Samstag, 8. Dezember 2018

Prüfungsschema ordentliche Kündigung und außerordentliche Kündigung


Hier sind zwei Prüfungsschemata für die Wirksamkeit von ausgesprochenen Kündigungen; die Schemata sind vor allem für Industriemeister oder Fachwirte gedacht.

Sowohl bei Industriemeisterprüfungen als auch bei Fachwirtprüfungen muss ich allerdings einräumen, dass die Aufgabensteller diese (in der Praxis gängigen) Schemata offenbar ignorieren. So fehlen bei der Fallschilderung oft Angaben darüber, ob die Kündigung schriftlich und unter Anhörung des Betriebsrats erfolgen - etwas, was in Wirklichkeit als allererstes zu prüfen ist.  Der Aufgabensteller wollte dann  nur etwas über das KSchG (bei ordentlicher Kündigung) oder den 626 BGB (bei außerordentlicher Kündigung) hören.


I) Ordentliche Kündigung

  • Schriftform eingehalten, § 623 BGB (kann in Prüfungen unterstellt werden, wenn dazu nichts angegeben ist)
     
  • Anhörung Betriebsrat, § 102 BetrVG. Auch hier gilt: Die Anhörung kann in Prüfungen unterstellt werden, wenn dazu nichts angegeben ist
     
  • Fall von besonderem Kündigungsschutz? (MuSchG, Schwerbehindertenrecht, 15 KSchG zur ordentl. Kündigung von Betriebsratsmitgliedern). Muss nicht angesprochen werden, wenn der Fall dazu nichts hergibt.
     
  • Allgemeiner Kündigungsschutz:

    KSchG überhaupt anwendbar (Mitarbeiterzahl aus § 23 KSchG und 6 Monate Betriebsratszugehörigkeit aus § 1 KSchG)

    Wenn KSchG nicht anwendbar, dann ist dieser Prüfungspunkt erledigt, wenn doch, dann ist weiter zu prüfen: Liegt einer der drei Kündigungsgründe des § 1 KSchG vor (verhaltensbedingte, personenbedingte oder betriebsbedingte Kündigung)? Bei verhaltensbedingter Kündigung ist zusätzlich Abmahnung zu prüfen, bei betriebsbedingter Kündigung ist Sozialauswahl zu prüfen.
  • Kündigungsfrist 626 BGB richtig berechnet? Eigentlich gehört die richtige Berechnung der Kündigungsfrist nicht unbedingt zu den "Voraussetzungen" der Wirksamkeit, sondern zur Frage, bis wann eine (wirksame) Kündigung wirkt. Trotzdem findet man diesen Prüfungspunkt oft in Musterlösungen. Wenn also im geschilderten Prüfungsfall Angaben dazu enthalten sind, die eine Überprüfung der Fristberechnung erlauben, würde ich dem Prüfling emfpehlen, die Berechnung an dieser Stelle anzusprechen.

Wenn die Kündigung danach wirksam war, spielt die 3-Wochen-Frist für die KSch-Klage nach § 4 KSchG keine Rolle. Wenn die Kündigung dagegen unwirksam war, kann es sein, dass die Kündigung doch noch wirksam wird, wenn der Gekündigte nicht innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage erhoben hat.





II) Außerordentliche Kündigung

  • Schriftform § 623 BGB
     
  • Anhörung Betriebsrat, § 102 BetrVG 
     
  • Wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB
     
  • Einhaltung der Reaktionsfrist von § 626 Abs. 2 BGB
     
  • kein Fall, der einem "besonderen Kündigungsschutz" unterliegt" (Mutterschutzgesetz, Schwerbehindertenrecht, § 103 BetrVG bei außerordentlicher Kündigung speziell von Betriebsratsmitgliedern )

  • (der allgemeine Kündigungsschutz nach KSchG gilt nicht für außerordentliche Kündigungen, es wäre ein Fehler, in hier zu prüfen)
Wenn die Kündigung danach wirksam war, spielt die 3-Wochen-Frist für die KSch-Klage nach § 4 KSchG keine Rolle. Wenn die Kündigung dagegen unwirksam war, kann es sein, dass die Kündigung doch noch wirksam wird, wenn der Gekündigte nicht innerhalb von 3 Wochen eine Kündigungsschutzklage erhoben hat.


Anmerkungen

  • Die Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG wird meist gesondert geprüft und nicht in einen Fall eingebunden, in welchem die Wirksamkeit einer Kündigung zu prüfen ist (anders natürlich beim Jurastudium). Ich wollte aber diesen Punkt hier einbauen, da er vielen nicht klar ist und die Bedeutung des § 4 KSchG unterschätzt wird: das ist nicht nur eine prozessuale Frist, die Regelung enthält auch eine Heilung von eigentlich unwirksamen Kündigungen. Denn sonst wäre ja die Klageerhebungsfrist sinnlos.
      
  • Gelegentlich wird in manchen Musterlösungen (oder Schemata) noch geprüft oder erwähnt, ob/dass eine wirksame Kündigungserklärung (Willenserklärung)  zugegangen ist