Dienstag, 29. März 2011

Neue BAG-Entscheidung zur Kündigungsschutzfrist – die Kündigungsschutzklage wird immer wichtiger.

Auch wenn bei einem Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist, muss sich der Gekündigte innerhalb von 3 Wochen mit einer Kündigungsschutzklage i.S.d. § 4 KSchG wehren - sonst ist die Kündigung geheilt (§ 7 KSchG). Das ist ein beliebter Stolperstein im Arbeitsrecht und für den Laien nicht so recht nachvollziehbar. Der BAG hat dies nun auch für einen Fall entschieden, bei dem der Arbeitnehmer innerhalb einer fest vereinbarten Vertragslaufzeit ordentlich gekündigt hatte. Dies ist naturgemäß nicht möglich, da die ordentliche Kündigung nur für normale Dauerverträge, also auf unbestimmte Zeit geschlossene Arbeitsverträge, gedacht ist.


Der Arbeitnehmer hätte allerdings innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage erheben müssen. Das hat er nicht getan, weshalb die fehlerhafte Kündigung "geheilt" wurde und das Arbeitsverhältnis tatsächlich endete (Wirkung des § 7 KSchG).



Hier der Wortlaut der Originalpressemitteilung des BAG vom Dez. 2010


Bei einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung muss der Arbeitnehmer die Nichteinhaltung der objektiv richtigen Kündigungsfrist innerhalb der fristgebundenen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend machen, wenn sich die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nicht als eine solche mit der rechtlich gebotenen Frist auslegen lässt. Bedürfte die Kündigung der Umdeutung in eine Kündigung mit zutreffender Frist, gilt die mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum „falschen“ Termin, wenn die Kündigungsschutzklage nicht binnen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung erhoben worden ist.

Der am 9. November 1972 geborene Kläger war seit dem 1. August 1995 als Mitarbeiter an einer Tankstelle beschäftigt. Im Frühjahr 2007 übernahm die Beklagte den Betrieb von einer Vorpächterin, für die der Kläger seit dem 1. Januar 1999 arbeitete. Mit Schreiben vom 22. April 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008. Im November 2008 erhob der Kläger Klage auf Leistung der Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September 2008 mit der Begründung, die gesetzliche Kündigungsfrist betrage fünf Monate zum Monatsende, weil er insgesamt mehr als zwölf Jahre beschäftigt gewesen sei. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, der bestimmt, dass bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs liegen, nicht berücksichtigt werden, sei nicht anzuwenden. Die Vorschrift verstoße gegen das unionsrechtliche Verbot der Diskriminierung wegen des Alters.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten war erfolgreich. Die von der Beklagten gewählte Kündigungsfrist war zu kurz. Die Beklagte berücksichtigte zum einen nur die Beschäftigungszeit des Klägers bei ihrer unmittelbaren Rechtsvorgängerin ab 1. Januar 1999. Der Kläger war aber bereits seit dem 1. August 1995 bei einer weiteren Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt. Schon die Berücksichtung der nach Vollendung des 25. Lebensjahrs des Klägers liegenden Beschäftigungszeit führte zu einer Kündigungsfrist von vier Monaten zum Monatsende (hier: 31. August 2008). Zudem darf § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht angewendet werden, weil eine derartige Regelung mit dem Recht der Europäischen Union unvereinbar ist (EuGH vom 19. Januar 2010 - C-555/07 - Kücükdeveci).


Die rechtlich gebotene Kündigungsfrist betrug deshalb fünf Monate zum Monatsende (hier: 30. September 2008).


Gleichwohl blieb die Klage ohne Erfolg. Der Senat konnte die ausdrücklich zum 31. Juli 2008 erklärte Kündigung der Beklagten weder nach ihrem Inhalt noch nach den sonstigen Umständen als eine Kündigung zum 30. September 2008 auslegen. Der Kläger hätte deshalb die unzutreffend angenommene Kündigungsfrist binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung gerichtlich geltend machen müssen (§ 4 Satz 1 KSchG). Da das nicht erfolgte, hat die Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 2008 aufgelöst (§ 7 KSchG). Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September 2008 steht dem Kläger nicht zu.


 


 


Anmerkung:


Etwas Anderes gilt, wenn die Kündigung sich als eine solche zum richtigen Termin auslegen lässt. Hätte der Arbeitgeber also formuliert: „Hiermit kündigen wir Sie fristgemäß zum nächstmöglichen Termin. Nach unserer Berechnung ist dies der  ... “, so hätte die Auslegung ergeben, dass auf jeden Fall eine fristgemäße Kündigung erfolgen sollte. Das meinte der Senat mit dem Hinweis auf die Auslegung der Kündigung.


 


Link zum Urteil mit Volltext: 


Urteil des 5. Senats vom 1.9.2010 - 5 AZR 700/09 -



Samstag, 5. März 2011

Manche Gesetze versteht man nie

Dieser Student hat sich wirklich bemüht. Er wollte es verstehen, und er gab nicht auf. Das kam heraus:




In einer Vorlesungspause hatten sich Studenten einen Scherz gemacht und ein Skelett vor die Tafel geschoben.



Dabei war das mit der Insolvenzordnung ein eher unglückliches Beispiel für die Schwerverständlichkeit von Gesetzen, denn dieses Werk ist eher klar. Der "13b UStG" dagegen lässt sowohl Praxis wie Theoretiker verzweifeln. Aber dazu ein ander mal mehr.


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Blanko-Rätsel:


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Resumee: Wirtschaftsjuristen haben's schwer.