Donnerstag, 17. Dezember 2015

iCat-Fritzi beim Korrekturlesen

Da ist Fritzi stur. Wenn er Papier auf dem Tisch hört, egal ob Zeitung oder Prüfungsarbeiten, muss er dabei sein. Nichts zu machen, Wegscheuchen hilft nicht. Sobald ich einen Augenblick weg bin, um Kaffee zu holen, liegt er schon da. Na gut, soll halt er korrigieren. Da ist der Rotstift, Fritzi!


Dienstag, 8. Dezember 2015

Übung - Wiederholungsfragen und Aufgaben zu "Steuern" für Wirtschaftsfachwirte

 
1. Tragen Sie die den jeweils richtigen Begriff hier in die Tabelle ein:



Besitz/ Verkehrs- oder Verbrauchssteuer? Bundes-/ Landes-/ Gemeinde-/ oder Gemeinschaftssteuer?
Einkommenssteuer


Grunderwerbsteuer


Versicherungssteuer


Branntweinsteuer


Grundsteuer


Erbschaftssteuer


Kapitalertragsteuer


Tabaksteuer


Gewerbesteuer


Einfuhrumsatzsteuer


Energiesteuer


Umsatzsteuer


Lohnsteuer


Biersteuer




  1. Welche der nachfolgenden Vorschriften zählen zu den RECHTSNORMEN:
    Einkommenssteuergesetz, BFH-Urteil, Lohnsteuerrichtlinien, Bayerische Verfassung, OFD-Rundschreiben, Rechtsverordnungen
  2. Welche Steuern gehören zu den Gemeinschaftssteuern?
  3. Nennen Sie zwei Beispiele für Quellensteuern (Abzugssteuern)

Dienstag, 27. Oktober 2015

Buchführung - oder wenn endlich der Knoten platzt.


Sie liebte nicht wirklich mich. Sondern endlich die Buchführung. Nachdem sich anfangs alles in ihr gesperrt hatte. Irgendwann platzte dann der Knoten. Wobei wir alle mit halfen. Dafür wurde dann dieses Shirt entwickelt.

Donnerstag, 1. Oktober 2015

BGH macht Dozenten das Leben leichter | Telepolis

Unter dem Titel "BGH macht Dozenten das Leben leichter | Telepolis"
erklärt Peter Riedlberger am 3.12.2013  die BGH-Entscheidung zu § 52a Urheberrechtsgesetz.

Einer der umstrittensten Paragraphen des deutschen Urheberrechts ist § 52a UrhG, die "Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung". Es ist auf Anhieb gar nicht so einfach zu verstehen, worum es eigentlich geht. Zunächst einmal will der Begriff der "Öffentlichen Zugänglichmachung" verstanden sein. Etwas unintuitiv ist damit nicht etwa jede x-beliebige Form des Zugriffverschaffens gemeint. ...

Die Pressemitteilung des BGH ist leider nicht so gut aufbereitet:

Bundesgerichtshof zur Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke auf elektronischen Lernplattformen von Universitäten

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass eine Universität den Teilnehmern einer Lehrveranstaltung nur dann Teile eines urheberrechtlich geschützten Werkes auf einer elektronischen Lernplattform zur Verfügung stellen darf, wenn diese Teile höchstens 12% des Gesamtwerks und nicht mehr als 100 Seiten ausmachen und der Rechtsinhaber der Universität keine angemessene Lizenz für die Nutzung angeboten hat.

Der Kläger ist der Alfred Kröner Verlag. Er ist Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an dem von ihm verlegten Werk "Meilensteine der Psychologie". Die Beklagte ist die Fernuniversität in Hagen. Sie hat mehr als 4.000 Studierenden, die im Bachelor-Studiengang Psychologie den Kurs "Einführung in die Psychologie und ihre Geschichte" belegt hatten, 14 vollständige Beiträge mit insgesamt 91 Seiten des 528 Textseiten umfassenden Buches "Meilensteine der Psychologie" auf einer elektronischen Lernplattform als PDF-Datei zum Lesen, Ausdrucken und Abspeichern zur Verfügung gestellt. Ein Angebot des Klägers zum Abschluss eines Lizenzvertrages hat sie abgelehnt.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe damit das Urheberrecht an dem Werk verletzt. Er hat die Beklagte deshalb auf Unterlassung in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht beantragt. Die Beklagte meint, sie sei nach der Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG zur fraglichen Nutzung berechtigt. Nach dieser Bestimmung ist es zulässig, veröffentlichte kleine Teile eines Werkes zur Veranschaulichung im Unterricht an Hochschulen ausschließlich für den bestimmt abgegrenzten Kreis von Unterrichtsteilnehmern öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies zu dem jeweiligen Zweck geboten und zur Verfolgung nicht kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist.

Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG berufen, weil die auf der Lernplattform eingestellten Beiträge nicht als "kleine" Teile des Werkes "Meilensteine der Psychologie" anzusehen seien und auch nicht zur Veranschaulichung im Unterricht gedient hätten. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind unter "kleinen" Teilen eines Werkes entsprechend einem zwischen der Verwertungsgesellschaft Wort und den Bundesländern geschlossenen "Gesamtvertrag zur Vergütung von Ansprüchen nach § 52a UrhG für das Öffentlich-Zugänglichmachen von Werken für Zwecke des Unterrichts an Schulen", der gleichfalls Sprachwerke betrifft, höchstens 12% des gesamten Werkes zu verstehen. Darüber hinaus sei eine - vom BGH mit 100 Seiten definierte - Höchstgrenze erforderlich, weil ansonsten ganze Bände eines mehrbändigen Werkes ohne Einwilligung des Urhebers öffentlich zugänglich gemacht werden dürften. Die Beklagte habe demnach grundsätzlich bis zu 63 Seiten des Werkes "Meilensteine der Psychologie" auf der Lernplattform einstellen dürfen. Das Einstellen der Beiträge habe - so der BGH - auch der Veranschaulichung im Unterricht gedient. Dem stehe, anders als das Berufungsgericht gemeint habe, nicht entgegen, dass sie den Unterrichtsstoff nicht nur verdeutlicht, sondern auch ergänzt hätten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts erlaube die Schrankenregelung des § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG auch nicht nur ein Bereithalten kleiner Teile eines Werkes zum Lesen am Bildschirm. Vielmehr gestatte sie deren Zugänglichmachen auch dann, wenn Unterrichtsteilnehmern dadurch ein Ausdrucken und Abspeichern der Texte ermöglicht werde. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ist ein Zugänglichmachen allerdings nicht geboten im Sinne von § 52a Abs. 1 Nr. 1 UrhG, wenn der Rechtsinhaber der Hochschule eine angemessene Lizenz für die fragliche Nutzung angeboten hat. Der Bundesgerichtshof hat die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das nun die Angemessenheit des Lizenzangebots des Klägers zu prüfen haben wird.

Urteil vom 28. November 2013 - I ZR 76/12 - Meilensteine der Psychologie

LG Stuttgart - Urteil vom 27. September 2011 - 17 O 671/10

GRUR-RR 2011, 419

OLG Stuttgart - Urteil vom 4. April 2012 - 4 U 171/11

GRUR 2012, 718

Karlsruhe, den 29. November 2013

Entfristung des 52a

§ 52a war ursprünglich auf 2014 befristet und sollte dann auslaufen. Kurz vorher wurde allerdings di evorschrift "entfristet", also für dauerhaft erklärt. http://www.cr-online.de/29384.htm

Mittwoch, 16. September 2015

BFH zur 10-Tage-Regelung des § 11 EStG

Ausgangspunkt für diesen Streit ist die gesetzliche Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG, nach der Ausgaben in der Gewinnermittlung des Veranlagungszeitraums abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind. Allerdings gilt gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 EStG eine Ausnahme für regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die bei dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor Beginn oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahrs, zu dem sie wirtschaftlich gehören, angefallen sind: Solche Ausgaben werden noch dem gerade abgelaufenen Kalenderjahr zugerechnet.
Der BFH hat nun klargestellt, dass die „kurze Zeit“ um den Jahreswechsel zum einen maximal zehn Tage umfasst - insofern nur eine Bekräftigung der bisherigen Rechtsprechung - und zum anderen keine Frist, sondern eine gesetzliche Fiktion darstellt und damit fix ist. Damit kann die Sonntagsregelung des § 108 (3) AO nicht angewendet werden.
Das Urteil:

Donnerstag, 3. September 2015

Behinderungsbedingte Umbaukosten einer Motoryacht sind keine außergewöhnlichen Belastungen § 33 EStG


BFH Beschluss vom 02.06.15 VI R 30/14

Mit Beschluss vom 2. Juni 2015 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Motoryacht dem Steuerpflichtigen nicht zwangsläufig erwachsen und deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist aufgrund eines Autounfalls querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen (Grad der Behinderung 100). Im Jahr 2008 erwarb er eine Motoryacht, die er im Streitjahr 2011 rollstuhlgerecht umbauen ließ. Hierfür entstanden ihm Kosten in Höhe von ca. 37.000 €, die er in seiner Einkommensteuererklärung vergeblich als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend machte. Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb ebenso wie jetzt die Revision erfolglos.


Mittwoch, 2. September 2015

Einschränkungen bei Werbung mit Bier und anderen Alkoholika

Wer bei der Frage der erlaubten Werbung nur das deutsche Wettbewerbsrecht prüft, stolpert schnell in eine Falle. Denn da gibt es auch EU-Recht. Zugegegen - der folgende Fall ist für  meine Studentenoder Schüler nicht direkt prüfungsrelevant - ich findes es trotzdem erwähnenswert.
Otto-Schmidt-Verlag besprach auf seiner Webseite ein (noch nicht rechtskräftige) Entscheidung des LG Ravensburg (dortige Pressemitteilung vom 25.8.20150):



Die beklagte Brauerei hatte auf ihrer Internetseite drei Biersorten mit dem Begriff "bekömmlich" beworben - eine Werbung, die nach Ansicht des LG verboten ist, und zwar aufgrund einer EG-Verordnung über Werbung von Alkoholika über 1,2 Vol%


Irreführende Werbung und Haftungserleichterung für Presse


Lesetipp für Studenten, die sich mit Wettbewerbsrecht auseinandersetzen.


