Donnerstag, 21. November 2013

Änderung der Rechtsprechung zum Arbeitszeugnis?




Beim Streit über die Bewertung des Arbeitnehmers in Zeugnissen gehen die Gerichte  davon aus, dass man im Zweifel - also wenn keine der beiden Parteien bessere oder schlechtere Leistungen nachweisen kann - eine durchschnittliche Bewertung verlangen kann. Urteil vom 14.10.2003, 9 AZR 12/03. Diese Rechtsprechung scheint sich zu ändern. Einen entsprechenden Artikel habe ich im verbraucher-magazin veröffentlicht, auf den ich verweise:


v-mag.net - Änderung der Rechtsprechung zum Arbeitszeugnis?

Mittwoch, 20. November 2013

Leiharbeitnehmer und Anspruch auf Branchenzuschläge

Der "Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME)" ist zum 1.11.2012 in Kraft getreten. Er ist der erste Tarifvertrag über Branchenzuschläge, mit dem Forderungen der Politik und Gewerkschaften aufgegriffen wurden, die Arbeitsbedingungen der Zeitarbeitnehmer zu verbessern.

Das ArbG Köln 1.10.2013, 14 Ca 2242/13 befasste sich mit den ersten Auswirkungen:



 Zeitarbeit - Branchenzuschläge in der Metallindustrie gelten auch für Montagearbeiten

Leiharbeitnehmer haben auch dann einen Anspruch auf Zahlung von Branchenzuschlägen nach dem "Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME)", wenn sie im Einsatzunternehmen Montagearbeiten verrichten. 
Mit dieser Begründung hat das Arbeitsgericht Köln der Klage gegen ein Zeitarbeitsunternehmen stattgegeben. Dieses hatte Arbeitnehmer bei einem Unternehmen eingesetzt, welches für einen großen Automobilhersteller u.a. Motorenmontagen durchführt.

Der Sachverhalt:
Die Kläger sind bei dem beklagten Zeitarbeitsunternehmen beschäftigt und bei einem Unternehmen eingesetzt, das für einen großen Automobilhersteller u.a. Motorenmontagen durchführt. Die beklagte Arbeitgeberin hatte sich geweigert, Branchenzuschläge nach dem TV BZ ME zu zahlen. Dies hatte sie damit begründet, dass der Tarifvertrag auf das Einsatzunternehmen keine Anwendung finde, weil Montagedienstleistungen erbracht würden.

Den hiergegen gerichteten Klagen gab das Arbeitsgericht Köln grds. statt. Es ließ allerdings die Berufung zum LAG Köln zu.

Die Gründe:
Die Kläger haben gegen die Beklagte grds. einen Anspruch auf Zahlung der Branchenzuschläge nach dem TV BZ ME. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfasst der sachliche Anwendungsbereich des Tarifvertrags auch die hier in Frage stehenden Montagedienstleistungen.


Linkhinweis:
Der "Tarifvertrag über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie (TV BZ ME)" ist auf den Webseiten des Bundesarbeitgeberverbands der Personaldienstleister (BAP) veröffentlicht. Um direkt zum Tarifvertrag zu kommen, klicken Sie bitte hier (PDF-Datei).



via Otto Schmidt Verlag (Der Arbeits-Rechts-Berater - News)

BAG zur Kündigung einer Schwangeren

Dass die Kündigung einer Schwangeren komplizieter sein kann, als es scheint, zeigt folgender Fall, über den das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden hatte. Die Gekündigte konnte zwar erfolgreich die Kündigung abwehren (wenn auch mit missverständnissen über das formale vorgehen), aber nicht auch noch zusätzlich Schadenersatz wegen Diskriminierung verlangen.

Bundesarbeitsgericht

Pressemitteilung Nr. 63/13

 
Diskriminierung wegen des Geschlechts?
 
