen kommt dann mit der Rechnung. Aber auch wenn bei solchen Kostenfallen oft kein rechtswirksamer Vertrag zustande kommt oder ein entstandener Vertrag noch angefochten oder widerrufen werden könnte, zahlen viele Verbraucher aus Unkenntnis. Oft fühlen sie sich auch unter Druck gesetzt durch die scharf formulierten Briefe von Inkassounternehmen und Rechtsanwälten, die die vermeintlichen Ansprüche der Firmen durchsetzen sollen.

Das neue Gesetz („Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr“) stellt mit der Buttonlösung nun sicher, dass Internetnutzerinnen und -nutzer nur zahlen müssen, wenn sie ihre Zahlungspflicht wirklich kennen.

Ein Vertrag mit einem Verbraucher im elektronischen Geschäftsverkehr soll nur zu Stande kommen, wenn der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt hat, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Bei Bestellungen auf Online-Plattformen im Internet, die über Schaltflächen erfolgen, ist hierzu erforderlich, dass die Bestellschaltfläche gut lesbar mit den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Ende der Pressemitteilung
Meine Hinweise für Verbraucher:

  1. Zur Klarstellung möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass es hier speziell um die Fälle geht, wo jemand durch Klick ein kostenpflichtige Leistung bestellt. Die vielen anderen Abzockegefahren im Internet (z.B. Abmahnungen, oder Mahnungen für angeblich getätigte Geschäfte, die von vornherein erfunden sind) sind hier nicht  betroffen (in den Hirnen der Leute vermischt sich das alles ein bisschen).
  2. Die Gesetzesänderung gilt nur im Verkehr "Unternehmer - Privatkunde". Für Geschäftsleute ändert sich nichts, was gerne übersehen wird.
  3. Auf die Buttonlösung dürfen Sie nicht vertrauen. Es bleiben weiterhin Gefahren, weshalb Sie weiterhin vorsichtig lesen müssen. Und Sie sollten sich ab und zu über typische Tricks informieren.

Die wirklich unseriösen Shopbetreiber werden ihre Taktik nämlich schnell anpassen.


Dda gibt es diese Branchenbucheinträge, deren Basiseintrag angeblich kostenlos ist. Da klickt man drauf und merkt zu spät, dass man einen kostenpflichtigen Eintrag bestellt hat, der noch dazu weit überhöht berechnet wird. Das Ganze ist so geschickt aufgezogen, dass man zwar einerseits klar erkennt, dass das eine Falle sein soll, andererseits es nicht  ganz sicher nachweisbar ist, ob es als Falle gedacht ist.

Solche Fälle hatte ich in meiner Anwaltszeit laufend. Die Rechtsprechung war nicht allzu hilfreich - viele Richter waren der Ansicht, dass die Kostenpflicht letztlich doch erkennbar gewesen wäre, wenn man den Text ganz sorgfältig durchgelesen hätte. Jedenfalls war es für den "Kunden" aufwändig und teuer, sich zu wehren.


  • An den Branchenbuch-Tricksereien wird sich nichts ändern! Denn die Gesetzesverschärfung gilt nur im Geschäftsverkehr Unternehmer - Verbraucher! Nur der Private soll geschützt werden. Der Branchenbuchtrick richtet sich aber von vornherein an Selbständige. Hier wird die Abzocke weitergehen.


  • Und bei ähnlichen Tricks gegenüber Privaten? Nun, die unseriösen Betreiber werden auf das Gesetz mit Sicherheit reagieren. Sie werden vielleicht künftig von einem kostengünstigen Basiseintrag von einmalig 5 Euro schreiben, dann aber den Rest der Seite so formulieren, dass man beim Klick auf den Button "kostenpflichtig bestellen" wieder die sehr teuere Eintragsvariante bestellt (600 Euro für 3 Monate!). Dann hilft der Button "kostenpflichtig bestellen" auch nicht weiter, denn der Leser glaubt ja, dass er etwas für 5 Euro bestellt.
  • Der Privatmann muss ferner auch künftig davon augehen, dass er Rechnungen und Mahnungen erhält, die völliger Fake sind. Da wird behauptet, man hätte auf irgendeiner Seite irgendwas angeklickt und kostenpflichtig heruntergeladen. Kostet somit 81 Euro. Das Schreiben geht wahllos an tausende von Leuten in der Hoffnung, dass ein paar Prozent von ihnen zahlt. Denn manche denken: "vielleicht habe ich ja wirklich versehentlich ... oder jemand in der Familie hat ...."
 Und wenn nur 10% überweisen, das sind 100 von 1000 Angeschriebenen, hat der Betrüger wieder mal 8.100 Euro kassiert, für fast Null Aufwand. Wenn sich die Betrugsanzeigen angehäuft sind, werden Namen und Betrag gewechselt, und derselbe Betrüger fängt die nächsten Opfer. Dann sind es eben 102 Euro, und das Portal, wo angeblich geklickt wurde, heißt anders und das Inkassounternehmen natürlich auch. In den entsprechenden Diskussionsforen heißt es dann ungefähr so "Ah, der xy ist wieder mit einer neuen Masche unterwegs, diesmal mit 102 Euro und unter dem Namen yz". Denn Beobachter kennen natürlich die Pappenheimer. 