Betrifft ein Urteil des BGH vom 5. Februar 2015:

BGH 5.2.2015, I ZR 136/13. Ein interessantes Urteil. Einmal ein gutes Beispiel für klassische irreführende Werbung, zum anderen taucht  hier ein spezielles Thema auf: die Unterlassungsklage war nicht gegen den Werbetreibenden (Kaufland), sondern den Herausgeber der "Zeitschrift" TIP gerichtet. Und dieser Herausgeber (auch ein Organ der Kauflandgruppe)  wollte sich auf die "Grundsätzen der eingeschränkten Haftung der Presse für wettbewerbswidrige Anzeigen ihrer Inserenten" berufen. Das wurde deswegen verwehrt, weil di eZeitschrift im wesentlichen WErbung und nur minimalen redaktionellen Inhalt enthält



Direkt zum Urteil auf den Seiten des BGH: hier.

Freitag, 21. August 2015

Rechtsprechungsänderung Prozesskosten als außergewöhnlichen Belastungen

Wichtig für Steuerfachleute und Auszubildende (Steuerfachangestellte)

Bundesfinanzhof BFH 18.6.2015, VI R 17/14

Rechtsprechungsänderung bei der Anerkennung von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 EStG

Die Kosten eines Zivilprozesses sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33 EStG. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.

Damit hält der VI. Senat nach nochmaliger Prüfung an seiner in dem Urteil vom 12.5.2011 (Az.: VI R 42/10) vertretenen Auffassung nicht mehr fest.

Prozesskosten können also im Einzelfall a.B. im Sinne von § 33 EStG sein.

siehe auch: http://www.otto-schmidt.de/news/steuerrecht/rechtsprechungsanderung-bei-der-anerkennung-von-zivilprozesskosten-als-aussergewohnliche-belastungen-2015-08-12.html


Nachfolgend das komplette Urteil im Volltext
http://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bfh&Art=en&Datum=Aktuell&nr=31942&pos=1&anz=60




BUNDESFINANZHOF Urteil vom 18.6.2015, VI R 17/14

Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen

Leitsätze


1. Die Kosten eines Zivilprozesses sind im Allgemeinen keine außergewöhnlichen Belastungen i.S. des § 33 EStG (Änderung der Rechtsprechung).

2. Etwas anderes kann ausnahmsweise gelten, wenn ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührt.

Tenor


Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 11. Februar 2014 13 K 3724/12 E wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand
1 
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 2010 Kosten für einen Zivilrechtsstreit als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

2 
Im Jahr 2007 verstarb die Mutter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin). Ausweislich eines aufgefundenen Testaments hatte sie die Klägerin zur Alleinerbin eingesetzt. Die Klägerin beantragte daraufhin einen Erbschein. Im Rahmen des Erteilungsverfahrens zweifelte der Bruder der Klägerin die Rechtmäßigkeit des Testaments an. Es kam zu einem Zivilrechtsstreit, in dem das Amtsgericht X (AG) zu Gunsten der Klägerin entschied. Das für die Beschwerdeentscheidung zuständige Landgericht Z hob den Nichtabhilfebeschluss und die Vorlageverfügung des AG auf und verwies den Rechtsstreit zurück. Das AG erhob im zweiten Rechtsgang Beweis durch Einholung eines graphologischen Gutachtens. Mit Beschluss vom 1. Februar 2010 erteilte es der Klägerin schließlich einen Alleinerbschein. Im Zusammenhang mit diesem Zivilrechtsstreit entstanden der Klägerin im Streitjahr 2010 Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.460,03 EUR und Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 EUR, die ihr weder von ihrem Bruder noch von dritter Seite erstattet wurden.

3 
Die Klägerin machte die betreffenden Kosten in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 zunächst nicht geltend. Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 22. Juli 2011 legte die Klägerin fristgemäß Einspruch mit der Begründung ein, dass aufgrund der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß dem Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10 (BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) die Anwaltskosten aus dem Nachlassverfahren als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.

4 
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wies den Einspruch als unbegründet zurück.

5 
Das Finanzgericht (FG) wies die hiergegen erhobene Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2014, 850 veröffentlichten Gründen ab.

6 
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

7 
Sie beantragt,

das Urteil des FG Düsseldorf vom 11. Februar 2014  13 K 3724/12 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2012 dahingehend abzuändern, dass Gerichtskosten in Höhe von 3.866,55 EUR und Anwaltskosten in Höhe von 3.460,03 EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

8 
Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.


Entscheidungsgründe
 
9 
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die geltend gemachten Prozesskosten sind nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. des § 33 EStG zu berücksichtigen.

10 
1. Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (u.a. BFH-Urteil vom 29. September 1989 III R 129/86, BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418; Senatsurteil vom 26. Juni 2014 VI R 51/13, BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).

11 
2.a) Bei den Kosten eines Zivilprozesses sprach nach der langjährigen Rechtsprechung des BFH eine Vermutung gegen die Zwangsläufigkeit (Senatsurteil vom 22. August 1958 VI 148/57 U, BFHE 67, 379, BStBl III 1958, 419; BFH-Urteile vom 18. Juli 1986 III R 178/80, BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 9. Mai 1996 III R 224/94, BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; vom 4. Dezember 2001 III R 31/00, BFHE 198, 94, BStBl II 2002, 382; vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 27. August 2008 III R 50/06, BFH/NV 2009, 553). Derartige Kosten wurden nur als zwangsläufig erachtet, wenn auch das die Zahlungsverpflichtung oder den Zahlungsanspruch adäquat verursachende Ereignis zwangsläufig war (BFH-Urteil in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596). Daran fehlte es nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen bei einem Zivilprozess (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Vielmehr sei es in der Regel der freien Entscheidung der (Vertrags)-Parteien überlassen, ob sie sich zur Durchsetzung oder Abwehr eines zivilrechtlichen Anspruchs einem Prozess(kosten)risiko aussetzten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Lasse sich der Steuerpflichtige trotz ungewissen Ausgangs auf einen Prozess ein, liege die Ursache für die Prozesskosten in seiner Entscheidung, das Prozesskostenrisiko in der Hoffnung auf ein für ihn günstiges Ergebnis in Kauf zu nehmen; es entspreche nicht Sinn und Zweck des § 33 EStG, ihm die Kostenlast zu erleichtern, wenn sich das im eigenen Interesse bewusst in Kauf genommene Risiko realisiert habe (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und in BFH/NV 2009, 553). Als zwangsläufige Aufwendungen erkannte die Rechtsprechung Zivilprozesskosten nur an, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte. Liefe der Steuerpflichtige ohne den Rechtsstreit Gefahr, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, könne er trotz unsicherer Erfolgsaussichten gezwungen sein, einen Zivilprozess zu führen (BFH-Urteile in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596; in BFH/NV 2009, 553).

12 
b) Demgegenüber nahm der Senat in seiner Entscheidung in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 die Unausweichlichkeit von Zivilprozesskosten unter der Voraussetzung an, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

13 
Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, streitige Ansprüche seien wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren. Da die Parteien zur Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche mithin auf den Weg vor die Gerichte verwiesen würden, entstünden Zivilprozesskosten für den Kläger wie auch für den Beklagten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig. Demgegenüber sei entgegen der bisherigen Rechtsprechung nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen, weil der Steuerpflichtige im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten müsse, um sein Recht durchzusetzen.

14 
3. Das Senatsurteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 hat neben Zustimmung (z.B. FG Düsseldorf, Urteile vom 20. Februar 2013  15 K 2052/12 E, EFG 2013, 703; vom 19. Februar 2013  10 K 2392/12 E, EFG 2013, 933; vom 14. Januar 2013  11 K 1633/12 E, EFG 2013, 701; Kanzler in Herrmann/Heuer/ Raupach, § 33 EStG Rz 110; Rosenke, EFG 2013, 1668) vielfach auch Kritik erfahren (z.B. FG Hamburg, Urteil vom 24. September 2012  1 K 195/11, EFG 2013, 41; FG Düsseldorf, Urteil in EFG 2014, 850; FG des Saarlandes, Urteil vom 10. Dezember 2014  1 K 1201/13, EFG 2015, 818; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Dezember 2011, BStBl I 2011, 1286; G. Kirchhof, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 1867, 1871; Mellinghoff in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 33 Rz 47a ff.; Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011, Rz 5).

15 
Nach nochmaliger Prüfung hält der Senat an seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung nicht mehr fest. Der Senat kehrt unter Aufgabe seiner in dem Urteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Ansicht zu der früheren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit der Kosten eines Zivilprozesses als außergewöhnliche Belastung zurück. Der Senat ist sich bewusst, dass die Stetigkeit der Rechtsprechung des BFH als des obersten Gerichtshofs des Bundes für Steuern und Zölle ein wesentliches Element der Rechtssicherheit ist. Er ist jedoch der Ansicht, dass hier schwerwiegende sachliche Gründe, und zwar vor allem der Gesichtspunkt einer notwendigen Vereinheitlichung der Rechtsanwendung und der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, eine Änderung der Rechtsprechung des Senats gebieten.