Wird einer Arbeitnehmerin gekündigt, ohne dass Kenntnis von ihrer Schwangerschaft bei Zugang der Kündigungserklärung besteht, so ist weder die Kündigung selbst noch ein "Festhalten" an der Kündigung Indiz für eine Benachteiligung wegen des Geschlechts.

Die Beklagte als Arbeitgeberin kündigte das Arbeitsverhältnis fristgemäß in der Probezeit. Binnen einer Woche machte die Klägerin unter Vorlage einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung geltend, bei Zugang der Kündigung schwanger gewesen zu sein. Sie forderte die Beklagte auf, innerhalb einer weiteren Woche mitzuteilen, dass sie an der Kündigung "nicht festhalte", damit sie keine Klage erheben müsse. Das erklärte die Beklagte zunächst nicht. Nachdem der Betriebsarzt einen Monat später sowohl die Schwangerschaft als auch ein zwischenzeitlich ausgesprochenes Beschäftigungsverbot bestätigt hatte, erklärte die Beklagte nach Wochen eine "Rücknahme" der Kündigung. Die Klägerin lehnte in der Folgezeit jedoch eine außergerichtliche Einigung ab. Schließlich gab die Beklagte vor dem Arbeitsgericht eine Anerkenntnis-Erklärung ab, worauf die Unwirksamkeit ihrer Kündigung festgestellt wurde.

Wie schon in den Vorinstanzen blieb die Klage auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern wegen Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Kündigung konnte schon deswegen keine Benachteiligung der Klägerin aufgrund ihres weiblichen Geschlechts sein, weil die Arbeitgeberin bei der Erklärung der Kündigung keine Information über die Schwangerschaft der Klägerin hatte. Die verlangte Rücknahme der Kündigung war rechtstechnisch nicht möglich, über die Notwendigkeit einer einvernehmlichen Verständigung der Parteien zeigte sich die Klägerin nicht hinreichend informiert. Ein Streit darüber, ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 11 MuSchG auf Zahlung von Mutterschutzlohn vorliegen, ist für sich genommen nicht schon deswegen eine Diskriminierung, weil nur Frauen diesen besonderen Anspruch geltend machen können.
 
 
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 17. Oktober 2013 - 8 AZR 742/12 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil vom 16. Mai 2012 - 3 Sa 1420/11 -

Neue Beitragsbemessungsgrenzen für das Jahr 2014

Die neuen Beitragsbemessungsgrenzen in der Rentenversicherung im Überblick:
  • Die neue monatliche Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung (West) steigt von 5.800 Euro/Monat (2013) auf 5.950 Euro/Monat.
  • Die Beitragsbemessungsgrenze (Ost) steigt 2014 auf 5.000 Euro/Monat (2013: 4.900 Euro/Monat).
  • In der knappschaftlichen Rentenversicherung werden folgende neue monatliche Beträge gelten: Beitragsbemessungsgrenze (West): 7.300 Euro/Monat, Beitragsbemessungsgrenze (Ost): 6.150 Euro/Monat.
  • Das vorläufige Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung wird für das Jahr 2014 bundeseinheitlich auf 34.857 Euro/Jahr festgesetzt.
Die neuen Beitragsbemessungsgrenzen in der Krankenversicherung im Überblick:
  • Bundeseinheitlich wird die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung festgesetzt. Sie erhöht sich gegenüber 2013 (52.200 Euro) auf 53.550 Euro jährlich in 2014.
  • Für Arbeitnehmer, die bereits am 31.12.2002 versicherungsfrei waren, wird die Jahresarbeitsentgeltgrenze 48.600 Euro für das Jahr 2014 betragen (2013: 47.250 Euro).
  • Die bundeseinheitliche Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht der Jahresarbeitsentgeltgrenze (48.600 Euro/Jahr bzw. 4.050 Euro/Monat).
Gesamtübersicht (inklusive Bezugs- und Rechengrößen in der Sozialversicherung):
  • Vorläufiges Durchschnittsentgelt für 2014 - allgemeine Rentenversicherung: 34.857 Euro/Jahr (West) und 34.857 Euro/Jahr (Ost)
  • Bezugsgröße in der Sozialversicherung: 2.765 Euro/Monat (West) und 2.345 Euro/Monat (Ost)
  • Beitragsbemessungsgrenze allgemeine Rentenversicherung: 5.950 Euro/Monat (West) und 5.000 Euro/Monat (Ost)
  • Beitragsbemessungsgrenze knappschaftliche Rentenversicherung: 7.300 Euro/Monat (West) und 6.150 Euro/Monat (Ost)
  • Beitragsbemessungsgrenze gesetzliche Krankenversicherung (GKV) 4.050 Euro/Monat (West) und 4.050 Euro/Monat (Ost)
Quelle: Bundesregierung PM vom 16.10.2013
via: Der Arbeits-Rechts-Berater - News

