Donnerstag, 16. Dezember 2010

AGB im Arbeitsrecht - BAG zum Weihnachtsgeld - vertraglicherFreiwilligkeitsvorbehalt kann unwirksam sein

Eine brandneue Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (8.12.2010, 10 AZR 671/09) betrifft die Wirksamkeit von Freiwilligketsklauseln in Arbeitsverträgen und dürfte eine Vielzahl von Arbeitsverträgen betreffen.

Eine formularmäßige Klausel im Arbeitsvertrag, mit der sich der Arbeitgeber die Freiwilligkeit der Weihnachtsgeldzahlung vorbehalten möchte, muss klar und verständlich i.S.v. § 307 BGB sein, um das Entstehen eines künftigen Rechtsanspruchs zu verhindern. Dies ist bei einer Klausel, wonach die Gewährung von gesetzlich oder tarifvertraglich nicht vorgeschriebenen Leistungen freiwillig sowie ohne jede rechtliche Verpflichtung erfolgt und die Leistungen daher jederzeit widerrufbar sind, nicht der Fall.



Leistet ein Arbeitgeber mehrere Jahre lang ein Weihnachtsgeld an einen Arbeitnehmer, ohne bei der Zahlung deutlich eine Bindung für die Zukunft auszuschließen, kann der Arbeitnehmer aus diesem regelmäßigen Verhalten grundsätzlich schließen, der Arbeitgeber wolle sich dauerhaft verpflichten. Eine unklare oder intransparente allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag kann das Entstehen eines zukünftigen Rechtsanspruchs nicht hindern.


Der seit 1996 bei der Beklagten als Diplom-Ingenieur beschäftigte Kläger erhielt zumindest in den Jahren 2002 bis 2007 jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes, ohne dass bei der Zahlung ein ausdrücklicher Vorbehalt erklärt worden war. Wegen der Wirtschaftskrise verweigerte die Beklagte unter Hinweis auf eine Klausel im schriftlichen Arbeitsvertrag eine Zahlung für das Jahr 2008. Die Klausel lautet:










                         
„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“

                          



Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008 verlangt. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der vertraglich vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt habe die Entstehung eines Weihnachtsgeldanspruchs verhindert. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Die Revision des Klägers war vor dem Zehnten Senat erfolgreich. Zwar mag ein im Arbeitsvertrag klar und verständlich formulierter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ einen zukünftigen Anspruch auf eine Sonderzahlung ausschließen. Allerdings darf dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt nicht mehrdeutig, sondern muss klar und verständlich iSd. § 307 BGB sein. Die von der Beklagten verwendete Klausel ist unklar und nicht eindeutig formuliert. Sie ist nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Die Klausel kann auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbringung der Leistung verpflichten wollte. Ferner setzt der vorbehaltene Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch entstanden ist.

Dies entspricht dem Wortlaut der Pressemeldung. Die  Entscheidung selbst  ist heute (16.12.2010) noch nicht veröffentlicht, was sicherlich wichtig wäre, um auf Feinheten hinweisen zu können.

Für Studenten und Arbeitsrechtler zur Erinnerung: Seit 2002 ist das AGB-Recht (§§ 305 ff BGB) grundsätzlich bei Arbeitsverträgen anwendbar (§ 305 Abs. 5 BGB).