Montag, 2. September 2013

Leidensgeschichte extra radio, Teil 1 (1992-1999)


(aufgrund wiederhergestellter alter Festplatteninhalte bin ich in der Lage, diesen Text einzustellen):

Übersicht Gerichtsentscheidungen der extra-radio-Prozesse gegen die BLM
mit Fundstellenangabe, Teil 1, 1992 - 1999


Diese Entscheidungliste ist gedacht für wissenschaftlich arbeitende Autoren, die sich mit bayerischem Medienrecht befassen. Die Zeitschriftenfundstellen sind nicht abschließend erforscht, sondern nur soweit bekannt angegeben. Für Laien ist sie wenig informativ.


I. 88.0 MHz - erste umstrittene Sendeperiode (Juni 92 - Juni 96)


Einstweilige Anordnung (2. Instanz) des BayVGH vom 04.06.1992 Aktenzeichen 25 CE 92.1515 mit der die Sendetätigkeit des Anbieters gesichert wurde [ZUM 1994 S. 571ff];

aufhebender Beschluß des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH) vom 25. März 1994, aufgrund einer Verfassungsbeschwerde der Bayerischen Landeszentrale. [ZUM 1994, 575ff, dort versehentlich als Entscheidung des BayVGH zitiert];

der Beschluß des BayVerfGH wurde wiederum einstweilig aufgehoben vom BVerfG aufgrund einer Verfassungsbeschwerde des Anbieters und somit die Sendeberechtigung wieder hergestellt; Eilentscheidung vom 29.04.1994, Az 1 BvR 661/94 [ZUM 1994 S. 579 ff, epd medien 1996 Nr. 24 S. 16]

Diese Eilentscheidung des BVerfG, die gemäß Gesetz nur 6 Monate gültig ist, wurde bei wechselnder Richterbesetzung und fortlaufender Gerichtskorrespondenz bestätigt in vier Verlängerungsentscheidungen vom 26.10.1994, 25.04.1995, 24.10.1995 (jeweils für 6 Monate, vgl. § 32 VI BVerfGG) sowie vom 18.04.1996, wobei die letzte Verlängerungsentscheidung auf den 5. Juni 1996 befristet war, da zu diesem Zeitpunkt die Sendeperiode endete.

Hauptsachebeschluß BVerfG 20.2.1998 zum Verfassungsbeschwerdeverfahren, Az 1 BvR 661/94 [Urteilsabdruck: ZUM 98, 306 ff, epd 98 Nr. 20, BVerfGE 98,277 ff; Sekundärliteratur: epd 1998 Nr. 18 S. 3 und Seite 11, MMR 1998 S. 196 ff]] Die einstweilige Anordnungen des Bundesverfassungsgerichts wurden in der Hauptsache bestätigt und dort erstmals das Grundrecht der Rundfunkfreiheit auch für bayerische Lokalradiosender postuliert (bis dahin umstritten). Damit war der parallel zum "normalen" Verwaltungsprozeß laufende Verfassungsrechtsstreit erledigt.

Hauptsacheentscheidung erster Instanz des VG Bayreuth vom 30.03.1993 Aktenzeichen B 3 K 92.387, zugunsten von extra radio.

Hauptsacheentscheidung zweiter Instanz des BayVGH vom 26.2.1997, Az 7 B 93.2122
[vgl. folgende Beiträge in epd-medien: epd 1997 Nr. 27 S. 15, Kommentar von Morhart in epd 1997 Nr. 27 S. 3, Erwiderung von Ring in epd 1997 Nr. 32 S. 23]

BVerwG Berlin 16.6.1999, Az 6 B 57.97, Hauptsacheentscheidung dritte Instanz, Revisionsverfahren): Bestätigung der bisherigen Gerichtsentscheidungen gegen die BLM.

II. 88.0 MHz - zweite umstrittene Sendeperiode (ab 6. Juni 1996)

Die Prozesse mussten aus formalen Gründen wegen Ablaufs der Genehmigungsperiode komplett von vorne an neu begonnen werden (incl. Antragstellung, Widerspruchsverfahren einstweiliges Verfahren, Hauptsacheverfahren):

Einstweilige Anordnung des VG Bayreuth vom 22. Mai 1996 zugunsten extra radio, Aktenzeichen B 3 E 96.316, mit der auch für die Folgeperiode die Sendetätigkeit des Anbieters gesichert wurde;

Bestätigender Beschluß des BayVGH zur einstweiligen Anordnung vom 14.08.1996 über die Beschwerde gegen diese einstweilige Anordnung; Aktenzeichen 7 CE 96.1847.