Wettbewerbsrecht - irreführende Werbung über E-Zigarette

Eine interessante Entscheidung für Lernende zum Thema Wettbewerbsrecht und irreführende Werbung:

Die Werbeaussagen, dass eine E-Zigarette „mindestens 1.000mal weniger schädlich als eine Tabakzigarette ist“ und als „einzigen Schadstoff Nikotin enthält“ sind irreführend und damit unzulässig (Beschlüsse Oberlandesgericht Hamm vom 10. September 2013 und vom 22. Oktober 2013, Az.: 4 U 91/13)

Geworben hatte mit diesen Aussagen eine Firma, die elektronisch betriebene Zigaretten und entsprechende Liquids im Internet vertreibt. Die Liquids enthalten im Wesentlichen den Lebensmittelzusatzstoff Propylenglycol.

Der Verband Sozialer Wettbewerb hielt die Behauptung, die E-Zigarette sei 1.000mal weniger schädlich und enthalte nur Nikotin als Schadstoff, für unzutreffend und damit irreführend. Er nahm die Firma daher auf Unterlassung in Anspruch – mit Erfolg.

Die beklagte Firma aus Möhnesee vertreibt elektronisch betriebene Zigaretten (E-Zigaretten) und entsprechende Liquids im Internet. Die Liquids enthalten im Wesentlichen den Lebensmittelzusatzstoff Propylenglycol. Die Beklagte bewarb die E-Zigarette u.a. mit den Worten, dass sie „mindestens 1.000mal weniger schädlich ist als die Tabakzigarette“ und dass „der einzige Schadstoff, den die E-Zigarette enthält, Nikotin ist. Diese Werbung hat der klagende Verband aus Berlin für unzutreffend und damit irreführend erachtet und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat den bereits vom Landgericht ausgeurteilten Unterlassungsanspruch bestätigt. Die beanstandeten Werbeaussagen sind irreführend. Eine E-Zigarette ist ein Genussmittel. Die Werbung für ein Genussmittel mit dem Hinweis auf dessen geringere Risiken betreffe das Gesundheitswesen. Auf diesem Gebiet seien Werbeaussagen nur zuzulassen, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprächen.

Das habe der Werbende darzulegen. Eine solche Darlegung sei der Beklagten in Bezug auf die streitgegenständlichen Werbeaussagen nicht gelungen.

Ein beigebrachtes Gutachten eines Professors vom Institut für Rechtsmedizin in Frankfurt belege nicht, dass die E-Zigarette mindestens 1.000mal weniger schädlich sei als die Tabakzigarette. Nach dem Gutachten sei die E-Zigarette zwar deutlich untoxischer, allerdings gebe es noch keine aussagekräftigen Untersuchungen zu ihrer Sicherheit und den Langzeitfolgen.

Die Einschätzungen des Gutachters rechtfertigten daher nicht die Aussage, die E-Zigarette sei ein 1.000mal weniger schädliches Produkt. Die weitere Werbeaussage, nach der Nikotin der einzige Schadstoff der E-Zigarette sei, sei nach dem vorgelegten Gutachten sogar unzutreffend.