Um auf diese Fake-Rechnungen zurück zu kommen: Manchmal, wenn mir ein Mandant so ein dubioses Schreiben vorlegte und die Geschichte dazu erklärte, tippte ich noch während des Vortrags des Mandanten den Namen des Rechnungstellers in google und erhielt eine riesige Trefferliste, die sich alle gleich lasen. "Betrugsverfahren gegen xy wegen Rechnungen über 102 Euro". Meistens waren es Foreneinträge. Wenn dann der Mandant zur Frage kam, wusste ich schon Bescheid, was ich zu sagen habe

Ändert der Button daran etwas? Nein, die Rechnung geht auch künftig raus. Dann hat man eben auf einen entsprechenden Button geklickt. Darauf braucht der Rechnungsteller doch nicht eingehen. Es wird unterstellt, dass jemand in Ihrem Haushalt mit Ihrer IP irgendwann irgendwo etwas kostenpflichtiges bestellt oder heruntergeladen hat, und dass beim Bestellvorgang alles ordnungsgemäß war (inkl. Button).


Es werden ein paar Leute mehr misstrauisch sein und sich sagen, ich werde doch nicht versehentlich auf einen "Zahlungspflicht-Button" geklickt haben? Aber es werden ein paar Prozent bleiben, die nie von dieser Gesetzesänderung und dem Zahlungspflicht-Button gelessen haben, und man muss schon die Einzelheiten genau kennen, um sich sicher zu sein, dass man nicht versehentlich etwas bestellt hat. Oder der Sohn, die Tochter, etc.

Fachleute übrigens betrachteten die ganze Zeit die Buttonlösung sehr skeptisch. Aber das soll kein Thema sein, das Gesetz ist da, und ich kann nur davor warnen

  • Privatleute, passt auch künftig auch, informiert Euch und lest sorgfältig
  • Unternehmer als Kunden, Vorsicht! Für Euch hat sich nichts geändert, der Schutz erstreckt sich nur auf Verbraucher als Kunden.
Meine Hinweise für Webseitenbetreiber / Shopbetreiber




Problematisch ist die Gesetzesänderung jetzt für die SERIÖSEN unter den Shopbetreibern oder Diensteanbietern, denn diese müssen schon wieder neue Pflichten beachten, als wenn es nicht schon genug gäbe. Und das ist betrifft nicht nur den Button und die Frage, wie genau man den nun beschriften soll, sondern es gibt auch andere Sachen zu bachten.

Konkret drohen vor allem nachstehende Folgen:
  • Abmahnungen - Konkurrenten und Verbraucherverbände (Wettbewerbszentralen) können die fehlende Umsetzung kostenpflichtig abmahnen (wobei hier zusätzlich das UWG greift)
  • Unwirksamer Vertrag - Es kommt kein Vertrag zustande. Der Verbraucher muss also keinen Widerspruch, Widerruf oder ähnliches einlegen. Der Unternehmer kann also die Durchführung des unwirksamen Vertrages, das heißt für ihn insbesondere die Bezahlung, nicht verlangen.
Für den Verbraucher übrigens auch ein Problem: Was ist, wenn er die bestellte Leistung will und der Shoptbetreiber versehentlich noch den alten Bestellbutton hatte? Noch unklar ist nämlich, ob der Verbraucher die Durchführung des Vertrages verlangen kann. Fachleute warten deshalb die ersten Urteile ab. Herrlich.

Das ist der neue Paragraf im BGB, um den es geht: § 312g. Den gab es schon vorher. Er regelt(e) die Pflichten, wenn jemand seine Leistungen im Internet (oder ähnlich) anbietet und gab schon bisher strenge Schutzvorschriften. Der Paragraf wird in den Absätzen 2 bis 4 neu geregelt.


