Freitag, 29. Juli 2011

Wann ist Grundstücksbebauung und -verkauf Gewerbe?

Ein interessantes BFH-Urteil für Steuerpraxis und Steuerfachausbildung und natürlich BWL-Studenten!

Ein altes Problem ist die Frge, ob, warum und wann die Bebauung und Verkauf von Grundstücken zu einem Gewerbe wird, die erzielten Erlöse also der Einkunftsart "E. a. Gewerbebetrieb" unterliegen. Das Problem ist, dass zur Gewerbedefinition auch gehört, dass es sich um keine Vermögensverwaltung handelt. Darunter stellt man sich z.B. vor: die Bebauung eines geerbten oder auch eigens dafür gekauften Grundstücks durch einen Privatmann mit mehreren  Häusern zum Zwecke der Vermietung. Das wäre bloße Fruchtziehung aus seinem Vermögen, entstehende "Gewinne" unterliegen der Einkunftsart "E. a. Vermietung und Verpachtung". Ein Gewerbe will man darin nicht sehen. Auch wenn das Grundstück nicht vermietet, sondern alsbald verkauft wird oder werden soll, rutscht man noch nicht automatisch in ein Gewerbe. Bebaut man das Grundstück mit 10 Häusern, um sie alsbald zu verkaufen, nimmt das Finanzamt ein "Gewerbe" an, auch wenn der Grundstückseigentümer sonst nicht als "Bauunternehmer" auf dem Markt auftritt.
Das ist das Ausgangsproblem. Aber wo zieht man die Grenze? Hier hat die Rechtsprechung und Verwaltung die Drei-Objekte-Regel als Faustregel eingeführt: Verkauf von mehr als 3 Objekten innerhalb von fünf Jahren indiziert Gewerbe.

Ein aktuelles Urteil des BFH betrifft zwar laut Tenor nur einen Spezialfall, nämlich die Bebauung eines Grundstück mit mehreren Häusern und anschließendem Verkauf "in einem Stück", aber es gibt in einer schönen Zusammenfassung die Einzelheiten über die Rechtslage in diesem Bereich wieder und ist deshalb Studenten oder Auszubildenden empfohlen.

Hier ist das Urteil, ungekürzt. Beachte, dass die eigentliche Begründung erst ab römisch II beginnt. Die Hervorhebungen sind von mir.


BFH 5. Mai 2011, IV R 34/08


Ein ungeteiltes Grundstück mit fünf freistehenden Mehrfamili­enhäusern ist nur ein Objekt im Sinne der zur Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel dienen­den Drei-Objekt-Grenze.

EStG § 15 Abs. 2, FGO § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, Abs. 2, § 118 Abs. 2

Gründe

I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GbR, die durch Gesellschaftsvertrag vom 15. April 1993 gegründet wurde. Mit Beschluss vom 29. August 1995 wurde sie aufgelöst. Seither befindet sie sich in Liquidation. Gesellschafterinnen und Liquidatorinnen sind Frau M und Frau S, jeweils mit einem Gewinnanteil von 50 %.

Im Jahr 1993 erwarb die Klägerin ein aus drei Flurstücken be­stehendes, insgesamt 4 668 qm großes Grundstück in A. Das Grundstück ging zum 31. Oktober 1993 auf die Klägerin über. Bereits am 16. Juli 1993 war die­ser die Baugenehmigung zur Errichtung von fünf Mehrfamilien­häusern mit insgesamt 36 Wohnungen erteilt worden. Architekt war der Ehemann von Frau S, die Bauleitung übernahm der Ehe­mann von Frau M als Bauunternehmer. Die Errichtung der Woh­nungen wurde öffentlich gefördert.

Mit Schreiben vom 1. September 1994 bot ein Makler einem Inte­ressenten die fünf Mehrfamilienhäuser für ... DM ein­schließlich Courtage an. Die Fertigstellung sollte Ende 1994 erfolgen. Die voraussichtliche Nettomiete für eine Wohnfläche von 2 268 qm war mit ... DM angegeben; durch auf zehn Jahre festgeschriebene öffentliche Darlehen sollte sich ein anfänglicher jährlicher Zinsvorteil von circa ... DM erge­ben.

Kurz vor Fertigstellung der Wohnungen veräußerte die Klägerin dem Interessenten das Grundstück mit Kaufvertrag vom 15. November 1994 zum 31. Dezember 1994 für ... DM. Die Klägerin verpflichtete sich, die Häuser schlüsselfertig zu errichten und eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) zu beschaffen. Weiterhin über­nahm sie die Verpflichtung, das Kaufobjekt bis zum Ablauf des 31. Dezember 1995 vollvermietet zu übergeben, und garantierte dem Käufer für die Jahre 1995 und 1996 eine Nettokaltmiete in Höhe von monatlich ... DM zuzüglich der von den Mietern zu tragenden Nebenkosten unter der Voraussetzung, dass der Käufer mit dem Ehemann der Frau M oder dessen Baubetreuungsge­sellschaft für diese Jahre einen Verwaltervertrag bezüglich der 36 Wohnungen abschloss. Außerdem übernahm die Klägerin die Gewährleistung nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bau­leistungen, wobei die für bestimmte Leistungen geltende zwei­jährige Verjährungsfrist auf fünf Jahre verlängert wurde.

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) für das Streitjahr (1994) zunächst einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung festgestellt hat­te, gelangte er nach einer Betriebsprüfung zu der Ansicht, die Klägerin sei gewerblich tätig gewesen. Nunmehr stellte das FA für das Streitjahr positive Einkünfte aus Gewerbebetrieb fest.