Dieses sehe den Hauptbestandteil des Liquids, das beim Konsum mitaufgenommene Propylenglycol, nicht als vollkommen unbedenklich an. Nach dem Gutachten sei der Stoff im Verhältnis zu anderen schädlichen Stoffen nur harmloser („relativ untoxisch“).

Nach einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung werde Propylenglycol zudem mit Reizungen der Nasen-Rachenschleimhäute in Verbindung gebracht und mit einem trockenen Mund und einer trockenen Kehle als Nebenwirkungen.

BGH-Urteil: Unzulässige AGB im Möbelversandhandel

Siehe auch:  Urteil des VIII. Zivilsenats vom 6.11.2013 - VIII ZR 353/12 -

Pressemitteilung Nr. 184/2013
Zur Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen im Möbelversandhandel 




Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Wirksamkeit einer in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Möbelversandhändlerin enthaltenen Versand- und Gefahrübergangsklausel befasst.

Die beklagte Möbelhändlerin betreibt auch einen Online-Shop. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Online-Shop ist geregelt:

"Wir schulden nur die rechtzeitige, ordnungsgemäße Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen und sind für vom Transportunternehmen verursachte Verzögerungen nicht verantwortlich."

Der klagende Verbraucherschutzverband hält diese Klausel für unwirksam und nimmt die Beklagte auf Unterlassung ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten insoweit abgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB* nicht standhält. Die Klausel bezieht sich, wie sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergibt, auch auf Kaufverträge, in denen sich die Beklagte zur Montage der Möbel beim Kunden verpflichtet. Bei einem Möbelkaufvertrag mit der Verpflichtung des Verkäufers zur Montage der bestellten Möbel beim Kunden liegt nach der Natur des Schuldverhältnisses eine Bringschuld vor. Denn bei solchen Verträgen kann die Montage der gekauften Möbel als vertraglich geschuldete Leistung des Verkäufers nur beim Kunden erbracht und auch nur dort festgestellt werden, ob die Kaufsache vertragsgemäß geliefert und aufgebaut wurde. Die Klausel, nach der die Beklagte nur die rechtzeitige, ordnungsgemäße Ablieferung der Ware an das Transportunternehmen schuldet, benachteiligt den Kunden eines solchen Vertrages unangemessen, weil sie ohne sachlichen Grund von der gesetzlichen Regelung über den Leistungsort abweicht und dadurch den Gefahrübergang zum Nachteil des Kunden verändert (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Hinzu kommt, dass die Klausel die Haftung der Beklagten für ein Verschulden des Transportunternehmens als ihres Erfüllungsgehilfen ausschließt; insoweit verstößt die Regelung auch gegen das Klauselverbot des § 309 Nr. 7 Buchst. b BGB*.

* § 307 BGB Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. (…)

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (…).

* § 309 BGB Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam (…)

7. (…)

b) ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen. (…)

Urteil vom 6. November 2013 - VIII ZR 353/12

LG Ellwangen, Urteil vom 10. Februar 2012 – 5 O 234/11

OLG Stuttgart, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 2 U 45/12

Karlsruhe, den 06. November 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Farbe in der Mietwohnung: Vermieter haben bei Auszug des Mieters Anspruch auf Wiederherstellung des ursprünglichen neutralen Anstrichs

Bundesgerichtshof-Pressemitteilung

Zur Schadensersatzpflicht des Mieters bei Rückgabe der neutral dekoriert übernommenen Wohnung
mit einem farbigen Anstrich




Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob ein Mieter zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine in neutralen Farben gestrichene Wohnung mit einem farbigen Anstrich versieht und so an den Vermieter zurückgibt.

