Mittwoch, 23. August 2017

Scheidungskosten sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Basta.

Dieser Aufsatz richtet sich an Steuerfachangestellte oder andere Steuerfachleute in Ausbildung und betrifft das EStG.

Scheidungskosten sind seit 2013 nicht mehr außergewöhnlichen Belastungen absetzbar.

Man könnte meinen, das sei doch jetzt ausreichend bekannt. In der Unterrichtspraxis jedenfalls. Aber der BFH musste das vor kurzem klarstellen, und er hat sich mit der Materie gründlich auseinandergesetzt.

Ob die Scheidungskosten vom Ansatz her überhaupt zwangsläufige Aufwendungen i.S.v. § 33 Absatz 1 sind, bleibt eigentlich umstritten - die Rechtsprechung hat das ganz frühers verneint und ab einem bestimmten Zeitpunkt mit verschiedenen Begründungen bejaht.

Der Gesetzgeber wollte das aber nicht, und begann 2012, eine Ausnahme  zu schaffen -  und zwar sehr versteckt in § 33 Abs. 2 S. 4 EStG (der übrigens nach wechselvoller Geschichte erst im zweiten Anlauf von der CDU, CSU durchgesetzt wurde):

§ 33 (2) 4 EStG: "Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können."
Der Begriff "Scheidungskosten" taucht also dort nicht auf, sondern der Begriff "Prozesskosten" und "Rechtsstreit". Das ist gar nicht so eindeutig, weil das "Scheidungsverfahren" bewusst nicht als "Streit"oder  "Prozess" sondern als ein unstreitiges "Verfahren" bezeichnet wird.

Aufgrund der Entstehungsgeschichte gingen die Fachleute aber davon aus, dass mit obiger Regelung auch (und wohl hauptsächlich) die Verfahrenskosten für die Scheidung gemeint waren.

Dass das wirklich so ist, hat der BFH nach akribischer Untersuchung klargestellt (ganz so selbstverständlich war es ja auch nicht, wenn man das Urteil so liest).

Und er hat noch etwas klargestellt: dass Scheidungskosten in der Regel nicht unter die "Ausnahme von der Ausnahme" fallen. Denn im Gesetz heißt es

es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können
Da hatten dann einige Kritiker gemeint, auch die durch die Scheidung angegriffene seelische Existenzgrundlage reiche, es muss nicht um die wirtschaftliche Existenz gehen. Der BFH analysierte auch hier gründlich und stellt klar: gemeint ist die wirtschaftliche Existenzgrundlage. Und bei Scheidungen sei die in der Regel nicht gefährdet.

Im Endeffekt bleibt es bei dem, was wir Dozenten im Unterricht schon seit ein paar Jahren sagen: 
Scheidungskosten sind nicht (mehr) als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, und zwar wegen § 33 (2) S. 4 EStG
Und mehr muss man nicht wissen. Eine Diskussion darüber, ob die Kosten überhaupt unter Absatz 1 gefallen wären, können Sie sich sparen. Dafür gibt es bestimmt keine Punkte. Außer Sie sind Jurastudent  - dann wäre das wichtig.
 
Wer sich dafür interessiert, wie um solche Themen gestritten wird und wie gründlich der BFH diesen Fragen nachgeht, kann es hier nachlesen:


BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.5.2017, VI R 9/16

 Leitsätze: Scheidungskosten sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) i.S. des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG. Sie sind durch § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen. Denn ein Steuerpflichtiger erbringt die Aufwendungen für ein Scheidungsverfahren regelmäßig nicht zur Sicherung seiner Existenzgrundlage und seiner lebensnotwendigen Bedürfnisse.

Das ganze Urteil:

https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=pm&Datum=2017&nr=34896&linked=urt