Dagegen erhob die Klägerin Einspruch. Die Wohnungen hätten dauerhaft vermietet werden sollen, um den Gesellschafterinnen eine angemessene Altersversorgung bieten zu können. Als Haus­frauen hätten sie nur eine relativ geringe Rente zu erwarten.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Klägerin habe einen gewerblichen Grund­stückshandel betrieben. Im Streitfall sei bereits die Drei-Ob­jekt-Grenze überschritten, weil die Klägerin fünf jeweils freistehende Mehrfamilienhäuser habe bauen lassen und das Grundstück mit sämtlichen aufstehenden Mehrfamilienhäusern schon circa 15 Monate nach dessen Erwerb veräußert habe. Unab­hängig davon sprächen aber weitere Umstände für eine insgesamt gewerbliche Betätigung der Klägerin. Die Veräußerung sei von Anfang an im Sinne einer ernsthaft zu verfolgenden Option ein­geplant worden. Ein Anzeichen dafür sei der enge zeitliche Zu­sammenhang zwischen Grundstückskauf, Bebauung und Verkauf. Zeugenaussagen des Maklers und die äußeren Umstände ließen darauf schließen, dass die Veräußerung schon sehr frühzeitig geplant gewesen sei. Dafür sprächen auch die detaillierten An­gaben im Angebot des Maklers vom 1. September/18. Oktober 1994, die darauf schließen ließen, dass nicht lediglich bei­läufig über eine mögliche Veräußerung gesprochen worden sei. Zwar sei das Objekt zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits weitge­hend fertiggestellt gewesen; gleichwohl sei den Restarbeiten mehr als eine lediglich untergeordnete Bedeutung zugekommen. Von Bedeutung seien auch die Gewährleistung für fünf Jahre und die Mietgarantie für zwei Jahre. Das Urteil ist in Entschei­dungen der Finanzgerichte 2008, 1723 veröffentlicht.

Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

Das FG habe gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung und gegen die Verpflichtung zur Berücksichtigung des Gesamtergeb­nisses des Verfahrens verstoßen (§ 96 Abs. 1 Satz 1 der Fi­nanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) sowie darüber hinaus den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt (§ 96 Abs. 2 FGO).

In der Sache habe das FG zu Unrecht angenommen, dass die Klä­gerin mehr als drei Objekte veräußert habe, weil sie fünf je­weils freistehende Mehrfamilienhäuser habe bauen lassen. Denn sachenrechtlich habe es sich im Zeitpunkt der Veräußerung und auch danach um ein Grundstück gehandelt. Bewertungsrechtlich sei auch das FA ausweislich des Einheitswertbescheides von ei­ner Einheit ausgegangen. Der dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 3. August 2004 X R 40/03 (BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35) zugrunde liegende Sachverhalt sei mit dem hier vor­liegenden Streitfall nicht vergleichbar, weil es dort um meh­rere Grundstücke in verschiedenen Straßen gegangen sei, die zudem auch noch zu verschiedenen Zeitpunkten erworben oder veräußert worden seien.

Soweit das FG alternativ von nur einem Objekt ausgegangen sei, habe es an der erforderlichen unbedingten Veräußerungsabsicht gefehlt. Das Angebot des Maklers erlaube keine andere Beurtei­lung, weil es mit der Veräußererseite nicht abgesprochen wor­den sei. Die Klägerin habe auch keine Zusatzleistungen von we­sentlicher Bedeutung zugesagt, die auf eine von vornherein be­stehende unbedingte Veräußerungsabsicht schließen ließen. Das ergebe sich aus den vom FG unzureichend gewürdigten Zeugenaus­sagen. Die Klägerin sei nicht aus eigenem Antrieb tätig gewor­den.

Die Klägerin beantragt,
den geänderten Feststellungsbescheid für 1994 vom 6. Januar 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2003 aufzuheben.

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sämtliche Objekte seien vorliegend noch in der Bauphase veräu­ßert worden. Es habe sich deshalb um eine selbständige, nach­haltige Tätigkeit gehandelt, bei der die Klägerin am allgemei­nen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen habe. Dies habe das FG in revisionsrechtlich bindender Weise festgestellt. Jeden­falls habe die Klägerin gewerbliche Einkünfte erzielt, weil die Baubetreuungsgesellschaft als verdeckte Mitunternehmerin anzusehen sei. Diese sei zwar keine stimmberechtigte Gesell­schafterin der Klägerin gewesen, jedoch laut Gesellschaftsver­trag deren Geschäftsführerin und Vertreterin. Sie habe über Mitunternehmerinitiative verfügt. Außerdem habe sie Mitunter­nehmerrisiko getragen, weil sich entweder aus verdeckten Abre­den oder aus dem fehlenden Entgelt für geleistete Dienste ein Ertragsrisiko ergeben habe. Hinzu komme ein Kapitalrisiko, weil sie ohne entsprechende Vergütung einen wesentlichen Bei­trag zur Kapitalausstattung der Klägerin geleistet habe und von internen Abreden auszugehen sei.

Das FG habe die Sachaufklärungspflicht verletzt, indem es eine Beteiligung von Frau S und Herrn M an einem weiteren, größeren Objekt sowie weitere Beteiligungen von Frau S nicht aufgeklärt habe. Hilfsweise macht das FA geltend, das angefochtene Urteil verstoße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfah­rungssätze, so­weit es eine von Anfang an bestehende unbedingte Veräußerungs­absicht verneint habe.


(Ab hier die eigentliche Begründung; die obigen Rechtsmeinungen waren nur die Meinungen der Parteien):


II.
Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Ur­teil war aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Zwar beruht das angefochtene Urteil nicht auf einem Verstoß gegen Verfahrensvorschriften (dazu nachfol­gend unter II.1.). Entgegen der Auffassung des FG hat die Klä­gerin jedoch nicht mehr als drei Objekte veräußert und keinen gewerblichen Grundstückshandel betrieben (dazu nachfolgend un­ter II.2.).