Die Beklagten waren von Anfang 2007 bis Juli 2009 Mieter einer Doppelhaushälfte der Klägerin. Die Beklagten, die das Objekt frisch in weißer Farbe renoviert übernommen hatten, strichen einzelne Wände in kräftigen Farben (rot, gelb, blau) und gaben es in diesem Zustand zurück. Die Klägerin ließ im August 2009 die farbig gestalteten Wände zunächst mit Haftgrund und dann alle Wand- und Deckenflächen zweimal mit Wandfarbe überstreichen. Sie wendete hierfür einen Betrag von 3.648,82 € auf.

Die Klägerin hat nach teilweiser Verrechnung mit der von den Beklagten geleisteten Kaution Zahlung von 1.836,46 € nebst Zinsen begehrt. Die Beklagten haben widerklagend die Rückzahlung der zu Beginn des Mietverhältnisses geleisteten Kaution nebst Zinsen geltend gemacht.

Das Amtsgericht hat Klage und Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die Beklagten unter Abweisung im Übrigen zur Zahlung von 874,30 € nebst Zinsen verurteilt; die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Mieter gemäß §§ 535, 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB* zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er eine in neutraler Dekoration übernommene Wohnung bei Mietende in einem ausgefallenen farblichen Zustand zurückgibt, der von vielen Mietinteressenten nicht akzeptiert wird und eine Neuvermietung der Wohnung praktisch unmöglich macht. Der Schaden des Vermieters besteht darin, dass er die für breite Mieterkreise nicht akzeptable Art der Dekoration beseitigen muss. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen zur Schadenshöhe wurden von der Revision nicht beanstandet und begegnen keinen Bedenken.

* § 280 BGB:

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (…)

§ 241 BGB

(1) …

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Urteil vom 6. November 2013 - VIII ZR 416/12

AG Friedberg - Urteil vom 10. Februar 2012 – 2 C 176/12

LG Gießen - Urteil vom 7. November 2012 – 1 S 71/12

Karlsruhe, den 6. November 2013

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

Anfechtung des Arbeitsvertrags über Vermarktung von Esel Joschi

Schleswig-Holstein – Das Landesarbeitsgericht – Kein wirksamer Arbeitsvertrag über die Vermarktung des Esels Joschi  

Ein interessanter Fall für Schüler und Studenten, die sich mit Arbeitsrecht befassen:

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Einstellung


Kein wirksamer Arbeitsvertrag über die Vermarktung des Esels Joschi


Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil (1 Sa 50/13) vom 19.11.2013 entschieden, dass der zwischen dem Kläger und den beklagten Eheleuten geschlossene Arbeitsvertrag, nach dem der Kläger als Vertriebsmanager für die Vermarktung des von der beklagten Ehefrau erfundenen Esels Joschi zuständig sein sollte, unwirksam ist. Damit hob es eine entgegenstehende Entscheidung des Arbeitsgerichts Neumünster aus dem Januar 2013 auf.
Erscheinungsdatum:
20.11.2013
Die Beklagten sind Eheleute und machten vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn. Hierüber wurde in den Medien berichtet. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher über einen Esel Joschi. Der Kläger nahm Kontakt zu den Eheleuten auf und die Parteien unterzeichneten sodann im September 2011 einen Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als „Vertriebsmanager“ zum 15.09.2011 ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt zu einem Monatsgehalt von € 20.000,00 bei 13 Monatsgehältern und einer Gewinnbeteiligung am Projekt Joschi. Der Vertrag sollte sich um zwei Jahre verlängern, sofern er nicht zuvor mit einer halbjährigen Frist gekündigt wird und war vor Dienstantritt unkündbar. Im Falle der vorzeitigen Aufhebung des Arbeitsvertrages – gleich aus welchen Gründen – stand dem Kläger eine Abfindung in Höhe von € 250.000,00 zu. Nachdem der Kläger einen geänderten Arbeitsvertrag nicht unterzeichnen wollte, fochten die Eheleute den ursprünglichen Arbeitsvertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht.

Anders als das Arbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht entschieden, dass die beklagten Eheleute den Arbeitsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten haben.