16 
a) Zwar kann sich der Steuerpflichtige nach einem verlorenen Zivilprozess --unabhängig davon, ob er als Kläger oder als Beklagter an ihm beteiligt war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745)-- der eigentlichen Zahlungsverpflichtung aus rechtlichen Gründen nicht entziehen. Dies allein reicht jedoch nicht aus, um aus rechtlichen Gründen zwangsläufige Aufwendungen i.S. des § 33 Abs. 2 EStG anzunehmen. Vielmehr stellt die Rechtsprechung für die Entscheidung darüber, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, seit jeher auf die wesentliche Ursache ab, die zu den jeweiligen Aufwendungen geführt hat. Die Zwangsläufigkeit im Rahmen des § 33 Abs. 2 EStG ist danach nicht allein an der unmittelbaren Zahlungsverpflichtung zu messen, sondern es muss auch das die Verpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig sein. So kommen z.B. Aufwendungen zur Tilgung von Schulden nur dann als außergewöhnliche Belastung in Betracht, wenn die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlasst war, die ihrerseits den Tatbestand des § 33 EStG erfüllen (vgl. Senatsurteile vom 18. November 1977 VI R 142/75, BFHE 124, 39, BStBl II 1978, 147; vom 2. Oktober 1981 VI R 38/78, BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116). Entscheidend für die Frage, ob Aufwendungen zwangsläufig i.S. des § 33 EStG angefallen sind, ist daher die wesentliche Ursache, die zu den Aufwendungen geführt hat (BFH-Urteile in BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726, und vom 18. März 2004 III R 31/02, BFHE 205, 274, BStBl II 2004, 867).

17 
b) Ausgehend hiervon sind die Kosten eines Zivilprozesses grundsätzlich nur dann als zwangsläufig anzusehen, wenn auch das die Prozessführung mit der Folge der Zahlungsverpflichtung adäquat verursachende Ereignis für den Steuerpflichtigen zwangsläufig ist (Senatsurteile vom 3. Juni 1982 VI R 41/79, BFHE 136, 370, BStBl II 1982, 749; in BFHE 134, 286, BStBl II 1982, 116; BFH-Urteile in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; vom 6. Mai 1994 III R 27/92, BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104; vom 19. Dezember 1995 III R 177/94, BFHE 179, 383, BStBl II 1996, 197). Daran fehlt es im Allgemeinen bei einem Zivilprozess. Indes ist der Grundsatz, dass Kosten eines Zivilprozesses keine außergewöhnlichen Belastungen sind, auch schon nach bisheriger ständiger Rechtsprechung keine starre Regel. Vielmehr erfordert die Vielfalt der prozessualen Gestaltungen eine Berücksichtigung des jeweiligen Streitgegenstandes und der Ursachen des Streits (vgl. u.a. BFH-Urteile in BFHE 147, 171, BStBl II 1986, 745; in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596).

18 
Berührt ein Rechtsstreit einen für den Steuerpflichtigen existenziell wichtigen Bereich oder den Kernbereich menschlichen Lebens, kann jener unter Umständen in eine Zwangslage geraten, in der für ihn die Verfolgung seiner rechtlichen Interessen trotz unsicherer Erfolgsaussichten existenziell erforderlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 19. Mai 1995 III R 12/92, BFHE 178, 207, BStBl II 1995, 774), und sich folglich die Frage stellen, ob die Übernahme eines Prozesskostenrisikos nicht insoweit als i.S. des § 33 EStG zwangsläufig anzusehen ist. Ein solcher Ausnahmefall kann insbesondere dann in Betracht gezogen werden, wenn der Steuerpflichtige, ohne sich auf den Rechtsstreit einzulassen, Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren oder seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können (BFH-Urteile in BFHE 175, 332, BStBl II 1995, 104; in BFHE 181, 12, BStBl II 1996, 596).

19 
aa) Diese Auslegung entspricht dem Grundgedanken des § 33 EStG, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen (u.a. BFH-Urteil in BFHE 158, 380, BStBl II 1990, 418; Senatsurteil in BFHE 246, 326, BStBl II 2015, 9).

20 
bb) Der Begrenzung der Abziehbarkeit von Prozesskosten auf einen eng umschriebenen Bereich steht weder das staatliche Gewaltmonopol, das den Einzelnen zwingt, zur Durchsetzung seiner Rechte Gerichte in Anspruch zu nehmen, noch das Institut der Prozesskostenhilfe (PKH) entgegen.

21 
(1) Zwar bringt die Tatsache, dass der Einzelne zur zwangsweisen Durchsetzung tatsächlich oder vermeintlich bestehender Rechte gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen muss, notwendigerweise gegebenenfalls endgültig zu tragende Kosten mit sich.

22 
Aus dem staatlichen Gewaltmonopol kann entgegen der in dem Senatsurteil in BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 vertretenen Auffassung aber nicht abgeleitet werden, dass Zivilprozesskosten i.S. von § 33 EStG zwangsläufig anfielen. Die Berufung auf das staatliche Gewaltmonopol vermag nicht das Vorliegen eines zusätzlichen existenznotwendigen Bedarfs zu begründen (Steinhauff, jurisPR-SteuerR 33/2011 Rz 5). Das staatliche Gewaltmonopol und das Recht auf die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes zwingen den Steuerpflichtigen auch nicht zur Führung eines Zivilprozesses. Zudem liefe die Ansicht, Zivilprozesskosten erwüchsen dem Steuerpflichtigen unabhängig vom Gegenstand des Zivilrechtsstreits aus rechtlichen Gründen zwangsläufig, im Ergebnis darauf hinaus, jedwede durch den Rechtsstaat rechtmäßig auferlegte Zahlungsverpflichtung als zwangsläufige Aufwendung anzuerkennen (dazu auch G. Kirchhof, DStR 2013, 1867, 1871). Maßgeblich ist aber die Zwangsläufigkeit des die Zahlungsobliegenheit auslösenden Ereignisses.

23 
Geht es dabei um einen Bereich, der nicht das existenziell Notwendige betrifft, liegt die wesentliche Ursache für die angefallenen Aufwendungen im Bereich der durch den Steuerpflichtigen gestaltbaren Lebensführung. Dies gilt nach den im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen geltenden Grundsätzen entsprechend auch für diesen Bereich betreffende Prozesskosten (vgl. auch G. Kirchhof, DStR 2013, 1867, 1871).

24 
(2) Die Bestimmungen über die PKH sollen den Zugang zu den Gerichten für jedermann in grundsätzlich gleicher Weise eröffnen und bezwecken daher eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. März 1990  2 BvR 94/88, BVerfGE 81, 347, 356). Die der Gewährung von PKH zugrunde liegende verfassungsrechtliche Werteentscheidung steht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Werteentscheidung des Einkommensteuerrechts und zielt nicht darauf ab, die Prozesskosten von der Besteuerung auszunehmen. Dementsprechend führt das Institut der PKH nicht dazu, dass Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer abgezogen werden können.

25 
4. Nach diesen Maßstäben kommt im Streitfall die Berücksichtigung der der Klägerin entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastungen nicht in Betracht. Die Klägerin hat weder dargelegt, dass ihre Existenzgrundlage gefährdet gewesen wäre, hätte sie das Erbe nicht angetreten oder hätte sie es mit ihrem Bruder teilen müssen, noch ist dies sonst ersichtlich. Das FG hat eine Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen daher zu Recht abgelehnt.

26 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

v-mag Wochenreport 17-2015

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Freitag, 14. August 2015

Arbeitsrecht: Kettenbefristung in der Wissenschaft

Kettenbefristungen in der Wissenschaft: 16 Befristungen über elf Jahre sind nicht ohne weiteres rechtsmissbräuchlich. Meint jedenfalls das  Hessische Landesarbeitsgericht (LAG vom 5.8.2015, Aktz 2 Sa 1210/14).

Eine Befristung wegen Drittmitteln gem. § 2 Abs. 2 WissZeitVG ist nicht zwangsläufig rechtsmissbräuchlich, wenn der befristete Vertrag 16 Mal verlängert wird und sich die Befristungen insgesamt über elf Jahre erstrecken. Insoweit ist zugunsten der Hochschulen die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Freiheit von Forschung und Lehre zu beachten. "Dritter" i.S.v. § 2 Abs. 2 WissZeitVG kann auch das jeweilige Bundesland als Träger der Universität sein.

Es ging um einen Mathematiker. Er war aufgrund von 16 befristeten Verträgen, die sich über einen Zeitraum von elf Jahren jeweils aneinander anschlossen, bei der beklagten Universität Gießen als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigt. Seine Stelle wurde aus Drittmitteln finanziert. Diese waren nur zeitlich begrenzt vom Land Hessen als Träger der Universität im Rahmen eines Projektes zur Verfügung gestellt worden. Die Entfristungsklage hatte vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Auf die Berufung der Beklagten hob das LAG diese Entscheidung auf und wies die Klage ab, ohne die Revision zum BAG zuzulassen.

Aus den Gründen:

Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf unbefristete Weiterbeschäftigung. Stellen für wissenschaftliches Personal dürfen grds. für eine bestimmte Aufgabe befristet besetzt werden, wenn sie aus Drittmitteln finanziert werden, die nicht dauerhaft zur Verfügung stehen.
Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist eine Befristung wegen Drittmitteln auch dann zulässig, wenn das Land selbst der Universität die Drittmittel zur Verfügung stellt. Auch das Land ist "Dritter" i.S.d. § 2 Abs. 2 Satz 1 WissZeitVG. Das ergibt sich aus der Begründung dieser Regelung im Gesetzgebungsverfahren (BT-Drs. 16/3438, S. 13 f.).

Die letzte Befristung des Arbeitsvertrags mit dem Kläger sei auch nicht angesichts der vorangegangenen Zahl und Dauer der Befristungen wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig. Die in Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Freiheit von Forschung und Lehre lasse unter den hier vorliegenden Umständen auch eine 16-malige Befristung über insgesamt elf Jahre zu.