Bestätigende Hauptsacheentscheidung 1. Instanz: VG Bayreuth 12.11.1997, Az B 6 K 96.317

Berufung zur Hauptsacheentscheidung anhängig beim BayVGH unter Az 7 ZB 98.445. Verfahren war zeitweilig ausgesetzt, um die BVerwG-Entscheidung zur ersten Sendeperiode abzuwarten; Fortsetzungsbeschluß erfolgte im Dezember 1999.

III. Erste Normenkontrollklage des Verbandes 1992 wegen Zusammenarbeitsvorschriften

Anläßlich des Rechtsstreits über den Ausschluß des Anbieters wegen seiner Weigerung, einer Betriebsgemeinschaft beizutreten, hat der Verbandes unabhängiger Lokalradios in Bayern (VuLB) am 27. Juli 1992 unter dem Aktenzeichen 25 N 92.2276 über das Verbandsmitglied extra radio ein Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO gegen diejenigen Bestimmungen der Bayerischen Hörfunksatzung beantragt, die die Zusammenarbeit von Lokalanbietern regelt und damit Grundlage für die Betriebsgesellschaftpolitik der Bayerischen Landeszentrale sind (§ 7 Absatz 1.1, § 7 Absatz 2.1§ 5 Absatz 3 S. 6 a.F. der Satzung über die Nutzung von Hörfunkfrequenzen in Bayern nachdem dem Bayerischen Medienerprobungsgesetz vom 13. Juni 1991) [vgl. Kabel & Satellit 1992 Nr. 33 S.18].

Über den Normenkontrollantrag ist nicht entschieden worden. Er wurde am 1. Dezember 1994 für erledigt erklärt, da die Satzungsbestimmungen mittlerweile ins Gesetz übernommen wurden und in der Satzung selbst nicht mehr enthalten waren. Der BayVGH hat mit Beschluß vom 24.01.1995 unter Kostenaufhebung das Verfahren eingestellt.

IV. Zweite Normenkontrollklage 1999 beim VGH wegen Verschärfung der Zusammenarbeitsvorschriften in Hörfunksatzung 

Kläger: extra radio Hof, Radio2Day München, Radio Aladin Nürnberg (Mitglieder des VuLB)
Mit einer für Anfang 1999 beschlossenen Hörfunksatzungsänderung sollten die Zusammenarbeitsvorschriften für Splittingsender so verschärft werden, dass nach Ansicht des Verbandes unabhängiger Lokalradios in unbeeinflußbarer Weise der Lizenzentzug droht. Hiergegen erhob der Verband über drei ihrer Hauptmitglieder, extra radio, Radio2Day und Radio Aladin, Ende 98 erfolgreich Normenkontrollklage beim VGH.

BayVGH 26.1.1999, Az 7 NE 98.3336, einstweilige Anordnung: Satzungsvorschrift wird einstweilig aufgehoben und kommt nicht zur Geltung

Hauptsache-Urteil (Az 7 N 98.3333) des BayVGH vom 22.12.1999 [ZUM 99, 335] bestätigt einstweilige Anordnung; Satzungsvorschrift wird aufgehoben. BLM legt Nichtzulassungsbeschwerde beim BVerwG ein.

BVerwG-Entscheidung (Az 6 BN 1.00) vom 3.7.2000 bestätigt den BayVGH und weist die Beschwerde zurück. VGH-Entscheidung wird rechtskräftig.

V. Jugendradio HOT-FM

Indirekt mit dem Zulassungsverfahren zusammenhängend stehen die Verfahren um das örtlich ausgeschriebene Jugendradioprogramm, dessen Sendetätigkeit unter umstrittenen Umständen dem örtlichen Konkurrenzsender übertragen werden sollte.

Positiver Beschluß des VG Bayreuth vom 15.11.1996 Aktenzeichen B 3 S 96.881 (zugunsten extra radio) [vgl. epd medien 1996 Nr. 96 S. 16]

Aufhebender Beschluß des BayVGH vom 29.11.1996 Aktenzeichen 7 CS 96.3923 [vgl. epd-medien 1997 Nr. 12 S. 15] (Drittschutzproblematik: Bestätigung der Rechtswidrigkeit, aber Verneinung der Klagebefugnis wegen angeblich mangelnder Drittschutzwirkung der Gesetze)

Hauptsacheverfahren 1. Instanz VG Bayreuth 12.11.1997 B 6 K 96.882, Klageabweisung als unzulässig (Drittschutzproblematik)

Hauptsacheverfahren 2. Instanz VGH München 30.11.1998, Az 7 B 98.1086, Bestätigung von VG Bayreuth.