1. Das FG hat weder gegen seine Verpflichtung verstoßen, das Gesamtergebnis des Verfahrens zu berücksichtigen, noch hat es den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör oder die Sach­aufklärungspflicht verletzt.

a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO entscheidet das Ge­richt nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfah­rens gewonnenen Überzeugung. Das FG muss neben dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung auch den gesamten Akteninhalt und das Ergebnis von Beweiserhebungen jeglicher Art berücksichti­gen (vgl. Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 96 Rz 11; Fu in Schwarz, FGO § 96 Rz 12, jeweils m.w.N.).

b) Das angefochtene Urteil genügt diesen Anforderungen.

aa) Das FG hat auf das Vernehmungsprotokoll mit den Aussagen der Ehemänner der Gesellschafterinnen der Klägerin und die darauf folgenden Stellungnahmen der Beteiligten ausdrücklich Bezug genommen (S. 5 der Urteilsreinschrift), wie die Klägerin selbst vorgetragen hat; es hat sie also zur Kenntnis genommen. Soweit das FG diese Aussagen seiner Entscheidung nicht zu Grunde gelegt hat, hält es sich im Rahmen der dem Gericht ob­liegenden freien Beweiswürdigung. Grund dafür ist im Übrigen erkennbar das Näheverhältnis dieser Zeugen zur Klägerseite, wie sich aus der Würdigung der (schriftlichen) Aussage des Käufers im angefochtenen Urteil entnehmen lässt.

bb) Die Aussage des Maklers hat das FG ebenfalls berücksich­tigt. Das ergibt sich aus der Bezugnahme (S. 5 der Urteils­reinschrift); darüber hinaus hat sich das FG damit auch aus­drücklich auseinandergesetzt (S. 9 der Urteilsreinschrift). Unerheblich ist, dass es ihr in bestimmten, von der Klägerin für wesentlich gehaltenen Punkten nicht gefolgt ist. Denn in­soweit hält sich das FG ebenfalls im Rahmen der revisions­rechtlich nicht zu beanstandenden freien Beweiswürdigung.

c) Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst nach § 96 Abs. 2 FGO in erster Linie das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern und dem Gericht auch in rechtlicher Hinsicht alles vorzutragen, was sie für wesent­lich halten, sowie Anträge zu stellen. Diesen Ansprüchen ent­spricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen und Anträge zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (Gräber/ Ruban, a.a.O., § 119 Rz 10a; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 119 FGO Rz 183, jeweils m.w.N).

d) Auch diese Pflicht hat das FG nicht verletzt.

aa) Es war Sache der Klägerin, sich zu den entscheidungserheb­lichen Fragen zu äußern, soweit sie dies für erforderlich hielt. Eines besonderen Hinweises an die fachkundig vertretene Klägerin auf die Bedeutung des zeitlichen Zusammenhangs zwi­schen Erwerb und Veräußerung des Grundstücks bedurfte es daher nicht. Soweit das FG dem Vorbringen der Gesellschafterinnen der Klägerin und den Aussagen ihrer Ehemänner sowie teilweise der Aussage des Maklers nicht gefolgt ist, ist dies erkennbar nicht auf eine fehlende Kenntnisnahme, sondern auf eine andere Beweiswürdigung zurückzuführen.

bb) Die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG bindet den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO, wenn sie zumindest möglich ist (BFH-Urteil vom 5. September 2000 IX R 33/97, BFHE 192, 559, BStBl II 2000, 676, unter II.2.a (3), m.w.N.). Daran fehlt es nur, wenn sie in sich widersprüchlich, lückenhaft oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesichertes Erfahrungswissen verstößt oder ihr zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung zu Grunde liegen (BFH-Urteile vom 18. Juni 1993 V R 101/88, BFH/NV 1994, 746; vom 23. August 1994 VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572; vom 9. Juli 2003 IX R 30/00, BFH/NV 2004, 1382). Derartige Verstöße liegen jedoch nicht vor; sie ergeben sich weder aus dem Vortrag der Klägerin und des FA noch aus den Ak­ten. Darin, dass das FG die Beweise anders gewürdigt hat, als die Klägerin oder das FA es für richtig halten, liegt kein Verfahrensfehler.

e) Auch die vom FA erhobene Rüge mangelnder Sachaufklärung greift nicht durch. Das FA hätte sie bereits vor dem FG gel­tend machen müssen, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hielt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Be­schluss vom 10. Oktober 2007 IV B 130, 131/06, BFH/NV 2008, 233). Zwar ist das FA als Revisionsbeklagter grundsätzlich be­fugt, sog. Gegenrügen zu erheben (vgl. BFH-Urteil vom 19. März 1970 IV R 72/69, BFHE 99, 218, BStBl II 1970, 497). Da für die Zulässigkeit dieser Rügen die gleichen Anforderungen wie für Verfahrensrügen des Revisionsklägers gelten (vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 2004 II R 43/01, BFH/NV 2004, 922, m.w.N.), können im Wege der Gegenrüge nur solche Tatsachen in das Revi­sionsverfahren eingeführt werden, die nicht aufgrund der pro­zessualen Mitwirkungspflicht schon vor dem FG hätten geltend gemacht werden können und müssen (vgl. BFH-Urteil vom 4. Mai 1977 I R 27/74, BFHE 123, 20, BStBl II 1977, 802). Das FA hat nicht dargetan, dass es schon vor dem FG wenigstens hilfsweise auf die nunmehr für aufklärungsbedürftig gehaltenen Tatsachen hingewiesen hat. Soweit es sich daran durch das Steuergeheim­nis gehindert sah, kann dem nicht gefolgt werden (vgl. § 30 Abs. 4 Nr. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑); im Übrigen gelten in­soweit im vorliegenden Revisionsverfahren keine anderen Maß­stäbe. Auf die Entscheidungserheblichkeit der für aufklärungs­bedürftig gehaltenen Tatsachen ‑‑gegen die erhebliche Bedenken bestehen‑‑ kommt es daher nicht an.