Quelle: Hessisches LAG PM Nr. 5 vom 6.8.2015via Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.08.2015



Übrigens: Entfristungsklage, so nennt man die Feststellungsklage beim Arbeitsgericht, dass eine Befristung unwirksam ist. Es ist eine Variante der Kündigungsschutzklage, § 4 KSchG, und muss deshalb binnen 3 Wochen erhoben werden. Maßgebend für die Befristungswirksamkeit ist natürlich das TzBfG. 

Scheidungskosten doch noch als außergewöhnliche Belastung?

Dieser Artikel richtet sich an Steuerfachangestellte oder auszubildende, aber auch an Steuerpflichtige, die eine Scheidung hinter sich haben und sich fragen, ob man diese bei der ESt-Erklärung als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG ansetzen könne.

Früher sagte man nein, dann ja, dann hat der Gesetzgeber einen Riegel vorgeschoben. Und jetzt kristallisiert sich heraus, dass immer noch alles offen ist, auch für die Zeit nach der Neuregelung.

Eine Entscheidung des FG Münster vom 19.06.2015 weist darauf hin, dass diese Rechtsfrage immer noch ungeklärt ist. Daher hat es bei einem Einspruch eines Steuerpflichtigen auch den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bejaht (§ 361, hier Fallgruppe "ernstliche Zweifel").

Für die Laien unter den Lesern bedeutet dies, kurz gesagt: Setzen Sie die Scheidungskosten an, warten Sie den ESt-Bescheid ab. Dieser wird mit Sicherheit diese Kosten gekürzt haben. Legen Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch ein und beantragen Sie Aussetzung der Vollziehung, damit Sie nicht vorläufig zahlen müssen. Beantragen Sie ferner das Ruhen des Einspruchsverfahrens bis zur Entscheidung über die gegenwärtig anhängigen Verfassungsbeschwerden zu dieser Frage.

Für meine Schüler und andere Steuerfachleute verweise ich auf nachfolgenden Text der Entscheidung des FG Münster, ferner auf die einschlägige Gesetzestextstelle im EStG, die von vielen nicht gefunden wird: § 33 Abs. 2 Satz 4



Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG

Frühere Versionen des § 33 finden Sie z.B. bei www.buzer.de zu § 33 EStG.

Und hier die Entscheidung des Finanzgericht Münster
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/muenster/j2015/1_V_795_15_E_Beschluss_20150619.html
Datum:
19.06.2015
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
1. Senat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
1 V 795/15 E

Tenor:

Die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 06.02.2015 wird in Höhe von 820,00 Euro bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch vom 12.02.2015 gegen den vorgenannten Bescheid ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
1

Gründe 2

I. 3

Streitig ist, ob Kosten im Zusammenhang mit einem Ehescheidungsprozess als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. 4

Die Antragstellerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2013 Scheidungskosten in Höhe von 7.509,77 Euro als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuerbesetz (EStG) geltend. Die Aufwendungen setzen sich zusammen aus zwei Rechnungen der Rechtsanwälte & Collegen aus sowie einer Rechnung der Oberjustizkasse . Auf diese Rechnungen wird Bezug genommen. 5

Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom 06.02.2015 erkannte der Antragsgegner die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen an und setze die Einkommensteuer auf 1.915,00 Euro fest. Zu den Einzelheiten der Steuerfestsetzung wird auf den Bescheid vom 06.02.2015 verwiesen. 6

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Einspruch vom 11.02.2015, über den noch nicht entschieden wurde. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass Scheidungskosten auch nach der Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG weiterhin als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien. 7

Mit Bescheid vom 03.03.2015 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Hierzu führte er aus, zwar seien vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zwei Revisionsverfahren zur Frage der Berücksichtigung der unmittelbar durch einen Scheidungsprozess verursachten Kosten als außergewöhnliche Belastungen anhängig (Aktenzeichen: VI R 66/14 und VI R 81/14). Aus Sicht der Verwaltung sei die Rechtslage jedoch eindeutig. 8

Mit ihrem Antrag vom 10.03.2015 begehrt die Antragstellerin nunmehr die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2013 in Höhe der sich bei einer Berücksichtigung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen ergebenden Minderung der Steuerfestsetzung (820,00 Euro). Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, durch die Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG habe die Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen auf die vor 2013 geltende Auffassung der Finanzverwaltung begrenzt werden sollen. Da ohne das Scheidungsverfahren eine Ehe nicht aufgelöst werden könne, seien ihre Aufwendungen zwangsläufig entstanden. Nach herrschender Meinung seien Ehescheidungskosten trotz der Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in dem ursprünglich von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Hierzu beruft sich die Antragstellerin unter anderem auf das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.10.2014 (4 K 1976/14, EFG 2015, 39 n. rkr.; Rev. BFH VI R 66/14) und trägt die dort genannte Begründung vor. 9

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß, 10

die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 06.02.2015 in Höhe von 820,00 Euro bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch vom 12.02.2015 gegen den vorgenannten Bescheid auszusetzen. 11

Der Antragsgegner beantragt, 12

den Antrag abzulehnen. 13

Durch die Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sei die Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 neu geregelt worden. Damit sei die frühere Rechtsprechung des BFH zu den Scheidungskosten überholt. Eine Abzugsfähigkeit von Prozesskosten sei daher ab 2013 nur noch möglich, wenn die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vorlägen. Nur in dem extremen Ausnahmefall, wenn der Steuerpflichtige Gefahr laufe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, sei ein Abzug von Prozesskosten überhaupt denkbar. Eine Aussetzung der Vollziehung komme auch vor dem Hintergrund der zur vorliegenden Rechtsfrage anhängigen Revisionsverfahren vor dem BFH (VI R 66/14 und VI R 81/14) nicht in Betracht, da die Rechtslage aus Sicht der Verwaltung eindeutig sei. 14

II. 15

Der Antrag ist zulässig und begründet. 16

Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung auf Antrag ganz oder zum Teil aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessens gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im vorgenannten Sinne bestehen, soweit eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen. Der Erfolg braucht jedoch nicht wahrscheinlicher zu sein als der Misserfolg (vgl. BFH, Beschluss vom 13.10.2009 VIII B 62/09, BStBl II 2010, 180). Auszusetzen ist insbesondere, wenn die Rechtslage unklar ist, weil die Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschieden worden ist (vgl. Seer in Tipke/Kruse § 69 FGO Rz. 91 mit Nachweisen zur Rechtsprechung). 17

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsgrundlagen ist die beantragte Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, da die Versagung des Abzugs der Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen in dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid ernstlich zweifelhaft im Sinne des § 69 Abs. 2 i.V.m. Abs. 2 FGO ist. Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist die Rechtslage insofern nicht eindeutig. 18

Nach § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG, der ab dem Veranlagungszeitraum 2013 anzuwenden ist, sind Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug (als außergewöhnliche Belastungen) ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Was unter dem Begriff der „Existenzgrundlage“ im Sinne des § 33 Abs. 1 Satz 4 EStG zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht näher geregelt. 19

Ein Teil der Literatur geht von einem rein materiellen Verständnis des Begriffs „Existenzgrundlage“ aus (Heim, DStZ 2014, 165; Kanzler, FR 2014, 209, 214; ders. in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG, Anm. 213). Nach dieser Ansicht schließt § 33 Abs. 1 Satz 4 EStG Scheidungsprozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen aus. Ein Abzug käme nur dann in Betracht, wenn im Einzelfall ohne Scheidung die materielle Existenzgrundlage bedroht wäre. 20

Demgegenüber vertritt die wohl herrschende Meinung in der Literatur die Auffassung, dass Ehescheidungskosten trotz der Neuregelung in dem ursprünglich von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin abzugsfähig sein sollen. Dabei wird der Begriff der „Existenzgrundlage“ über ein bloßes materielles Verständnis hinaus weit ausgelegt (vgl. Loschelder in Schmidt, EStG, 34. Aufl. 2015, § 33 Rz. 35; Nieuwenhuis, DStR 2014, 1701; Gerauer, NWB 2014, 2621, Bleschick, FR 2013, 932). 21

Das Finanzgericht Münster und das Finanzgericht Rheinland-Pfalz haben mit Urteilen vom 21.11.2014 (4 K 1829/14 E, EFG 2015, 221) und vom 16.10.2014 (4 K 1976//14, EFG 2015, 39) unter Würdigung der Gesetzeshistorie, der bisherigen Rechtsprechung und der Auffassungen in der Literatur entschieden, dass auch nach der Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG Scheidungskosten, die unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasst sind, als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind. Hierunter fallen Gerichts- und Anwaltskosten des Scheidungsverfahrens, nicht jedoch Scheidungsfolgesachen, wie z.B. die Vermögensauseinandersetzung. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und das Finanzgericht Münster hat die Revision zur Rechtsfortbildung zugelassen, da eine höchstrichterliche Entscheidung über die Auslegung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG bisher nicht vorliege und die Frage eine Vielzahl von Fällen betreffe. Die seitens der Verwaltung eingelegten Revisionen werden beim BFH unter den Aktenzeichen VI R 66/14 und VI R 81/14 geführt. 22

Vor diesem Hintergrund kann -entgegen der Auffassung des Antragsgegners- bei summarischer Würdigung nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtslage hinsichtlich der Abzugsfähigkeit von unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasste Kosten als außergewöhnliche Belastungen eindeutig ist. Vielmehr liegt die Situation vor, dass die Rechtsfrage in der Literatur unterschiedlich beantwortet wird, eine ständige Rechtsprechung der Finanzgerichte zu der Rechtsfrage noch nicht existiert und der BFH über die Rechtsfrage noch nicht entschieden hat. Dies führt dazu, dass die im angefochtenen Einkommensteuerbescheid berücksichtigte Auffassung des Antragsgegners, Scheidungsprozesskosten seien, von extremen Ausnahmefällen abgesehen, ab dem Veranlagungszeitraum 2013 nicht mehr als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig, ernstlich rechtlich zweifelhaft im Sinne des § 69 FGO ist. 23