 Das Landesarbeitsgericht ist dabei davon ausgegangen, der Kläger habe u.a. vorgetäuscht, den Chefeinkäufer vom Mediamarkt und Saturn persönlich zu kennen und beste Beziehungen zum Ravensburger Kinderbuchverlag zu haben. Anders lasse sich das Zustandekommen des Arbeitsvertrags nicht erklären. Ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.

(Ende der Pressemitteilung; Hervorhebungen stammen von mir)

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Ein paar Monate zuvor hat das LAG eine Pressemitteilung im selben Rechtsstreit veröffentlicht, das für Studierende und Schüler interessant ist. Es betrifft die Themen Arbeitsvertrag/freier Mitarbeitervertrag sowie Anfechtung und "Motivirrtum"


Ehemalige Lottogewinner verlieren den Kündigungsrechtsstreit


Allein der Umstand, dass im Arbeitsvertrag die Tätigkeit des Arbeitnehmers nur rudimentär beschrieben ist und dem Arbeitnehmer gleichwohl hohe Vergütungsansprüche zustehen, berechtigt den Arbeitgeber weder zur Anfechtung noch zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies hat das Arbeitsgericht Neumünster mit Teilurteil vom 23.01.2013 entschieden (3 Ca 1359 b/12). Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 1 Sa 50/13)
Erscheinungsdatum:
22.02.2013
Die Beklagten sind Eheleute und machten vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn. Hierüber wurde in den Medien berichtet. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher über einen Esel Joshi. Der Kläger nahm Kontakt zu den Eheleuten auf und die Parteien unterzeichneten sodann am 11.09.2011 einen Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als „Vertriebsmanager“ zum 15.09.2011 ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt zu einem Monatsgehalt von € 20.000,00 bei 13 Monatsgehältern und einer Gewinnbeteiligung am Projekt Joshi. Der Vertrag sollte sich um zwei Jahre verlängern, sofern er nicht zuvor mit einer halbjährigen Frist gekündigt wird und war vor Dienstantritt unkündbar. Im Falle der vorzeitigen Aufhebung des Arbeitsvertrages – gleich aus welchen Gründen – stand dem Kläger eine Abfindung in Höhe von € 250.00,00 zu. Einen Tag später unterbreitete der Ehemann dem Kläger einen geringfügig modifizierten Arbeitsvertrag, der nur zwischen dem Kläger und ihm zustande kommen sollte. Nachdem der Kläger diesen zweiten Vertrag nicht unterzeichnen wollte, fochten die Eheleute den Arbeitsvertrag vom 11.09.2011 wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht. Das Arbeitsgericht hat der Bestandsschutzklage mit dem Teilurteil in vollem Umfang stattgegeben. Die ebenfalls rechtshängigen Zahlungsansprüche des Klägers in Höhe von rund € 355.000,00 waren noch nicht entscheidungsreif und sind damit noch in erster Instanz rechtshängig.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass ein Arbeitsverhältnis und kein freies Dienstverhältnis vorliege, weil die Parteien im Arbeitsvertrag Regelungen über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und Urlaub vereinbart hätten. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft seien nicht ersichtlich.

Auch hätten die Beklagten den Arbeitsvertrag weder wirksam angefochten noch fristlos gekündigt. Die bestrittene Behauptung der Beklagten, der Kläger habe ihnen wahrheitswidrig vorgespiegelt, Kontakte zu Verlagen und Showstars zu haben, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum.

Auch aus den finanziellen Regelungen des Arbeitsvertrages lasse sich kein Anfechtungsrecht herleiten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Ehemann dem Kläger nach einer Überlegungsfrist am Folgetag einen in finanzieller Hinsicht fast gleiches Alternativangebot unterbreitet habe, ohne auch hierin die geschuldete Tätigkeit näher zu beschreiben. Auch sei es im Arbeitsleben nicht außergewöhnlich, befristete Arbeitsverträge ohne Kündigungsmöglichkeit mit einer festen Laufzeit von zwei Jahren abzuschließen. Die Ausnutzung einer Zwangslage oder eine Unerfahrenheit könne hieraus nicht hergeleitet werden.


AO offenbare Unrichtigkeit § 129

Ein schönes Beispiel für Schüler und Studenten zum Thema Abgabenordnung: ein aktuelles URteil des BFH betrifft die Anwendung des § 129 AO zugunsten eines Bürgers, der versehentlich nachteilig gebucht hatte

Offenbare Unrichtigkeit; Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen als Betriebsausgaben

BUNDESFINANZHOF Urteil vom 27.8.2013, VIII R 9/11

Leitsätze

Übersieht das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung, dass der Steuerpflichtige in seiner vorgelegten Gewinnermittlung die bei der Umsatzsteuererklärung für denselben Veranlagungszeitraum erklärten und im Umsatzsteuerbescheid erklärungsgemäß berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgabe erfasst hat, liegt insoweit eine von Amts wegen zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO vor (Anschluss an BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056).



Tatbestand
1 
I. Die Beteiligten streiten über die Berichtigung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide nach § 129 der Abgabenordnung (AO).

2 
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2002 bis 2005 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Ingenieur und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

3 
In den von ihm selbst erstellten Gewinnermittlungen setzte er jeweils auf der Einnahmenseite die vereinnahmten Bruttoeinnahmen, auf der Ausgabenseite die nach Kostenarten aufgeschlüsselten Ausgaben einschließlich der darin enthaltenen Vorsteuer an. In der Aufstellung waren die an den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --FA--) geleisteten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgaben enthalten.

4 
Das FA veranlagte die Kläger für die Streitjahre auf der Grundlage der erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit zur Einkommensteuer, ohne den Fehler des Klägers hinsichtlich der geleisteten Umsatzsteuerzahlungen zu bemerken.

5 
Nachdem die Einkommensteuerbescheide bestandskräftig geworden waren, beantragte der Kläger ihre Änderung unter Hinweis auf die unberücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen. Dies lehnte das FA mit Bescheid vom 27. Juni 2008 wegen Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide ab.

6 
Die dagegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 8. September 2010  14 K 14074/09 als unbegründet ab.

7 
Zwar sei § 129 AO auch dann anwendbar, wenn die Finanzbehörde offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernehme. Eine aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderliche, vom Sachbearbeiter (ggf. unter Verletzung der Amtsermittlungspflicht) jedoch unterlassene Sachverhaltsermittlung --wie im Streitfall-- sei hingegen kein Fehler, der auf ein bloßes mechanisches Versehen zurückzuführen sei. Denn der zuständige Sachbearbeiter habe die Unrichtigkeit nicht ohne weitere Prüfung erkennen können. Weder den Einkommensteuererklärungen noch den Umsatzsteuererklärungen der jeweiligen Streitjahre sei nämlich zu entnehmen, ob und wie viel Umsatzsteuer der Kläger in den Streitjahren jeweils an das FA tatsächlich abgeführt habe. Entsprechende Erkenntnisse hätte der Sachbearbeiter nur durch weitere Ermittlungen, etwa im Rahmen einer computergestützten Erhebungsauskunft oder durch Nachfrage bei der Erhebungsstelle gewinnen können.

8 
Dagegen richtet sich die Revision, mit der die Kläger die Verletzung des § 129 AO rügen.

9 
Sie beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben sowie die Einkommensteuerbescheide für 2002 (vom 9. August 2004), für 2003 (vom 30. Mai 2005), für 2004 (vom 20. Juni 2006) und für 2005 (vom 10. April 2007), jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2009, unter Ansatz geleisteter Umsatzsteuerzahlungen als weitere Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers aus selbständiger Arbeit in Höhe von 4.371 EUR (2002), 27.971 EUR (2003), 15.107 EUR (2004) und 17.344 EUR (2005) zu ändern.