Insgesamt sieht der § 312g nun so aus 

(abgerufen am 1. August 2012. Jeweils aktuelle Fassung: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__312g.html)

§ 312g Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr


(1) Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), hat er dem Kunden 
  1. angemessene, wirksame und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe der Kunde Eingabefehler vor Abgabe seiner Bestellung erkennen und berichtigen kann,
  2. die in Artikel 246 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Informationen rechtzeitig vor Abgabe von dessen Bestellung klar und verständlich mitzuteilen,
  3. den Zugang von dessen Bestellung unverzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen und
  4. die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern.
Bestellung und Empfangsbestätigung im Sinne von Satz 1 Nr. 3 gelten als zugegangen, wenn die Parteien, für die sie bestimmt sind, sie unter gewöhnlichen Umständen abrufen können.


(2) Bei einem Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, muss der Unternehmer dem Verbraucher die Informationen gemäß Artikel 246 § 1 Absatz 1 Nummer 4 erster Halbsatz und Nummer 5, 7 und 8 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen. Diese Pflicht gilt nicht für Verträge über die in § 312b Absatz 1 Satz 2 genannten Finanzdienstleistungen.
 
(3) Der Unternehmer hat die Bestellsituation bei einem Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
 
(4) Ein Vertrag nach Absatz 2 Satz 1 kommt nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht aus Absatz 3 erfüllt.
 

(5) Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und die Absätze 2 bis 4 finden keine Anwendung, wenn der Vertrag ausschließlich durch individuelle Kommunikation geschlossen wird. Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und Satz 2 findet keine Anwendung, wenn zwischen Vertragsparteien, die nicht Verbraucher sind, etwas anderes vereinbart wird.
 

(6) Weitergehende Informationspflichten auf Grund anderer Vorschriften bleiben unberührt. Steht dem Kunden ein Widerrufsrecht gemäß § 355 zu, beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 3 Satz 1 nicht vor Erfüllung der in Absatz 1 Satz 1 geregelten Pflichten.



 Na? Alles klar? Da schnaufen selbst wir Juristen. Als wenn es sonst nichts zu tun gäbe.

Weil nun schon allein die Neuregelung erklärungsbedürftig ist, gibt es von Verbänden und Webportalen diverse Ratgeber und Whitepaper. Ein paar davon habe ich mir angesehen und möchte folgende Links empfehlen. Ich rate dazu, mehrere Ratgeber zu lesen, weil ich jeweils Beispiele fand, die die anderen Ratgeber nicht haben.




Weitere Aussichten: wechselnd bewölkt

Der Branchenverband Bitkom rief Internet-Nutzer dazu auf, auch mit der neuen Gesetzeslage bei Online-Transaktionen immer vorsichtig zu sein. "Das neue Gesetz gegen Kostenfallen im Web bringt mehr Klarheit und verringert die Risiken, kann aber keinen absoluten Schutz vor Betrug bieten", betonte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Wer mit betrügerischer Absicht oder krimineller Energie im Internet Geschäfte machen wolle, werde sich von dem Gesetz wenig beeindrucken lassen. Zusätzliche Risiken gingen von unseriösen Anbietern im Ausland aus, und der Schutz von Handybesitzern ist löchrig. Denn hier wird beim kostenauslösenden Klick oft gleich das Geld abgebucht.

Selbst geübte Surfer gingen den dubiosen Geschäftemachern in den vergangenen Jahren massenweise auf den Leim. Das Internet ist überflutet von Seiten, die vorgaukeln, ihr Service sei gratis. Nach dem Download der vermeintlich kostenfreien Angebote wie Routenplaner, Hausaufgabentipps oder Anti-Viren-Programme kommt dann doch eine Rechnung, und die Betroffene sollen ein teures Abo zahlen, eventuell  gleich für ein oder zwei Jahre.

Wenn ich nun solche Agenturmeldungen lese wie "Aigner: Button-Lösung legt Internet-Betrügern das Handwerk", Teaser:"Dieses Gesetz schützt Internetnutzer, damit sie nicht ungewollt in eine Abofalle tappen", dann merke ich wieder, wie unzuverlässig die Medien das Volk aufklären und unzutreffende Politikerbehauptungen weitergeben.


Wer sich theoretisch mit der Problematik beschäftigen will: