Dienstag, 3. März 2015

Huch - wo ist das Realsplitting hin? Mysteriöse Gesetzesänderung in § 10 EStG

Vorbereitung auf die mündliche Steuerprüfung für Steuerfachangestellte. Wir wiederholen den Katalog der Sonderausgaben. Zuerst das Realsplitting, die Nr. 1 im Katalog von § 10 EStG. Die Schüler sehen im Gesetz nach, ich im Internet, denn am Dozentenpult steht ein PC, das spart das Blättern.



Aber was ist das? § 10 EStG Nr. 1: entfallen.

Steht da, einwandfrei. Aktuelle Fassung. Also 2015. Sowohl in  gesetze-im-internet.de als auch bei dejure.org.

Und bei 10 Nr. 1a steht auch: entfallen. Die "dauernden Lasten", wie man sie früher nannte, mittlerweile sind es ja nur wiederkehrende Lasten in Zusammenhang mit Unternehmenskäufen.

Das gibt es doch nicht. Das Realsplitting kann doch nicht weg sein! Das wäre doch in einer der vielen Newsletter und Fachmagazinen aufgetaucht. Gut, bei der Masse an Nachrichten, die täglich eingeht, kann schon mal was untergehen, aber so was Grundlegendes würde überall besprochen werden.

Ist das Realsplitting abgeschafft worden?

Nein. Nur verschoben. Wieder einmal eine dieser unglücklichen Um-Nummerierungen, mit denen der Gesetzgeber so gern arbeitet. Still und leise wurden die beiden Nummern verschoben, an einen anderen Ort.




Von 10 Abs. 1 Nr. 1 (und Nr. 1a) zu § 10 Abs 1a. Jawohl, es gibt einen neuen Absatz 1a. Nicht Absatz 1 Buchstabe a, sondern 1a. Und da muss man erst mal ziemlich weit runter scrollen, denn der Absatz 1 selbst hat viele Nummern, in der Printversion viele Buchseiten. Der ganze SA-Ausgabekatalog eben, und dann, man rechnet nicht mehr damit, kommen plötzlich die Realsteuern und die dauernden Lasten, und zwar imAbsatz 1a (wir haben uns im Unterricht schonlängst angewöhnt, solche komischen Nummerierungen, die einen Mathematiker in den Wahnsinn treiben, überdeutlich auszusprechen: Absatz "Einsa" oder Nummer "Dreia" und so weiter. Und wir legen Wert darauf, kein Leerzeichen zu schreiben.

Besonders schlimm war das vor ein paar Jahren, als man den Nr. 3 des Sonderausgabenkatalog aufsplittete, ausgerechnet den wichtigsten. Die sonstigen Vorsorgeaufwendungen. Das was vor 10 Jahren eigentlich der Schwerpunkt aller Sonderausgaben war. Es gab ihn mit einem Buchstaben a und einem Buchstaben b, also § 10 Abs. 1 Nr. 3 a und Nr. 3 b. Dann wurde das ganze gemischt und wieder aufgesplittet. Jetzt gibt es einen Absatz 1 Nr. 3 und eine Nummer 3a (dreia). Und die sind sich so ähnlich, dass jeder verwirrt ist, und einen älteren Fachaufsatz liest, oder Kommentar, oder ein Urteil, wo auf Nr. 3 a (also Nr. drei Buchstabe a) verwiesen wird, wo es früher um alle sonstigen Vorsorgeaufwendungen außer Altersvorsorge ging, also auch die Krankenversicherung, und jetzt steht dort wieder etwas von Krankenversicherung, aber stark eingeschränkt und ohne den ganzen Rest. Der Fachmann weiß natürlich - das ist die Basisversorgung, der Teil, der bei der Höchstbetragsregelung in Absatz 4 "geschützt" ist, und dort zum Mindestbetrag wird. Aber das muss man schon wissen, und das dürfte für ein paar Dozenten gelten, die das über die Jahre unterrichtet haben. Glücklich war diese Umnummerierung nicht.Und die Umnummerierung von Absatz 1 Nr. 1a in Absatz 1a ist genauso unglücklich.