Dementsprechend liegen die Voraussetzungen gem. § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO vor und die beantragte Aussetzung der Vollziehung ist zu gewähren, ohne dass der erkennende Senat im vorliegenden summarischen Verfahren entscheiden muss, wie er die streitige Rechtsfrage entscheiden würde. 24

Der erkennende Senat braucht im vorliegenden summarischen Verfahren auch nicht abschließend festzustellen, ob es sich bei den geltend gemachten Aufwendungen vollumfänglich um unmittelbar durch den Scheidungsprozess veranlasste Kosten oder teilweise um -nicht als außergewöhnliche Belastungen in Betracht kommende- Kosten im Zusammenhang mit sogenannten Scheidungsfolgesachen (Unterhalt, Umgang, Sorgerecht etc.) handelt. Aus den vorgelegten Rechnungen lassen sich hierzu keine hinreichenden Erkenntnisse für eine abschließende Beurteilung herleiten und die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert. Da für eine Aussetzung der Vollziehung gem. § 69 FGO der Erfolg nicht wahrscheinlicher sein muss als der Misserfolg und sich aufgrund der vorliegenden Akten sowie des Vortrags der Beteiligten jedenfalls keine Anhaltspunkte aufdrängen, dass die Kosten teilweise auch im Zusammenhang mit sogenannten Scheidungsfolgesachen stehen, kommt bei summarischer Würdigung der Abzug der vollständigen Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG ernsthaft in Betracht, mit der Folge, dass die Aussetzung der Vollziehung in vollem Umfang zu gewähren ist. Im Einspruchsverfahren wird die Klägerin hierzu jedoch noch weiter vorzutragen haben und der Antragsgegner wird diesbezüglich weitere Feststellungen treffen müssen.

Sonntag, 9. August 2015

Kinderfreibetrag bei Wehrdienst - Neuregelung 2015


Auszubildenden für STeuerfachberufe kennen sie, die 4-Monatslücken bei Kindergeld/Kinderfreibetrag, § 32 EStG. Sie gelten für Übergang Schule zu Ausbildungsstätte etc. Der Wehrdienst ist nicht enthalten. Das hat mich dazu geführt, zum Themenkomplex Wehrdienst und Kinderfreibetrag/Kindergeld zu recherchieren.

Das ist das Ergebnis:


Nach Wegfall der Wehrplicht gibt es immer noch:

·        Bundesfreiwilligendienst (als Nachfolger des Zivi)
·        freiwilliger Wehrdienst und

Wie ist hier der Kindergeldanspruch?


Vor Wegfall der Wehrpflicht:
Kein KinderFB für ges. Wehrdienst (nur 33a(1) möglich)
Kein KinderFB für freiwilligen Wehrdienst (nur 33a(1) möglich)
KiFB für freiwilliges soziales Jahr (gibt es seit 50 Jahren), das auch als Wehrersatz dient, 32 Abs. 4 Nr. 2d

Nach Wegfall der Wehrpflicht

  • Bundesfreiwilligendienst: KiFB über 32 Abs. 4 Nr. 2d (wie früher bei freiwilligen sozialen Jahr)
  • Freiwilliger Wehrdienst: wie früher kein KinderFB, nur 33a(1) mgl.,
    aber neue Rechtsprechung sagt, dass der freiwillige Wehrdienst im Einzelfall dann zum KiFB führt, wenn eine Ausbildung damit verbunden ist.

    Sowieso anerkannt für zivilberufsausbildung (Fahrlehrer), neuere Rechtsprechung auch für Offizierslaufbahn (BFH · Urteil vom 10. Mai 2012 · Az. VI R 72/11 http://openjur.de/u/615499.html in Pressemeldung oft leichtfertig vereinfacht (Wehrdienst = KiGeld).






Mit Wirkung ab dem VZ 2015 hat der Gesetzgeber eine Änderung beschlossen.  Diese Änderung bestimmt, dass Kinder auch während Zwangspausen von höchstens vier Monaten, die zwischen einem Ausbildungsabschnitt und Zeiten der Ableistung eines freiwilligen Wehrdienstesnach § 58b des Soldatengesetzes liegen, im Familienleistungsausgleich zu berücksichtigen sind. Durch diese Gesetzesänderung wird ein Kind, das seine Ausbildung wegen der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes unterbricht, auch für jeweils einen Übergangszeitraum von bis zu vier Monaten sowohl vor als auch nach diesem Dienst berücksichtigt.

Während der Dienstzeit selbst gibt es kein Kindergeld. Das Kind wird hier vom Staat ausreichend versorgt (haha)

Diese Gesetzesänderung gilt aber erst ab dem VZ 2015. Für die davorliegendenVeranlagungsjahr wurde bislang ein Kindergeldanspruch abgelehnt, weil nichts im Gesetz stand. Das ist aber umstritten. Gerichte versuchen, diese Gesetzeslücke zu füllen:

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht, Entscheidung vom 28. Januar 2015 meint, es  soll der freiwillige Wehrdienst  dem gesetzlichen Wehrdienst gleichzustellen sein und somit auch für eine Übergangszeit zwischen der Schulausbildung und Beginn der Ableistung des freiwilligen Wehrdienstes bereits vor 2015 Anspruch auf Kindergeld nach Maßgabe von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b) EStG a.F. bestehen. In vergleichbaren Fällen sollten Entscheidungen offen gehalten werden.




Der vertrackte 16 TzBfG Folgen unwirksamer Befristung

Im letzten Artikel bin ich auf den komplizierte Schriftform-Regelung des § 14 TzBfG eingegangen.

Genauso vertrackt ist aber der § 16 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz)

 Zunächst scheint er ganz einfach: Ist die Schriftform nicht eingehalten, ist der Vertrag nicht unwirksam, sondern es entsteht ein Vertrag auf unbestimmte Zeit. Ein normaler und unbefristeter Arbeitsvertrag also.

Aber:

Wie kann der Arbeitgeber aber nun kündigen? Gelten die normalen Kündigungsfristen? Kann er sofort nach Arbeitsbeginn kündigen? Oder hat der Arbeitnehmer den Vertrauensschutz, dass er nicht vor dem vorgesehenen (wenn auch unwirksam vereinbarten) Ende gekündigt wird?  Und umgekehrt der Arbeitnehmer - kann er auch unter den üblichen Fristen kündigen?

 Und hier wird es kompliziert.

§ 16 regelt das im zweiten Halbsatz von Satz  1 sowie in Satz 2
§ 16 TzBfG:

(Satz 1) Ist die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen; er kann vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist.

(Satz 2) Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden.
Man sollte den Paragrafen bei einer Fallprüfung von hinten her lesen.

§ 16 Satz 2 sagt:

Ist der Vertrag nur deshalb unwirksam, weil man die Schriftform vergessen hat, gilt normales Kündigungsrecht. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer kann sofort zum nächsten Kündigungstermin kündigen (gem. Fristen in § 626 BGB).
§ 16 Satz 1 zweiter Halbsatz sagt:

In anderen Fällen der Unwirksamkeit (z.B. weil kein Sachgrund vorlag, die Zweijahresfrist überschritten wird, die Zweijahres-Regelung wegen eines schon vorhandenen Arbeitsverhältnisses nicht anwendbar war etc etc) gilt:
aa) Arbeitnehmer kann normal kündigen (denn Satz 2 regelt nur die Arbeitgeberkündigung)

bb) das Kündigungsrecht des Arbeitgebers ist eingeschränkt. Der Arbeitnehmer kann sich darauf verlassen, dass er nicht früher gekündigt wird, wie er nach Vertrag hätte gekündigt werden können, bzw. solange die Befristung galt.


(Anmerkung: Der § 16 Satz 2 ist seltsam. Warum der Arbetnehmer bei einem Schriftformmangel keinen Vertrauensschutz für die vorgesehene Zeit bekommt, ist nicht nachvollziehbar, auch die Gesetzesbegründung gibt hierüber keinen Aufschluss. Diese Schlechterstellung wird dementsprechend von den Arbeitsrecht-Kommentatoren kritisiert (Boewer, § 16 Randnummer 18, von Koppenfels, AuA 2001,201, Richardi/Annuß, DB 2000,2205))

Anwendungs-Beispiele:


1. Fall: Befristung 1.1.2013 bis 31.12.2015. Es wurde Schriftform  vergessen. Der Arbeitnehmer weist den Arbeitgeber schon kurz nach Arbeitsantritt darauf hin, dass ein unbefristeter Vertrag vorliegt.

Ergebnis:
  • Der Arbeitgeber kann mit Frist von 4 Wochen zum nächsten Monatsende oder Monatsmitte kündigen, § 626 BGB. Der Arbeitnehmer auch. Regelung: § 16 Satz 2 TzBfG

2. Fall: Befristung 1.1.2013 bis 31.12.2015 ohne besonderen Sachgrund; Schriftform eingehalten.  Es wurde übersehen, dass vorher schon  Arbeitsverhältnis bestand, und daher die Zweijahresregelung nicht greift (natürlich unterstellt, dass kein Existengründerfall vorliegt, siehe § 13 TzBfG).

Ergebnis:
  • Der Arbeitgeber kann frühestens zum 31.12.2015 kündigen (Sperre des § 16 Satz 1,  2. Halbsatz)
  • Der Arbeitnehmer kann  sofort kündigen (normale Rechtslage)

3. Fall: Befristung bis Ende eines Bauprojekts. Vertrag unwirksam wegen anderer Gründe als nur Schriftform.  Ergebnis:
  • Arbeitgeber kann frühestens zum Ende des Bauprojektes kündigen. (Sperre des § 16 Satz 1,  2. Halbsatz)
  •  Der Arbeitnehmer kann  sofort kündigen (normale Rechtslage)

4. Fall Befristung bis Ende Bauprojekt spätestens bis 31.12.2015 (durchaus zulässige Kombination Zweckbefristung und Kalenderbefristung). Der Vertrag ist aus anderen Gründen als nur der Schriftform unwirksam

  • Arbeitgeber kann frühestens bis Ende Bauprojekt, spätestens aber bis 31.12.2015 kündigen. AN hat also den Vertrauensschutz, dass er bis Ende Bauprojekt bzw. bis 31.12.2015 arbeiten darf.
  • Der Arbeitnehmer kann  sofort kündigen (normale Rechtslage)

5. Fall: Befristung bis Ende Bauprojekt, gleichzeitig Kündigungsmöglichkeit für beide Seiten, für Arbeitgeber gilt eine Frist von 6 Wochen.

