Weil an einer Schule, an der ich unterrichte, schon wieder Missverständnisse kursieren, die auf halbverdaute oder schlecht kolportierte Nachrichtenmeldungen beruhen:
In der Tat hat der Bundestag vor ein paar Tagen ein Gesetz über die GmbH-Reform beschlossen. Die dort enthaltenen Regeln sind aber deswegen noch nicht in Kraft getreten. Dies soll gemäß Pressemeldung des Ministeriums im Oktober/November sein. Das Gesetz muss erst im zweiten Durchgang dem Bundesrat vorgelegt werden und wird anschließend "verkündet". Dann soll es am Ersten des Folgemonats in Kraft treten.
Ich habe im Moment keine Zeit, die Reform zu erörtern, und verweise der Einfachheit halber auf die Informationen auf der Seite der Bundesregierung (Justizministeriums):
Zu den Schwerpunkten des Reformgesetzes gibt es ein (wenn auch nicht allzu detaillierte) PDF-Dokument, das aber auf dem neuesten Stand ist (26.6.08, dem Tag des oben genannten Bundestagsbeschlusses).
Bei allen Newslettern und Internetdarstellungen über die Reform ist zu beachten, dass sie logischerweise selten den aktuellsten Stand darstellen. Es können sich inzwischen Details geändert haben.
Da das Gesetz noch nicht endgültig verabschiedet ist, wird es im Internet noch immer als "Entwurf" bezeichnet; dieser Entwurf entspricht aber dem Gesetz zum aktuellen Stand. Davon darf man sich also nicht verwirren lassen. Das "Gesetz" in seiner aktuellsten Fassung findet man hier:
http://www.bmj.bund.de/files/4818894aa17fa02357bc1ef23bfa4d93/1236/RefE%20MoMiG.pdf
Die Stadien des Gesetzgebungsverfahrens
Auf einer Unterseite des Ministeriums über den "Stand des Gesetzgebungsverfahrens" findet man am Beispiel dieses Gesetzes eine schöne Darstellung des Verfahrensablaufs, beginnend ab 2006. Ich zitiere:
Am 29. Mai 2006 hat das Bundesjustizministerium den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vorgestellt. Er wurde den Bundesressorts, den Ländern und Verbänden zur Stellungnahme zugeleitet.
Am 23. Mai 2007 ist der Regierungsentwurf vom Bundeskabinett beschlossen worden. Entsprechend dem Gang des Gesetzgebungsverfahrens wurde er zunächst dem Bundesrat zugesandt (Bundesrats-Drucksache 354/07 vom 25. Mai 2007).
Der Bundesrat hat den Gesetzentwurf begrüßt und in seiner Sitzung vom 6. Juli 2007 Stellung genommen (Bundesrats-Drucksache Nr. 354/07 [Beschluss] vom 6. Juli 2007). Zu dieser Stellungnahme hat sich die Bundesregierung im Juli 2007 geäußert (Bundestagsdrucksache Nr. 16/6140 vom 25. Juli 2007, S. 176 ff.).
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf (Bundestagsdrucksache Nr. 16/6140 vom 25. Juli 2007) in der Sitzung vom 20. September 2007 in erster Lesung beraten und beschlossen, den Entwurf an den Rechtsausschuss (federführend) und an den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie zu überweisen.
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat am 23. Januar 2008 eine öffentliche Sachverständigenanhörung zur GmbH-Reform durchgeführt.
Am 26. Juni 2008 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz beschlossen. Ein weiterer Schritt im Gesetzgebungsverfahren, vor der Verkündung und dem Inkrafttreten der GmbH-Reform, ist der „zweite Durchgang“ der Reform im Bundesrat. Das Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft.
Der Link im ersten Absatz führt zur Seite des "Referentenentwurfs", das aber den aktuellen Stand (Mai 08) enthält, obwohl es im Text um einen Vorgang im Jahre 2006 geht. Das liegt daran, dass der einmal ins Internet eingestellte Gesetzesentwurf immer in der aktuellen Fassung auf derselben Seite bleibt.
Ein schönes Beispiel dafür, wie vorsichtig man Pressemeldungen lesen muss, ist die folgende aktuelle Nachricht:
BMF will Steuerverfahren entbürokratisieren
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 23.06.2008 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Modernisierung und Entbürokratisierung des Steuerverfahrens (Steuerbürokratieabbaugesetz) vorgestellt....
(mit Links zu weiteren Fundstellen, z.B. den Seiten des Justizministeriums)
Hier liegt ein sehr frühes Stadium vor. Der Beschluss stammt vom Ministerium, schließt somit die interne Vorarbeit innerhalb des Ministeriums ab. Mit dem Beschluss steht jetzt nur fest, dass das Ministeriums diesen Entwurf in dieser Fassung als Gesetzesentwurf in das Gesetzgebungsverfahren einbringen will. Weitere "Beschlüsse" von anderen Stellen werden folgen, der Inhalt des Entwurfs wird im Laufe des Verfahrens korrigiert werden. Die Gefahr bei der Lektüre der Inhalte des Entwurfs ist, dass sich falsche Einzelheiten einprägen, die sich später ändern. Immerhin: Gefahr erkannt, Gefahr gebannt (Juristenspruch).