Dienstag, 27. August 2013

Was bedeutet "Textform"

Eine Erklärung der Textform (126 b BGB)

Manche Rechtsgeschäfte (bzw. Willenserklärungen) sind "formbedürftig", das heißt, es muss eine bestimmte Form eingehalten werden, damit sie wirksam sind. Wann dies notwendig ist ist an verschiedenen Stellen in verschiedenen Gesetzen geregelt.

Die Einzelheiten über die einzelnen Formen dagegen sind einheitlich in §§ 126 ff geregelt.
Dort sind z.B. die Schriftform (§ 126 BGB) und die elektronische Form (§ 126a BGB) geregelt.

Die im Jahre 2002 neu eingeführte Textform in § 126b BGB ist eine völlig neue Form für die Abgabe von Willenserklärungen.
Die Textform wird insbesondere in Verbraucherschutznormen angewendet, so z.B. im Fernabsatzgesetzoder beim Widerruf von Verbraucherverträgen (§ 355 Abs.1 BGB), ferner im Mietrecht, z.B. für Änderungsmitteilungen des Vermieters bezüglich der Mietzahlungen

§ 126b BGB: Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden.
Die Textform ist so etwas wie eine abgespeckte Schriftform. Für die Einhaltung der Textform genügt eine lesbare, Erklärung, die nicht in einer Urkunde abgefasst sein muss. Es genügt, wenn auf andere Weise eine dauerhafte Wiedergabe in Schriftzeichen möglich ist.

Dennoch muss die Person des Erklärenden genannt sein. Ansonsten wüsste man schließlich nicht, wer die Erklärung abgibt. Dabei sind die Hürden nicht besonders hoch anzusetzen: ein Vorname oder Spitzname kann zur Identifikation ausreichen.

Außerdem muss der Text den Abschluss der Erklärung kenntlich machen. Der Empfänger soll sicher sein können, dass er den vollständigen Text vor sich hat, und der ihm vorliegende Text nicht etwa abgeschnitten wurde (oder ein unvollständiges email versehentlich zu früh versandt wurde). 

Das Webseitenproblem

Wegen der "Dauerhaftigkeit" der Mitteilung genügt es nicht, den Text auf eine Webseite zu schreiben, wenn Textform vorgeschrieben ist. Denn der Text soll dem Verbraucher in einer ausreichend „dauerhaften“ Form zugehen. Das wäre erst dann der Fall, wenn der Verbraucher den Text auf den Festplatte speichert, oder ihn ausdruckt . Die Möglichkeit des Ausdruckens alleine reicht nicht! Also erfüllt der Abdruck einer Widerufsbelehrung (i.S.v. § 355 BGB) nicht die Voraussetzungen des § 126b BGB für die erforderliche Textform. 

Die Textform ist keine Ersatzform
 
Die Textform ist nur dort zulässig, wo das Gesetz ihre Verwendung ausdrücklich erlaubt. Sie ist nicht, wie die "elektronische Form" eine Ersatz für die Schriftform, sondern eine eigenständige Form.

Die Funktion der Textform
 
Die Textform erfüllt keine der klassischen Formfunktionen (Warn-, Beweis-, Identifikationsfunktion), sondern dient zur Übermittlung einer Mitteilung, bei welcher ein Interesse des Empfängers an der reinen Information (Informationsfunktion) und an einer Dauerhaftigkeit dieser Information besteht (Perpetuierungsfunktion).

Die Textform wird erfüllt durch: klassischen Schriftstücke, Telefax-Nachrichten (selbst ohne Unterschrift oder ohne verkörpertes Original direkt aus einem Computer durch Computerfax), maschinell erstellte Briefe, E-Mail-Nachrichten, Telegramme oder SMS-Nachrichten.

Donnerstag, 15. August 2013

Allgemeiner Kündigungsschutz in Kleinbetrieben

Wann greift das KschG und damit der "allgemeine Kündigungsschutz"?
Richtige Antwort:
Wenn der Betrieb mehr als "x" Arbeitnehmer beschäftigt und wenn der zu Kündigende mindestens 6 Monate im Betrieb gearbeitet hat. Ersteres ergibt sich aus § 23 KSchG, letzteres aus § 1 KSchG.