Ergebnis:
Achtung! Die Kombination Frist + Kündigungsmöglichkeit ist zulässig!
 Das schränkt aber den Vertrauensschutz ein, denn der AN hätte auch so gekündigt werden können, wenn auch mit verängerter 6 Wochen-Frist. Also keine Sperre bis zum Bauprojektende; siehe Gesetzestext § 16 Satz 1,  3. Halbsatz: .... sofern nicht nach § 15 Abs. 3 die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist.)
  • Arbeitgeber kann letztlich mit einer Frist von 6 Wochen kündigen, spätestens zum Ende des Bauprojekts. 
  • Der Arbeitnehmer kann  sofort kündigen (normale Rechtslage)


Sehr ausführlich dazu folgende Leseprobe aus einem Arbeitsrechtkommentar im Nomos-Verlag.



Ein verzwicktes Beispiel, das alle möglichen Probleme aus § 14 und § 16 enthält:


BAG v. 23.04.2009 - 6 AZR 533/08
http://treffer.nwb.de/completecontent/dms/content/000/350/Content/000350613.htm

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob eine in einem formnichtig befristeten Arbeitsverhältnis erklärte ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber aufgrund einer vertraglich vereinbarten Beschränkung des Kündigungsrechts unwirksam ist.

Der Kläger war seit dem 1. Juni 2005 bei der Beklagten, die nicht dem betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ( § 23 KSchG ) unterfällt, als Projektleiter gegen ein monatliches Entgelt von 8.200,00 Euro brutto beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt zu Zweck und Ablauf der Befristung sowie zu den Kündigungsmöglichkeiten während des Laufs der Befristung folgende Regelungen:

"§ 1 Inhalt, Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses

1. Der Arbeitnehmer wird für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis 31. Dezember 2007 als Projekt-Oberbauleiter ... befristet eingestellt.

Zu seinen Aufgaben gehört die Realisierung der Baumaßnahme Wissenschafts- und Kongresszentrum D (WKZ).

Das Arbeitsverhältnis ist aus folgendem Grund befristet:

Grund für die Anstellung von Herrn S ist die Beauftragung der g mit der Objektplanung Gebäude LPH 6-9 bei dem Bauvorhaben Wissenschafts- und Kongresszentrum D. ... Seine Tätigkeit ist einzig und allein auf dieses Projekt bezogen und endet deshalb mit dessen Fertigstellung. Eine Beschäftigung über dieses Projekt hinaus wird von beiden Vertragspartnern nicht beabsichtigt. ...

...

3. Das Arbeitsverhältnis kann aus wichtigem Grund beiderseitig mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden.

...

5. Das Arbeitsverhältnis endet mit der Übergabe der Baumaßnahme WKZ an den Nutzer, spätestens jedoch mit dem 31. Dezember 2007.

...

§ 14 Schriftform, Vertragsänderungen und Bestand des Vertrages

1. Herr S ist verpflichtet, sämtliche Änderungen seiner persönlichen Daten, insbesondere seiner Anschrift, umgehend dem Arbeitgeber mitzuteilen.

2. Mit Abschluss dieses Vertrages werden alle eventuell zuvor mündlich oder schriftlich geschlossenen Vereinbarungen hinfällig.

3. Änderungen, Ergänzungen und Nebenabreden bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform; dies gilt auch für die Aufhebung der Schriftform selbst.

2. Sollten einzelne Vertragsbestimmungen unwirksam sein, so sind sich die Vertragspartner bereits jetzt darüber einig, dass der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt."

Der Arbeitsvertrag führte unter § 2 "Aufgabengebiet und Zuständigkeit" die vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistungen im Einzelnen auf. Dazu gehörten ua. die Leitung und Protokollierung wichtiger Besprechungen sowie die obligatorische Teilnahme an den wöchentlichen Baubesprechungen.

Die Beklagte hatte dem Kläger im Rahmen der Vertragsverhandlungen mit Anschreiben vom 17. Mai 2005 einen von ihr nicht unterzeichneten Vertragsentwurf zugeleitet. Dieser hatte unter § 1 Ziff. 3 und 4 noch folgende Kündigungsregelungen vorgesehen:

"3. Die ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Während der Probezeit ist das Arbeitsverhältnis beiderseitig mit einer Frist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen kündbar. Unberührt bleibt das Recht zur außerordentlichen Kündigung.

4. Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseitig mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden."

Der Kläger kündigte mit Schreiben vom 24. Mai 2005 Änderungswünsche an, die sein Rechtsanwalt der Beklagten mit Schreiben vom 30. Mai 2005 mitteilte und in einem Nachtrag zum Arbeitsvertrag zusammenfasste. Zu § 1 des Vertragsentwurfs ist in diesem Schreiben ausgeführt:

"Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass ein befristeter Arbeitsvertrag als Projektarbeitsvertrag abgeschlossen wird, der befristet ist bis zum 31.12.2007.

Damit bleibt wohl kein Raum mehr für eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende. Hiervon ausgenommen werden soll natürlich eine Kündigung aus wichtigem Grund. Da Herr S bereits für das Projekt seit mehreren Monaten tätig ist, dürfte wohl auch die Probearbeitszeitklausel vollkommen zu streichen sein. Wir haben uns daher erlaubt, in § 1 den Punkt 3 vollständig zu streichen, den Punkt 4 entsprechend den vorgemachten Ausführungen abzuändern. Die endgültige Fassung befindet sich dementsprechend im Nachtrag."

Im Nachtrag ist zu § 1 folgender Änderungswunsch formuliert:

"Die Parteien sind sich darüber einig, dass § 1 Abs. 3 (Probezeit) ersatzlos gestrichen wird. § 1 Abs. 4 wird zwischen den Parteien wie folgt neu gefasst:

Nach Ablauf der Probezeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden."

Die Beklagte änderte daraufhin ihren Vertragsentwurf in der zum Vertragsinhalt gewordenen Weise ab. Weiterer Schriftwechsel oder Gespräche der Parteien über die Kündigungsregelung erfolgten nicht.

Der geänderte Arbeitsvertrag war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei Arbeitsaufnahme des Klägers am 1. Juni 2005 noch nicht von der Beklagten unterzeichnet. Der Kläger unterschrieb den Vertrag am 1. Juni 2005, die Geschäftsführerin der Beklagten am Folgetag.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30. Januar 2007 zum 28. Februar 2007. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 8. Februar 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Eine von der Beklagten vorsorglich ausgesprochene weitere Kündigung zum 31. Dezember 2007 hat der Kläger nicht angegriffen.

Der Kläger hat geltend gemacht, die Parteien hätten mit § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages wegen der enormen Wichtigkeit der Erstellung des Bauwerks vereinbaren wollen, dass das Arbeitsverhältnis nur außerordentlich bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sozialer Auslauffrist gekündigt werden könne. Eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung sei der Beklagten auch nicht durch § 16 Satz 2 TzBfG eröffnet worden. Ohnehin greife diese Bestimmung nicht ein, weil die Befristung nicht ausschließlich wegen des Formmangels nichtig sei. Der Vertragstext sei bezüglich der Befristungsgründe widersprüchlich und hinsichtlich des Befristungsendes nicht hinreichend bestimmt. Daher sei das Transparenzgebot verletzt. Jedenfalls verhalte sich die Beklagte treuwidrig, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit der Befristung wegen der Formnichtigkeit berufe und so dem Kläger den ausdrücklich vereinbarten Bestandsschutz bis zum 31. Dezember 2007 nehme.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 2007 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages die Ansicht vertreten, sie habe ihr Recht zur ordentlichen Kündigung nicht ausschließen wollen. Der Kläger habe sie durch seine falsche Behauptung, eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum Monatsende sei wegen der Befristung unmöglich, zur Änderung der Kündigungsregelung veranlasst. Jedenfalls sei ihr aufgrund der Regelung in § 16 Satz 2 TzBfG eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit eröffnet. Die Befristungsabrede sei hinreichend bestimmt.

Die Beklagte hat die von ihr behauptete wiederholte Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch den Kläger, insbesondere der zur Berichterstattung und Leitung von Besprechungen, im Einzelnen dargelegt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Es hat angenommen, die Parteien hätten vereinbart, dass eine Kündigung nur aus "gewichtigem Grund" erfolgen könne. Diese vertragliche Beschränkung des Kündigungsrechts gelte ungeachtet der formnichtigen Befristung des Arbeitsverhältnisses und werde durch § 16 Satz 2 TzBfG nicht aufgehoben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

Die Revision ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 2007 mit dem 28. Februar 2007 beendet worden.