10 
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe
11 
II. Die Revision ist begründet; das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

12 
Die Auffassung des FG, das FA habe zu Recht eine Berichtigung der streitigen Einkommensteuerbescheide nach § 129 AO abgelehnt, verletzt Bundesrecht. Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat indessen nicht selbst entscheiden.

13 
1. Nach § 129 AO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigt werden.

14 
Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (ständige Rechtsprechung, s. etwa Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. Februar 1992 VII R 8/91, BFHE 168, 6, BStBl II 1992, 713; vom 4. Juni 2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801; vom 6. November 2012 VIII R 15/10, BFHE 239, 296, BStBl II 2013, 307; Klein/Brockmeyer/Ratschow, AO, 11. Aufl., § 129 Rz 13; Pahlke/Koenig/Pahlke, Abgabenordnung, 2. Aufl., § 129 Rz 17 f.; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO § 129 Rz 38; a.A. Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 129 AO Rz 6).

15 
Offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Anwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 23. Oktober 2001 IX R 75/98, BFH/NV 2002, 467). Da die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, ist § 129 AO auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt (BFH-Urteile vom 17. Juni 2004 IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505, und vom 3. Juni 1987 X R 61/81, BFH/NV 1988, 342, m.w.N.).

16 
2. Nach diesen Maßstäben sind die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre offenbar unrichtig i.S. des § 129 AO. Der Kläger hat für die Streitjahre Einnahmenüberschussrechnungen vorgelegt und darin geleistete Umsatzsteuerzahlungen (Vorauszahlungen) nicht berücksichtigt, obschon er Umsatzsteuerzahlungen in den zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen ausgewiesen hat und die Umsatzsteuer jeweils erklärungsgemäß vom FA festgesetzt wurde.

17 
Aufgrund der Berücksichtigung von Umsatzsteuerzahlungen bei der Umsatzsteuerfestsetzung durch das FA in allen Streitjahren erscheint es entgegen der Ansicht des FG ausgeschlossen, dass die unterbliebene Übernahme der Ausgabenposition "Umsatzsteuerzahlungen" in den Einkommensteuerveranlagungen "auch auf nicht hinreichender Sachaufklärung" beruhen konnte. Letzteres wäre eine rein hypothetische Annahme, die der Feststellung einer offenbaren Unrichtigkeit i.S. des § 129 AO nicht entgegengehalten werden kann (vgl. BFH-Urteil vom 14. Juni 2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056).

18 
Vielmehr ergab sich aus der maßgeblichen Sicht eines objektiven Dritten (BFH-Urteil in BFHE 239, 296, BStBl II 2013, 307, m.w.N) und damit auch aus der Sicht des FA, dass die --gesamten-- umsatzsteuerlich berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nur aufgrund eines mechanischen Versehens vom Kläger nicht in seinen Einkommensteuererklärungen berücksichtigt worden waren.

19 
Dafür, dass der zuständige Sachbearbeiter des FA hätte annehmen können, die geleisteten Umsatzsteuerzahlungen seien mit Blick auf § 11 EStG wegen vollständiger Zuordnung zu einem anderen Veranlagungszeitraum --insgesamt-- nicht angesetzt worden, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

20 
3. Nach diesen Grundsätzen ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

21 
Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar sind nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG offensichtlich --und auch vom FA nicht in Abrede gestellt-- die in den jeweiligen Streitjahren geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen als Betriebsausgaben abzuziehen.

22 
Gleichwohl kann deren Höhe wegen der zum Teil erst im jeweiligen Folgezeitraum geleisteten Abschlusszahlungen nicht abschließend beurteilt werden. Diese Prüfung wird das FG unter Berücksichtigung der Grundsätze des BFH-Urteils vom 1. August 2007 XI R 48/05 (BFHE 218, 372, BStBl II 2008, 282) zur Zurechnung von Vorauszahlungen auf das Jahr der Zahlung oder ggf. auf das Vorjahr nachholen.