2. Der Senat folgt dem FG jedoch nicht darin, dass die Kläge­rin einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben hat.

a) Nach § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes ist Gewerbebe­trieb eine selbständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Teil­nahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Da­rüber hinaus hat die Rechtsprechung das negative Erfordernis aufgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um private Vermögensverwaltung handeln darf (BFH-Urteil vom 19. Februar 2009 IV R 8, 9/07, BFH/NV 2009, 923, unter II.B. der Gründe, m.w.N.).

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird bei Grund­stücksverkäufen die Grenze von der privaten Vermögensverwal­tung zum Gewerbebetrieb überschritten, wenn nach dem Gesamt­bild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrs­auffassung die Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (z.B. durch Selbstnutzung oder Vermietung) entscheidend in den Vor­dergrund tritt (u.a. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622, unter II.3.b aa der Gründe, m.w.N.). Die typischen gewerblichen Tätigkeiten im Zusammen­hang mit der Veräußerung von Grundstücken unterscheiden sich von der privaten Vermögensverwaltung durch die beim Erwerb oder zum Zeitpunkt der Bebauung bestehende Veräußerungsabsicht (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.1., C.III.2. und C.III.4. der Gründe).

bb) Zur Konkretisierung dieser Unterscheidung hat der BFH für den Bereich des gewerblichen Grundstückshandels mit Urteil vom 9. Dezember 1986 VIII R 317/82 (BFHE 148, 480, BStBl II 1988, 244) die sog. Drei-Objekt-Grenze eingeführt (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.2. der Gründe). Sie dient der Beurteilung der Gewerblichkeit von Grundstücksverkäufen und ist ein gewichti­ges Indiz für oder gegen eine von Anfang an bestehende Veräu­ßerungsabsicht (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 2002 IV R 57/01, BFHE 201, 169, BStBl II 2003, 291, unter 2.a der Gründe).

(1) Danach liegt in der Regel ein gewerblicher Grundstückshan­del vor, sofern mehr als drei Objekte innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren zwischen Anschaffung und Verkauf veräußert werden (u.a. BFH-Urteil in BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622, unter II.3.b aa der Grün­de).


Entsprechendes gilt bei der Bebauung von Grundstücken (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.3. und C.III.5. der Gründe). In die­sen Fällen ist der Zeitraum zwischen der Errichtung der Ob­jekte einerseits und ihrem Verkauf andererseits maßgeblich (u.a. BFH-Urteil vom 18. September 2002 X R 183/96, BFHE 200, 293, BStBl II 2003, 238; BFH-Beschluss vom 28. Juli 2005 X B 21/05, BFH/NV 2005, 1806, unter 2.a der Gründe).


Trotz Überschreitens der Drei-Objekt-Grenze ist ein gewerblicher Grundstückshandel nicht anzunehmen, wenn eindeutige Anhalts­punkte gegen eine von Anfang an bestehende Veräußerungsabsicht sprechen, die derartig gewichtig erscheinen, dass einer im Grunde stets bestehenden bedingten Veräußerungsabsicht keine Bedeutung zukommt (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.5. der Gründe).

(2) Der Drei-Objekt-Grenze kommt allerdings nur Indizwirkung zu.


Daher können auch bei der Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen. Allerdings kann in solchen Fällen nach den im Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291 niedergelegten Grundsätzen ein gewerblicher Grundstückshandel nur unter besonderen Voraussetzungen vorlie­gen (BFH-Urteil vom 27. September 2006 IV R 39, 40/05, BFH/NV 2007, 221, unter II.3.a bb der Gründe).


So verhält es sich, wenn bereits beim Erwerb der Grundstücke feststeht, dass sie zur Veräußerung bestimmt sind; eine bedingte Veräußerungsab­sicht genügt hierzu nicht (BFH-Urteil vom 15. April 2004 IV R 54/02, BFHE 206, 90, BStBl II 2004, 868, unter II.1.b bb der Gründe). Gleiches gilt, wenn der Veräußerer Aktivitäten zur Erhöhung des Grundstückswertes ‑‑wie etwa die Bebauung‑‑ zu einem Zeitpunkt entfaltet, zu dem zweifelsfrei erwiesen ist, dass das Grundstück aus seinem Vermögen ausscheiden soll oder bereits ausgeschieden ist (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.5. der Gründe; BFH-Urteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01, BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294, unter 3.b der Gründe). Das be­deutet, dass der (unbedingte) Entschluss zur Grundstücksveräu­ßerung spätestens bei Abschluss der auf die Bebauung gerichte­ten Verträge gefasst worden sein muss (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 IV R 77/06, BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791).


Für eine gewerbliche Betätigung kann außerdem der Um­stand sprechen, dass das Bauunternehmen des Steuerpflichtigen erhebliche Leistungen für den Bau erbringt, die nicht wie un­ter Fremden abgerechnet werden (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.5. der Gründe). Die Beispiele beruhen auf der Rechtsansicht, dass es der Drei-Objekt-Grenze nicht bedarf, wenn aufgrund objekti­ver Umstände feststeht, dass die Tätigkeiten, die in ihrer Ge­samtheit das Merkmal der Nachhaltigkeit erfüllen, mit unbe­dingter Veräußerungsabsicht ausgeübt worden sind (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 923, unter II.B.1.a der Gründe, m.w.N.).

b) Im Streitfall hat die Klägerin ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ nur ein Objekt veräußert und damit die Drei-Objekt-Grenze nicht überschritten, weil die fünf Mehrfamilienhäuser auf einem ungeteilten Grundstück standen.

aa) Selbständiges Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze ist grundsätzlich jedes selbständig veräußerbare und nutzbare Im­mobilienobjekt (Grundstück, grundstücksgleiches Recht oder Recht nach dem WEG), und zwar unabhängig von seiner Größe, seinem Wert und anderen Umständen (u.a. BFH-Urteile in BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35, unter II.3.d aa der Gründe; vom 12. Juli 2007 X R 4/04, BFHE 218, 331, BStBl II 2007, 885, un­ter B.II.1.a der Gründe; in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791, unter II.2.c cc der Gründe, jeweils m.w.N.). Hierbei folgt nach ständiger Rechtsprechung die selbständige Veräußerbarkeit grundsätzlich der sachenrechtlichen Qualifizierung (BFH-Ur­teile in BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35, unter II.3.d aa der Gründe; in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791, unter II.2.c cc der Gründe). Die dem Grundsatz nach an das bürgerliche Recht anknüpfende Bestimmung des "Objekts" wird allerdings durch wirtschaftliche Gesichtspunkte unter Beachtung der Verkehrsan­schauung geprägt (BFH-Urteil in BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35, unter II.4.a der Gründe).

bb) Grundstück im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und der Grundbuchordnung (GBO) und damit Grundstück im Rechtssinne (Grundbuchgrundstück) ist ein räumlich abgegrenzter Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblat­tes unter einer besonderen Nummer oder nach § 3 Abs. 5 GBO ge­bucht ist (Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 70. Aufl., Überblick vor § 873 Rz 1). Die Grundstücke werden im Grundbuch nach dem Liegenschaftskataster benannt (§ 2 Abs. 2 GBO). Von dem Grundbuchgrundstück zu unterscheiden ist das Flurstück als Begriff des Vermessungs- und Katasterwesens. Dabei handelt es sich um einen Teil der Erdoberfläche, der von einer in sich zurücklaufenden Linie umschlossen und im Liegen­schaftskataster unter einer besonderen Nummer geführt wird. Ein Grundbuchgrundstück kann aus mehreren Flurstücken beste­hen, nicht aber umgekehrt (Palandt/Bassenge, a.a.O., Überblick vor § 873 Rz 1).

cc) Davon ausgehend hat der BFH wiederholt entschieden, dass mehrere Gebäude auf einem ungeteilten (Grundbuch-)Grundstück nicht als selbständige Objekte im Sinne der Drei-Objekt-Grenze angesehen werden können. So ist nach dem BFH-Urteil vom 14. Oktober 2003 IX R 56/99 (BFHE 204, 93, BStBl II 2004, 227, unter II.1.c der Gründe) die Teilung eines mit zwei Doppel­haushälften bebauten Grundstücks Voraussetzung für das Entste­hen selbständiger Objekte. Damit übereinstimmend hat der BFH im Beschluss vom 25. Mai 2007 XI B 187/06 (juris) eine Häuser­zeile als nur ein selbständig veräußerbares Objekt angesehen. Dementsprechend ist der Senat auch bei zwei Gewerbehallen und einem Bürogebäude, die auf einem Grundstück im grundbuchtech­nischen Sinne errichtet wurden, von (nur) einem Objekt ausge­gangen (Urteil in BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791, unter II.2.c cc der Gründe).

Zwar hat der BFH im Urteil in BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35, unter II.3.d, II.4.a und II.4.b der Gründe entschieden, dass aneinandergrenzende, rechtlich selbständige Mehrfamilien­hausgrundstücke grundsätzlich jeweils gesonderte wirtschaftli­che Einheiten sind, die auch durch eine Vereinigung/Zuschrei­bung nach § 890 BGB, §§ 3 ff. GBO nicht zu einem einzigen Ob­jekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze werden können. Die Grund­sätze dieses Urteils lassen sich jedoch auf die vorliegend zu entscheidende Frage nicht übertragen. Denn im Streitfall geht es nicht um rechtlich selbständige Mehrfamilienhausgrundstü­cke. Vielmehr kommt es vorliegend darauf an, ob die Errichtung von fünf Mehrfamilienhäusern auf einem ungeteilten Grundstück zur Entstehung von jeweils selbständigen Objekten geführt hat. Soweit dem Urteil in BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35 zu ent­nehmen sein sollte, dass auch in einem solchen Fall von fünf Objekten im Sinne der Objektzählung auszugehen wäre, wäre dies mit der vorstehend dargestellten Rechtsprechung nicht verein­bar; die Frage war im damaligen Urteilsfall auch nicht ent­scheidungserheblich. Der Senat könnte sich einer solchen Aus­legung aus den dargestellten Gründen auch nicht anschließen.

dd) Im Streitfall ist danach von nur einem Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze auszugehen. Denn die Klägerin hat ein unge­teiltes Grundstück mit fünf freistehenden Mehrfamilienhäusern veräußert.

c) Besondere Umstände von solchem Gewicht, dass trotz mangeln­der Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze von einem gewerbli­chen Grundstückshandel auszugehen wäre, ergeben sich aus den Feststellungen des FG nicht.

aa) Soweit das FG aus der Marktgängigkeit des Objekts und dem zeitlichen Zusammenhang zwischen Grundstücksübergabe an die Klägerin, Angebot des Maklers und Verkaufszeitpunkt abgeleitet hat, schon vor Beginn der Bebauung sei der Verkauf "im Sinne einer ernsthaft zu verfolgenden Option eingeplant" gewesen, ergibt sich daraus keine unbedingte Veräußerungsabsicht. Denn die Klägerin hat nach den Feststellungen des FG auf der ande­ren Seite zugleich auch die Option zur Vermietung verfolgt, unabhängig davon, ob das "eher nachrangig" geschehen ist, wie das FG meint.

bb) Sollte das angefochtene Urteil gleichwohl ‑‑anders als das FA meint‑‑ dahingehend zu verstehen sein, dass das FG von ei­ner von Anfang an bestehenden unbedingten Veräußerungsabsicht ausgegangen ist, wäre der erkennende Senat daran nicht nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden. Denn das FG hätte damit gegen gesi­chertes Erfahrungswissen verstoßen (s. oben unter II.1.d bb).

(1) Der Umstand, dass es sich um ein "infolge von Wohnungs­knappheit und öffentlicher Förderung nachgefragtes und markt­gängiges Vermietungsobjekt" gehandelt hat, ist weder für sich noch im Zusammenhang mit den weiteren vom FG angeführten Grün­den geeignet, einen Rückschluss auf eine vom Beginn der Bebau­ung an bestehende unbedingte Veräußerungsabsicht zu erlauben. Denn diese Gesichtspunkte lassen sich ebenso gut für die nach Angaben der Klägerin bestehende Vermietungsabsicht zum Zwecke der Alterssicherung der Gesellschafterinnen heranziehen.

(2) Auch der enge zeitliche Zusammenhang zwischen Erwerb und Veräußerung des Grundstücks lässt weder für sich gesehen noch im Zusammenhang mit der Marktgängigkeit auf das Bestehen einer unbedingten Veräußerungsabsicht schließen. Das Urteil des X. Senats des BFH vom 15. März 2005 X R 39/03 (BFHE 209, 320, BStBl II 2005, 817) erlaubt insoweit keine andere Beurteilung (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 923, unter II.B.2.a der Gründe, m.w.N.). Denn auch wenn zwischen dem Erwerb oder der Bebauung einerseits und dem Sichtbarwerden des Veräußerungsentschlusses andererseits nur wenige Wochen liegen, ist nicht ausgeschlos­sen, dass es während dieser Zeit hinsichtlich der beabsichtig­ten Verwertung des Grundstücks zu einem Sinneswandel gekommen ist.

cc) Auch die vom FG angeführten, von der Klägerin in unbeding­ter Veräußerungsabsicht übernommenen Leistungen ‑‑die Ver­pflichtung zur schlüsselfertigen Erstellung der Gebäude, die Übernahme der Gewährleistung für die Dauer von fünf Jahren, die Mietgarantie und die Verpflichtung zur Einholung der Abge­schlossenheitsbescheinigung‑‑ sind nicht von solchem Gewicht, dass sie einen gewerblichen Grundstückshandel trotz Nichtüber­schreitens der Drei-Objekt-Grenze begründen könnten.

(1) Denn zum einen sind dazu nur Leistungen von einem Gewicht geeignet, wie es etwa die Bebauung hat (vgl. oben unter II.2.a bb (2); BFH-Urteile vom 1. Dezember 2005 IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259, unter II.2.c der Gründe, und vom 19. Februar 2009 IV R 10/06, BFHE 224, 321, BStBl II 2009, 533, unter II.2.c ff der Gründe, zur Nachhaltigkeit).

(2) Zum anderen genügt es nicht, dass die unbedingte Veräuße­rungsabsicht zu Beginn der jeweiligen Arbeiten vorgelegen hat. Maßgeblich ist vielmehr der Zeitpunkt, zu dem sich die Kläge­rin bei der (jeweiligen) Auftragsvergabe rechtlich gebunden hat (BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 923, unter II.B.2.b der Grün­de, m.w.N.).

(3) Zwar lässt sich dem angefochtenen Urteil weder genau ent­nehmen, von welchem Zeitpunkt an die Klägerin in unbedingter Veräußerungsabsicht tätig geworden ist, noch, wann die Auf­träge für die zu diesem Zeitpunkt noch nicht erledigten (Rest‑)Arbeiten erteilt worden sind. Die Mehrfamilienhäuser waren jedoch nach den Feststellungen des FG zu dem Zeitpunkt bereits weitgehend fertiggestellt, an dem die Klägerin die Verpflichtung gegenüber dem Käufer übernommen hat. Die später vergebenen Restarbeiten können daher nicht mehr von solchem Gewicht gewesen sein, dass deshalb ein gewerblicher Grund­stückshandel anzunehmen wäre.

d) Die Klägerin hat daher die Grenze der privaten Vermögens­verwaltung zum gewerblichen Grundstückshandel nicht über­schritten. Auf die Frage, ob sie nachhaltig und unter Beteili­gung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr tätig geworden ist, kommt es bei dieser Sachlage nicht an.

e) Das Vorbringen des FA, die Klägerin habe gewerbliche Ein­künfte erzielt, weil eine verdeckte Mitunternehmerschaft mit der gewerblich tätigen Baubetreuungsgesellschaft bestanden habe, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

aa) Zum einen hat das FA in dem nach der Betriebsprüfung er­gangenen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Fest­stellung, gegen den sich die Klägerin im vorliegenden Verfah­ren wegen der Feststellung gewerblicher Einkünfte wendet, nach §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO festge­stellt, dass (nur) Frau S und Frau M als Mitunternehmerinnen an der Klägerin beteiligt waren. Die Rechtmäßigkeit dieses Be­scheides kann sich deshalb schon aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht aus der nunmehr behaupteten (verdeckten) Betei­ligung eines weiteren Mitunternehmers ergeben.

bb) Zum anderen führt ‑‑anders als das FA offenbar annimmt‑‑ die Beteiligung eines oder mehrerer gewerblich tätiger Gesell­schafter an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch nicht dazu, dass die Tätigkeit dieser Gesellschaft insge­samt als gewerblich anzusehen wäre (Beschlüsse des Großen Se­nats des BFH vom 11. April 2005 GrS 2/02, BFHE 209, 399, BStBl II 2005, 679, unter C.2.; vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.III.3.b bb).

3. Die Revision der Klägerin hat daher Erfolg. Der Senat ent­scheidet in der Sache selbst. Das angefochtene Urteil war auf­zuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).


Ende des Urteils

Montag, 25. Juli 2011

Stopp des ELENA-Verfahrens betrifft nicht das ELStAM-Verfahren

Entgegen anders lautenden Presseberichten betrifft der Stopp des ELENA-Verfahrens  nicht das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerkarte, liebevoll ELStAM abgekürzt. Darauf weist das Bundesfinanzministerium in einer Pressemitteilung vom 20.07.2011 hin.



Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben sich geeinigt, das Verfahren zum "Elektronischen Einkommensnachweis" einzustellen.

Dies hat jedoch entgegen anders lautenden Presseberichten keine Auswirkungen auf das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerkarte bzw. der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM). Die "elektronische Lohnsteuerkarte" bleibt davon unbetroffen, denn es handele t sich um zwei verschiedene Verfahren mit verschiedenem Zweck. Die Datenbanken sind völlig unabhängig voneinander und es gibt keinen Datenaustausch.

Während mit dem ELENA-Verfahren von den Arbeitgebern Daten zum Arbeitsentgelt für verschiedene sozialversicherungsrechtliche Zwecke zusammengefasst erhoben und gespeichert werden sollten und verschiedene Behörden für ihre Verfahren und Bescheinigungen darauf zugreifen dürfen sollten, dient das Verfahren der elektronischen Lohnsteuerkarte lediglich dazu, die für den Einbehalt von Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom Arbeitslohn erforderlichen Abzugsmerkmale wie Steuerklasse, Kinderfreibeträge und ggf. andere Freibeträge, die bisher auf der Vorderseite der Lohnsteuerkarte eingetragen waren, elektronisch zu speichern und dem Arbeitgeber zum Abruf zur Verfügung zu stellen.

Im ELStAM-Verfahren werden also keine Daten erhoben, die nicht bisher auch schon für den Lohnsteuerabzug erhoben wurden und der Finanzverwaltung bekannt waren. Es gibt außerdem keine Verbindungen mit außersteuerlichen Verwaltungsverfahren. Zugriff auf die Daten hat ausschließlich die zuständige Finanzverwaltung; weder andere Behörden noch der Arbeitgeber können von sich aus auf die Daten zugreifen. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben aber jederzeit die Möglichkeit, elektronisch oder über ihr Finanzamt einzusehen, welche elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale über sie gespeichert sind.

Zudem muss ein Arbeitgeber sich in festgelegten Verfahren elektronisch authentifizieren, um am ELStAM-Verfahren teilzunehmen und für die eigenen Arbeitnehmer die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale elektronisch zum Abruf bereit gestellt zu bekommen. Er muss mit dem Arbeitnehmer, dessen Daten er abfragen möchte, zusammenwirken und bekommt diese nur bereitgestellt, wenn er spezifische Daten jedes einzelnen Arbeitnehmers in der Anfrage angegeben hat.

Die Arbeiten der Finanzverwaltung für den planmäßigen Einsatz der elektronischen  Lohnsteuerabzugsmerkmale werden mit dem Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz - BeitrRLUmsG) weiterverfolgt.

Die Regelungen sollen planmäßig Ende dieses Jahres beschlossen werden, so dass das dauerhafte Verfahren dann durch das elektronische Verfahren abgelöst wird. Es bleibt also für die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale bei dem Starttermin Januar 2012.

Freitag, 22. Juli 2011

Regierung erklärt: ELENA-Verfahren wird eingestellt


Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben am 18.07.2011 gemeinsam eine Pressemitteilung herausgegeben und angekündigt, dass das ELENA-Verfahren eingestellt wird und ein entsprechender Gesetzentwurf vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf den Weg gebracht wird.


Auszug aus der Presseerklärung.


Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales haben sich nach eingehender Überprüfung des ELENA-Verfahrens darauf verständigt, das Verfahren schnellstmöglich einzustellen.

Grund ist die fehlende Verbreitung der qualifizierten elektronischen Signatur. Umfassende Untersuchungen haben jetzt gezeigt, dass sich dieser Sicherheitsstandard, der für das ELENA-Verfahren datenschutzrechtlich zwingend geboten ist, trotz aller Bemühungen in absehbarer Zeit nicht flächendeckend verbreiten wird. Hiervon hängt aber der Erfolg des ELENA-Verfahrens ab.

Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, dass die bisher gespeicherten Daten unverzüglich gelöscht und die Arbeitgeber von den bestehenden elektronischen Meldepflichten entlastet werden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird in Kürze einen entsprechenden Gesetzentwurf vorlegen.

Bis zum in Kraft treten neuer Regelungen gelten aber die §§ 95 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch in der jetzigen Fassung weiter. Die Zentrale Speicherstelle (ZSS) und Registratur Fachverfahren sind nach Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz an Recht und Gesetz gebunden. Die Zentrale Speicherstelle wird daher weiterhin die Daten entsprechend der noch geltenden Rechtslage annehmen und wie bisher verarbeiten.

Das Verfahren ELENA wird erst dann eingestellt und die gespeicherten Daten werden erst dann gelöscht werden, wenn es hierfür eine entsprechende gesetzliche Grundlage gibt. Derzeit gibt es nur den regierungsinternen Beschluss, das Verfahren einzustellen. Die Regierung muss nun einen Gesetzesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren einbringen.

Anmerkung:

Seit 2010 werden die Einkommensdaten von rund 40 Millionen Arbeitnehmern in Datenbank gesammelt. Mehr als 20.000 Verfassungsbeschwerden sind dagegen anhängig. Nach jahrelanger Kritik stellt die Bundesregierung das ELENA-Projekt jetzt endgültig ein. Dieser Ausflug hat Steuerzahler und Unternehmen hunderte Millionen Euro gekostet

Freitag, 1. Juli 2011

Das Aus für die Umsatzsteuer-Richtlinien!

Für Steuerfachausbildung und Steuerpraxis: Die USt-RiLi sind weg. Aber dafür gibt es einen Anwendungserlass, der wiederum durch laufende Schreiben geändert wird. Einfacher wird es also nicht - eher noch skurriler.


Zum Anwendungsbereich des Umsatzsteuergesetzes gibt es seit Jahrzehnten die Umsatzsteuer-Richtlinien (zuletzt UStR 2008). Wie bei allen Richtlinien handelt es sich um allgemeine Verwaltungsanweisungen im Bereich der Umsatzsteuer mit der Berücksichtigung von Gesetzesänderungen und insbesondere der umfangreichen höchstrichterlichen Rechtsprechung im Umsatzsteuerrecht. Für die Praxis sind sie also eine Art Kommentar, zwar  aus der Sicht der Verwaltung geschrieben, aber eine wichtige Orientierung.


Am 22.9.2010 wurde von der Bundesregierung beschlossen, dass die bisherigen Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 mit Wirkung vom 1.11.2010 außer Kraft treten. Da die RiLi kein Gesetz sind, reicht dieser Beschluss aus. Es kommen daher keine UStR 2011 mehr. Inmitten des turbulenten Gesetzesänderungsstakkatos ist das doch tatsächlich etwas untergegangen. Nochmals: die in jeder gängigen Steuergesetzsammlung enthaltenen


USt-Richtlinien gelten nicht mehr!



Anstelle der bisherigen Umsatzsteuer-Richtlinien wird es aber den neuen Umsatzsteuer-Anwendungserlass geben. Diese Verwaltungsvorgaben werden daher in dem vom Bundesfinanzministerium (BMF) nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder herausgegebene


Umsatzsteuer-Anwendungserlass,


der mit Wirkung vom 1.11.2010 in Kraft treten soll. Quelle: http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_310/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Umsatzsteuer/Umsatzsteuer-Anwendungserlass/node.html?__nnn=truef


Es gibt einen speziellen Bereich auf den Ministeriumsseiten zum Umsatzsteuer-Anwendungserlass




In diesem Bereich sind Informationen zum Umsatzsteuer-Anwendungserlass eingestellt. Die Tabelle enthält den Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom 1. Oktober 2010 und BMF-Schreiben, die den Erlass ändern. Außerdem enthält die Tabelle die jeweils zum 31. Dezember eines Jahres geltende Fassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses.


Schließlich kann eine konsolidierte, den aktuellen Stand wiedergebende Fassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses heruntergeladen werden; derzeit: Download: Umsatzsteuer-Anwendungserlass - konsolidierte Fassung (Stand 9. Februar 2011) [PDF, 3663 KB]




Na großartig. Das Steuerleben wäre beinahe zu einfach geworden. Sofern der USt-Anwendungserlass nicht in die gängigen Steuergesetzsammlungen aufgenommen wird, braucht der Fachmann jetzt auch noch das Internt.




Welche Informationen sind noch auf den Seiten des Ministeriums? Am besten bookmarkt man sich die Übersichtsseite über die Umsatzsteuer; die ist hier:




http://www.bundesfinanzministerium.de/nn_112540/DE/Wirtschaft__und__Verwaltung/Steuern/Veroeffentlichungen__zu__Steuerarten/Umsatzsteuer/


Die dort  eingestellten Informationen sind  unterteilt in



Weitere Informationen hält das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt)  bereit, das unter Anderem für die Abwicklung folgender Verfahren zuständig ist: Umsatzsteuer-Kontrollverfahren in der EU (Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UST-IdNr.), Bestätigungsverfahren, Zusammenfassende Meldung); Umsatzsteuer-Vergütung (Ausländische Unternehmer, Botschaften/Konsulate, internationale Organisationen); Besteuerung von auf elektronischem Weg erbrachter sonstiger Leistungen (VAT-on-E-Services); Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung (Koordinierungsstelle, Beobachtung elektronisch angebotener Dienstleistungen)


Auch die Bundeszollverwaltung hält Informationen zur Umsatzsteuer bereit (z.B. Einfuhrumsatzsteuer, Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Reise- und Postverkehr).


Das Umsatzsteuergesetz und die Verordnungen dazu stehen im Internetportal „Gesetze im Internet“ bereit. Ergänzende Informationen zu Gesetzesänderungen sind gegebenenfalls im Bereich „Gesetze / Gesetzentwürfe“ eingestellt.


Der Servicebereich „Formulare A - Z“ verweist bezüglich der Formulare für die Umsatzsteuer auf das Formular-Management-System (FMS) der Bundesfinanzverwaltung und bezüglich der elektronischen Übermittlung bestimmter Anmeldungen und Erklärungen auf ELSTER.


Die Abwicklung des allgemeinen Besteuerungsverfahrens im Bereich der Umsatzsteuer (USt-Erklärungen, USt-Voranmeldung) obliegt den jeweils zuständigen Landesfinanzbehörden, die auch bestimmte Formulare, Vordrucke und Merkblätter aushändigen.




Alles klar?


P. Burkes, Februar 2011, aktualisiert im Juli 2011