I. Zwischen den Parteien bestand ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die von ihnen vereinbarte Befristungsabrede genügte dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG nicht. Deshalb war sie nichtig ( § 125 Satz 1 BGB ) mit der Folge, dass der Arbeitsvertrag nach § 16 Satz 1 TzBfG als auf unbestimmte Zeit geschlossen galt.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Parteien mit dem schriftlichen Vertrag nur eine vor Arbeitsaufnahme des Klägers mündlich vereinbarte Befristungsabrede schriftlich niederlegen wollten. Eine von dieser mündlichen Abrede abweichende und damit eigenständige Vereinbarung hätten sie nicht getroffen. Die Beklagte habe den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrages auch nicht von der Unterzeichnung einer Vertragsurkunde durch den Kläger abhängig gemacht, weil sie diesem vor Arbeitsaufnahme lediglich einen nicht von ihr unterschriebenen Vertragsentwurf übersandt habe. Diese festgestellten Tatsachen werden von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und sind deshalb für den Senat bindend ( § 559 Abs. 2 ZPO ). Die Befristungsabrede ist damit auch nach den vom Siebten Senat in seinem Urteil vom 16. April 2008 (- 7 AZR 1048/06 - AP TzBfG § 14 Nr. 46 = EzA TzBfG § 14 Nr. 47 ) entwickelten Grundsätzen formnichtig. Dies steht zwischen den Parteien auch nicht mehr im Streit.

II. Das formnichtig befristete Arbeitsverhältnis konnte von der Beklagten zum 28. Februar 2007 ordentlich gekündigt werden. Die Parteien haben § 16 Satz 2 TzBfG nicht abbedungen.

1. Ist die Befristung rechtsunwirksam und hat der Arbeitgeber von der Möglichkeit des § 15 Abs. 3 TzBfG , sich für die Laufzeit des befristet vereinbarten Arbeitsverhältnisses eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit vorzubehalten, keinen Gebrauch gemacht, so kann nur der Arbeitnehmer zu einem Zeitpunkt vor dem vereinbarten Befristungsende kündigen. Der Arbeitgeber kann dagegen eine ordentliche Kündigung nur mit Wirkung zum Zeitpunkt des ursprünglich geplanten Fristablaufs erklären. Für ihn gilt damit eine Mindestbefristungsdauer ( § 16 Satz 1 TzBfG ).

Treffen die Parteien also keine Vereinbarung über eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit, ist der Arbeitnehmer auch bei Unwirksamkeit der Befristung vor dem Ausspruch einer ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber für die Dauer der beabsichtigten Befristung geschützt.

In diesen Bestandsschutz greift § 16 Satz 2 TzBfG ein. Ist die Befristung nämlich allein wegen fehlender Schriftform gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG unwirksam, können beide Vertragsparteien, also auch der Arbeitgeber, unabhängig von einer Vereinbarung nach § 15 Abs. 3 TzBfG zu einem Zeitpunkt vor dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages ordentlich kündigen.

2. Das Landesarbeitsgericht hat allerdings ausdrücklich offen gelassen, ob die Befristung ausschließlich wegen des Formmangels unwirksam ist oder auch deshalb, weil - wie der Kläger geltend macht - der Befristungsablauf nicht hinreichend klar bestimmt ist. Auch in letzterem Fall findet § 16 Satz 1 TzBfG jedoch keine Anwendung. Vielmehr kann der Arbeitgeber auch das nicht hinreichend bestimmbar befristete Arbeitsverhältnis jederzeit ordentlich kündigen. Ist das Ende der Befristung nicht bestimmbar, kann die Rechtsfolge des § 16 Satz 1 TzBfG nicht greifen, der Arbeitgeber also nicht an eine Mindestbefristungsdauer gebunden sein, weil gerade nicht festzustellen ist, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis enden sollte. Nach überwiegender Ansicht ist deshalb die Unwirksamkeit der Befristung wegen mangelnder Bestimmtheit des Befristungsendes wie ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu behandeln. In diesen Fällen kann das Arbeitsverhältnis also von beiden Arbeitsvertragsparteien jederzeit nach den allgemeinen Regeln ordentlich gekündigt werden (APS/Backhaus 3. Aufl. § 16 TzBfG Rn. 2; MHH/Meinel 3. Aufl. § 16 Rn. 10; Arnold/Gräfl/Spinner TzBfG 2. Aufl. § 16 Rn. 13; vgl. auch Dörner Der befristete Arbeitsvertrag Rn. 969). Andere wollen dagegen § 16 Satz 2 TzBfG analog anwenden (vgl. KR/Lipke 9. Aufl. § 16 TzBfG Rn. 11 mwN). Welcher der beiden vertretenen Auffassungen der Vorzug zu geben ist, kann dahinstehen, weil sich daraus keine unterschiedlichen Rechtsfolgen ergeben.

3. Die Parteien haben mit § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages die gesetzliche Regelung in § 16 Satz 2 TzBfG nicht abbedungen.

a) Von den Bestimmungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes darf nach § 22 Abs. 1 TzBfG grundsätzlich zu Gunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (APS/Backhaus 3. Aufl. § 22 TzBfG Rn. 3; KR/Bader 9. Aufl. § 22 TzBfG Rn. 4; ErfK/Müller-Glöge 9. Aufl. § 22 TzBfG Rn. 1). Hat sich der Arbeitgeber gemäß § 15 Abs. 3 TzBfG das Recht zur ordentlichen Kündigung vorbehalten, so gilt dieses Kündigungsrecht nach § 16 Satz 1 TzBfG auch bei Unwirksamkeit der Befristungsabrede weiter. Die gesetzliche Regelung eröffnet also die Möglichkeit, zu Ungunsten des Arbeitnehmers von der grundsätzlich vom Arbeitgeber einzuhaltenden Mindestvertragsdauer abzuweichen (vgl. APS/Backhaus 3. Aufl. § 22 TzBfG Rn. 44). Umgekehrt schließt § 16 Satz 2 TzBfG als Teilregelung einer Arbeitnehmerschutznorm es nicht aus, zu Gunsten des Arbeitnehmers von der dem Arbeitgeber durch diese Bestimmung eröffneten Möglichkeit abzuweichen, den Arbeitsvertrag bei Formnichtigkeit vor dem vereinbarten Ende ordentlich, dh. unter Einhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist und der sonstigen Kündigungsvorschriften, insbesondere des Kündigungsschutzgesetzes, zu kündigen (zu dieser Definition der Grenzen des Kündigungsrechts BT-Drucks. 14/4625 S. 21). § 16 Satz 2 TzBfG ist lediglich eine einseitig zwingende Vorschrift (vgl. grds. zum BeschFG 1985 BAG 25. September 1987 - 7 AZR 315/86 - BAGE 56, 155, 162 ff.). Den Arbeitsvertragsparteien steht es deshalb frei, dem Arbeitnehmer durch eine vertragliche Vereinbarung den vom Gesetz als Normalfall bei Unwirksamkeit einer Befristung vorgesehenen Bestandsschutz für die Dauer der ursprünglich beabsichtigten Befristung auch bei Formnichtigkeit der Befristung zu verschaffen.

b) Die Parteien wollten mit § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages jedoch die Rechtsfolgen einer Formunwirksamkeit der von ihnen beabsichtigten Befristung nicht abweichend von § 16 Satz 2 TzBfG regeln. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie bei Vereinbarung dieser vertraglichen Bestimmung den Fall der Formnichtigkeit der Befristung bedacht haben und mit § 1 Ziff. 3 des Vertrages abweichend vom Gesetz regeln wollten. Dies hat das Landesarbeitsgericht bei der Auslegung dieser Bestimmung nicht hinreichend berücksichtigt.

aa) § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages der Parteien ist eine Individualabrede, die nur einer beschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt. Diese Bestimmung ist auf die konkreten Verhältnisse der Parteien und nicht für eine Vielzahl von Verträgen zugeschnitten. Da die Klausel im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt worden ist, liegt auch keine Einmalbedingung iSd. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB vor.

bb) Die Auslegung nicht typisierter Verträge ist Aufgabe des Tatsachengerichts. Werden die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, dass und welche Erklärungen abgegeben worden sind, wie hier nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, sind sie für das Revisionsgericht bindend, § 559 Abs. 2 ZPO (vgl. BAG 13. Juli 1956 - 1 AZR 492/54 - BAGE 4, 360, 364 ff.). Das Revisionsgericht prüft in derartigen Fällen deshalb nur, ob bei der Auslegung einer Willenserklärung die Rechtsvorschriften über die Auslegung richtig angewandt worden sind, ob der Tatsachenstoff vollständig verwertet worden ist, ob bei der Auslegung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden ist, ob eine gebotene Auslegung unterlassen worden ist (vgl. BAG 20. Februar 2008 - 4 AZR 64/07 - Rn. 23, AP GG Art. 9 Nr. 134 = EzA GG Art. 9 Nr. 94 ) und ob die Auslegung rechtlich möglich ist ( BAG 13. Dezember 2006 - 10 AZR 787/05 - Rn. 18, AP ZPO § 278 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 779 Nr. 3 ).

cc) Auch diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält jedoch die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung, die unter § 1 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages vereinbarte Kündigungsbeschränkung gelte ungeachtet der formunwirksamen Befristung des Arbeitsverhältnisses, nicht stand. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist gemäß § 133 BGB ausgehend vom Wortlaut der Erklärung der wirkliche Wille der Parteien zu erforschen. Das Landesarbeitsgericht hat die für die Ermittlung dieses Willens bedeutsamen Tatsachen nicht vollständig berücksichtigt.