Warum aber schreibe ich "x". Im Gesetz scheint zu stehen, dass es 5 Arbeitnehmer sein müssen, dann folgt eine komplizierte Regelung, in der 10 Arbeitnehmer erwähnt werden. Das ist reichlich missverständlich. Und wird auch in Büchern und Skripten sowie Internetlexika oft falsch interpretiert.

Richtig ist:
Grundsätzlich ist das Kündigungsschutzgesetz nur dann anwendbar, wenn im Betrieb in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden (§ 23 KSchG).
Allerdings gilt für bereits vor dem 01.01.2004 im Betrieb Beschäftigte ein Bestandsschutz, da damals für ein paar Jahre eine Grenze von 5 Arbeitnehmern galt. Das bedeutet, dass Beschäftigte, die bereits 2003 in einem Betrieb mit mehr als 5 Mitarbeitern beschäftigt waren, ihren alten Kündigungsschutz solange behalten, wie mehr als fünf dieser „Alt-Arbeitnehmer” im Betrieb verbleiben.

Für die Prüfung im Einzelfall ist also zunächst zu klären:
Hat das Arbeitsverhältnis des Gekündigten, dessen Kündigungsschutz zu prüfen ist, nach dem 1.1.2004 begonnen, muss eine 10-AN-Grenze geprüft weren (sonst ist das KSchG nicht anwendbar).
Wurde das Arbeitsverhältnis des Gekündigten, dessen Kündigungsschutz zu prüfen ist, vor dem 1.1.2004 aufgenommen, greift das Kündigungsschutzgesetz nur, wenn in dem Betrieb am 31. Dezember 2003 in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer ( Auszubildende zählen nicht dazu) beschäftigt waren, die zum Zeitpunkt der Kündigung des Arbeitsverhältnisses noch im Betrieb beschäftigt sind. Arbeitnehmer, die nach dem 31. Dezember 2003 neu eingestellt worden sind, werden hierbei nicht mitgezählt.

Allgemein gilt für die Zählung:
Entscheidend ist die Zahl der regelmäßig Beschäftigten. Auszubildende werden nicht mitgezählt. Teilzeitbeschäftigung wird bei nicht mehr als 20 Arbeitsstunden pro Woche mit einem Zählwert von 0,5, bei nicht mehr als 30 Arbeitsstunden pro Woche wird mit 0,75 berücksichtigt.

Natürlich gibt es neben dem allgemeinen Kündigungsschutz noch den BesonderenKündigungsschutz, der in diversen Einzelgesetzen enthalten ist, z.B. für Betriebsratsmitglieder (nach § 102 BetrVG), für Schwangere (MuSchG) Schwerbehinderte usw.

Mittwoch, 7. August 2013

Vom GPGS zum Produktsicherheitsgesetz

Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) wurde am 01.12.2011 vom Gesetz über die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) vom 08.11.2011 komplett abgelöst. In vielen Lehrskripten oder Büchern ist dagegen noch das GPSG erläutert, was daran liegen dürfte,dass es eine der vielen stillen Änderungen war, bei denen sich inhaltlich nicht viel geändert hat. Das Gesetz nochmals umbenennen und neu zu gliedern war sicher nicht das Geschickteste, vor allem, da diese Bestimmungen schon vor 2004 mehrfache Geseztesumwandlungen hinter sich hat.


Auch wenn sich inhaltlich nicht viel geändert hat, bleibt das Problem, dass die Paragrafen neu nummeriert wurden. Das macht es schwer, Aufsätze oder Fachbücher zu lesen, die vor 2011 geschrieben wurden.


Hier ist eine Synopse hilfreich:


 
GPSGProdSG
§1Anwendungsbereich§1Anwendungsbereich
§2Begriffsbestimmungen§2Begriffsbestimmungen
§3Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen§8Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen
§4Inverkehrbringen und Ausstellen§3Allgemeine Anforderungen an die Bereitstellung von Produkten auf dem Markt
§4Harmonisierte Normen
§5Normen und andere technische Spezifikationen
§5Besondere Pflichten für das Inverkehrbringen von Verbraucherprodukten§6Zusätzliche Anforderungen an die Bereitstellung von Verbraucherprodukten auf dem Markt
§6CE-Kennzeichnung§7CE-Kennzeichnung
§7GS-Zeichen§20Zuerkennung des GS-Zeichens
§21Pflichten der GS-Stelle
§22Pflichten des Herstellers und des Einführers
§23GS-Stellen
§8Aufgaben und Befugnisse der zuständigen Behörden (Überwachung)§24Zuständigkeiten und Zusammenarbeit
§25Aufgaben der Marktüberwachungsbehörden
§26Marktüberwachungsmaßnahmen
§27Adressaten der Marktüberwachungs-maßnahmen
§28Betretungsrechte und Befugnisse
§9Meldeverfahren§29Unterstützungsverpflichtung, Meldeverfahren
§30Schnellinformationssystem RAPEX
§10Veröffentlichung von Informationen§31Veröffentlichung von Informationen
§11Zugelassene Stellen§9Aufgaben der Befugnis erteilenden Behörden
§10Anforderungen an die Befugnis erteilenden Behörden
§11Befugnisse der Befugnis erteilenden Behörden
§12Anträge auf Notifizierung
§13Anforderungen an die Konformitätsbewertungsstelle für ihre Notifizierung
§14Konformitätsvermutung
§15Notifizierungsverfahren, Erteilung der Befugnis
§16Verpflichtung der notifizierten Stelle
§17Meldepflichten der notifizierten Stelle
§18Zweigunternehmen einer notifizierten Stelle und Vergabe von Unteraufträgen
§19Widerruf der erteilten Befugnis
§12Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin§32Aufgaben der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
§13Ausschuss für technische Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte§33Ausschuss für Produktsicherheit
§14Ermächtigung zum Erlass von Rechtsvorschriften (Überwachungsbedürftige Anlagen)§34Ermächtigung zum Erlass von Rechtsvorschriften (Überwachungsbedürftige Anlagen)
§15Befugnisse der zuständigen Behörden§35Befugnisse der zuständigen Behörden
§16Zutrittsrecht des Beauftragten der zugelassenen Überwachungsstelle§36Zutrittsrecht des Beauftragten der zugelassenen Überwachungsstelle
§17Durchführung der Prüfung und Überwachung§37Durchführung der Prüfung und Überwachung, Verordnungsermächtigung
§18Aufsichtsbehörden§38Aufsichtsbehörden
§19Bußgeldvorschriften§39Bußgeldvorschriften
§20Strafvorschriften§40Strafvorschriften
§21Übergangsbestimmungen
(-)


Eine downloadbare Synopse MIT ERLÄUTERUNGEN der Änderungshintergründe findet man hier:
http://schator.de/Synopse_ProdSG%20(2011)%20-%20GPSG%20a.F..pdf



Schwerpunkte des neuen ProdSG (gemäß BMAS)
  • Das ProdSG sieht insbesondere im Bereich der Marktüberwachung neue und ver­besserte Bestimmungen vor. So soll die Zusammenarbeit zwischen Marktüberwa­chung (in der Zuständigkeit der Länder) und Zoll intensiviert werden, um gefährliche Produkte möglichst frühzeitig aufspüren zu können. Dies gewährleistet ein hohes Si­cherheitsniveau der am Markt befindlichen Produkte - und trägt zugleich zum fairen Wettbewerb zwischen den Herstellern bei. Mit der Einführung eines einheitlichen Richtwerts von 0,5 Stichproben je 1000 Einwohner wird zudem sichergestellt, dass es bei der Marktüberwachung zu keinem Ungleichgewicht bei den Kontrollen auf den Ländermärkten kommt.
  • Die Bestimmungen zum GS-Zeichen wurden im Hinblick auf die Voraussetzungen für seine Erteilung und die Kontrolle seiner Verwendung strenger gefasst und erweitert. Damit soll das GS-Zeichen nachhaltig gestärkt und Missbrauch bekämpft werden. Das GS-Zeichen hat sich in der Vergangenheit als verlässliches Instrument zur In­formation der Verbraucher bewährt. Mit seiner Aussage "geprüfte Sicherheit" beein­flusst es die Kaufentscheidung und trägt so maßgeblich zu einem wirkungsvollen Verbraucherschutz bei.
Insgesamt wird die Bedeutung des Produktsicherheitsgesetzes als die zentrale Vermarktungs- und Sicherheitsvorschrift für Produkte gestärkt und die Marktüberwachung im europäischen Verbund enger verzahnt.Quelle: http://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/prodsg.html

Gesetzestexte:

Der Gesetzestext auf den Seiten der juris GmbH
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