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Parteien hätten sich wechselseitig lediglich das Recht zur ordentlichen Kündigung aus einem "gewichtigen Grund" eingeräumt. Damit hat es an eine Formulierung in der Entscheidung des Zweiten Senats vom 25. Februar 1998 (- 2 AZR 279/97 - BAGE 88, 131, 140) angeknüpft. Ob eine derartige Kündigungsbeschränkung wirksam wäre, kann dahinstehen (offengelassen auch von BAG 25. Februar 1998 - 2 AZR 279/97 - BAGE 88, 131, 141). Ebenso kann offenbleiben, ob die Parteien für die Dauer der beabsichtigten Befristung eine derartige Kündigungsbeschränkung tatsächlich vereinbaren wollten, obwohl jeder Anhaltspunkt dafür fehlt, wie sie einen "gewichtigen" Grund von dem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB einerseits und den zur sozialen Rechtfertigung nach § 1 KSchG führenden Gründen andererseits abgrenzen wollten (vgl. zu den Abgrenzungsschwierigkeiten bei einer außerordentlichen Kündigung aus minderwichtigem Grund: KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 306; vgl. auch BAG 7. März 2002 - 2 AZR 173/01 - zu II 2 f der Gründe, AP BGB § 620 Schuldrechtliche Kündigungsbeschränkung Nr. 6 = EzA BGB § 626 nF Nr. 196). Ob § 1 Ziff. 3 des Vertrages einen solchen, notwendig zu Auslegungszweifeln und (Rechts-)Streitigkeiten führenden Inhalt hat, erscheint angesichts des Auslegungsgrundsatzes, dass Parteien vernünftige, in sich widerspruchsfreie Regelungen treffen wollen, die in den Grenzen des Gesetzes sachgerecht sind ( BGH 5. April 1993 - II ZR 238/91 - zu III der Gründe, BGHZ 122, 211; 14. März 2003 - V ZR 278/01 - NJW-RR 2003, 1136), zweifelhaft. Die Vereinbarung könnte auch als Klarstellung des gesetzlichen Regelfalls, wonach der befristete Arbeitsvertrag nicht ordentlich gekündigt werden kann, zu verstehen sein.

Im Übrigen würde die vom Landesarbeitsgericht befürwortete Auslegung einer Anwendung des § 16 Satz 2 TzBfG nicht entgegenstehen. Wenn nach dieser Vorschrift der Arbeitgeber selbst im Fall des vollständig fehlenden Vorbehalts der ordentlichen Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses ( § 15 Abs. 3 TzBfG ) gleichwohl zur ordentlichen Kündigung berechtigt sein soll, muss dies im Grundsatz erst recht dann gelten, wenn immerhin die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung aus einem "gewichtigen Grund" vertraglich vereinbart wurde. Ein darüber hinausgehender Wille der Vertragsparteien, § 16 Satz 2 TzBfG auszuschließen, bedürfte eindeutiger Anhaltspunkte.

(2) § 1 Ziff. 3 des Vertrages lässt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht der Wille der Parteien entnehmen, das ordentliche Kündigungsrecht auch bei Unwirksamkeit der Befristungsabrede in irgendeiner Weise zu beschränken. Im Gegenteil haben die Parteien die zum Vertragsinhalt gewordene Kündigungsregelung gerade wegen der Befristung getroffen. Das ergibt sich aus dem Schreiben des Vertreters des Klägers vom 30. Mai 2005. Darin wird der Wunsch des Klägers zur Abänderung der in dem ihm übersandten Vertragsentwurf enthaltenen Kündigungsregelung wie folgt begründet:

"Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass ein befristeter Arbeitsvertrag als Projektarbeitsvertrag abgeschlossen wird, der befristet ist bis zum 31.12.2007.

Damit bleibt wohl kein Raum mehr für eine Kündigungsfrist von 4 Wochen zum Monatsende."

Danach ist die Kündigungsregelung vom Kläger ausschließlich im Hinblick auf die beabsichtigte Befristung bis zum 31. Dezember 2007 vorgeschlagen worden und mit den von der Beklagten vorgenommenen Änderungen Vertragsinhalt geworden. Aus den Vertragsverhandlungen ergeben sich keine Anhaltspunkte für den Willen der Parteien, dem Kläger unabhängig von der Einhaltung der für die Befristungsabrede erforderlichen Schriftform Bestandsschutz für die Dauer des Projektes, für das er eingestellt worden ist, zu verschaffen. Das Recht der Beklagten zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung sollte allenfalls wegen der beabsichtigten Befristung beschränkt werden. Den Fall der Formnichtigkeit der Befristung haben die Parteien dabei nicht bedacht. Eine etwaige Einschränkung des Kündigungsrechts war deshalb wegen der Nichtigkeit der Befristungsabrede obsolet.

(3) Aus § 14 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages (dort infolge eines Schreibversehens als § 14 Ziff. 2 bezeichnet) ergibt sich nichts anderes. Es handelt sich um eine salvatorische Erhaltensklausel. Solche im Geschäftsleben üblichen Klauseln besagen nicht, dass die von dem Nichtigkeitsgrund nicht unmittelbar erfassten Teile des Geschäfts unter allen Umständen - begrenzt allein durch den ordre public - als wirksam behandelt werden sollen. Sie regeln vielmehr lediglich die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Rahmen der wegen § 139 BGB stets erforderlichen Prüfung, ob die Parteien das teilnichtige Geschäft hinsichtlich des Restes hätten aufrecht erhalten wollen ( BGH 24. September 2002 - KZR 10/01 - NJW 2003, 347). Welche Folge die Formnichtigkeit der Befristungsabrede für den Arbeitsvertrag im Übrigen hat, ergibt sich aus der Fiktion des § 16 Satz 1 TzBfG . Rückschlüsse auf den Willen der Parteien über die Auswirkungen der Nichtigkeit der Befristungsabrede auf etwa vereinbarte Beschränkungen des ordentlichen Kündigungsrechts lässt § 14 Ziff. 4 des Arbeitsvertrages nicht zu.

III. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar ( § 561 ZPO ). Die Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 2007 ist wirksam.

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfiel unstreitig nicht dem Kündigungsschutzgesetz. Die Kündigung ist auch nicht treuwidrig ( § 242 BGB ). In einem Kleinbetrieb ist der Arbeitnehmer vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt. Dabei haben die Arbeitsgerichte bei der Anwendung der zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 242, 138 BGB den objektiven Gehalt der Grundrechte, hier vor allem Art. 12 Abs. 1 GG , zu beachten. Allerdings darf dieser Schutz nicht so weit reichen, dass dem Kleinunternehmer praktisch die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden. Verlangt wird vom Arbeitgeber im Kleinbetrieb vielmehr nur ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme ( BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 3 b cc der Gründe, BVerfGE 97, 169).

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer. Dabei ist durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. In einem ersten Schritt muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu seiner Kündigung geführt haben, nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Sodann muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften (Senat 24. Januar 2008 - 6 AZR 96/07 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 7).

Der Kläger hat auch unter Berücksichtigung dieser abgestuften Darlegungs- und Beweislast nicht hinreichend dargelegt, dass die Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 2007 treuwidrig sein könnte. Er hat sich darauf beschränkt, die Kündigungsgründe zu bestreiten, die die Beklagte substantiiert und unter Beifügung von Urkunden zur Untermauerung der behaupteten Vertragspflichtverletzungen des Klägers vorgetragen hat. Im Kleinbetrieb muss der Arbeitgeber die von ihm ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht begründen, solange der Arbeitnehmer keine Tatsachen vorgetragen hat, die für die Treuwidrigkeit der Kündigung sprechen ( BAG 16. Januar 2003 - 2 AZR 609/01 - zu B III 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Gemeinschaftsbetrieb Nr. 1 = EzA KSchG § 23 Nr. 25 ). Nachdem die Beklagte gleichwohl die Kündigungsgründe substantiiert dargelegt hatte, hätte der Kläger, um seiner Darlegungslast zu genügen, im Einzelnen vortragen müssen, dass und aus welchen Gründen die Kündigung treuwidrig sein soll.

2. Die Kündigung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte dem Kläger vor ihrem Ausspruch keine Abmahnung erteilt hat. Außerhalb des besonderen Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses, den das Kündigungsschutzgesetz gewährt, gilt das Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht. Deshalb findet das daraus hergeleitete Erfordernis, vor Ausspruch einer ordentlichen Kündigung eine Abmahnung zu erteilen, im Kleinbetrieb in der Regel keine Anwendung (vgl. BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - zu B III 3 e der Gründe, AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4; 21. Februar 2001 - 2 AZR 579/99 - BAGE 97, 141, 148 f.; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 258).

Die Beklagte hat sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts mit der Kündigung auch nicht in Widerspruch zu ihrem bisherigen Verhalten gesetzt (vgl. BAG 28. August 2003 - 2 AZR 333/02 - zu B III 3 e der Gründe, AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 4). Auch wenn sie auf frühere Vertragspflichtverletzungen des Klägers nicht mit einer Kündigung reagiert hatte, war sie vor der Kündigung nicht zum Ausspruch einer Abmahnung verpflichtet. Die Beklagte hatte dem Kläger bereits vor Beginn des Arbeitsverhältnisses in ihrem Schreiben vom 17. Mai 2005 deutlich gemacht, dass, warum und welchen besonderen Einsatz sie von ihm erwartete. Die an den Kläger gestellten Anforderungen hatte sie im Einzelnen unter § 2 des Arbeitsvertrages aufgeführt. Daraus konnte der Kläger erkennen, welche Leistung von ihm zu erbringen war und dass sein Verhalten vertragswidrig war (vgl. KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 266 mwN). Angesichts der von der Beklagten vorgetragenen besonderen, dem Kläger erkennbaren Bedeutung der Baubesprechungen vom 17. und 24. Januar 2007 hätte er darlegen müssen, weshalb er gleichwohl davon ausgehen konnte, dass die Beklagte sein unentschuldigtes Fehlen bei diesen Besprechungen wie in der Vergangenheit dulden werde.

3. Die Beklagte hat dem Kläger keinen Anlass gegeben, davon auszugehen, dass auch bei Formnichtigkeit der Befristung eine Kündigungsbeschränkung gelten solle und damit keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand geschaffen (vgl. BAG 16. September 2004 - 2 AZR 659/03 - AP BGB § 623 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 623 Nr. 1 ). Auch insoweit hat sie sich deshalb mit der Erklärung der Kündigung vom 30. Januar 2007 nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise in Widerspruch zu ihrem früheren Verhalten gesetzt.

IV. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.