Samstag, 31. Juli 2010

Studenten: Neue Regeln zur Sozialversicherung bei dualen Studiengängen

Immer mehr Abiturienten streben ein duales Studium an: eine Kombination von Theorie an der Hochschule und von Praxis im Betrieb. Ganz besonderer Vorteil ist, dass die Studenten von ihrem ausbildenden Betrieb eine Vergütung bekommen. Die Frage ist, ob für die Vergütung Sozialabgaben zu zahlen sind.


Ein im Juli 2010 veröffentlichtes "Rundschreiben" der Sozialversicherungsträger geht auf diese Frage ein: Versicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen 


Das Bundessozialgericht (BSG) haet mit Urteil vom 1.12.2009 - B 12 R 4/08 R - (USK 2009- 86) entschieden, dass ein Studierender während eines dreijährigen so genannten praxisintegrierten dualen Studiums, in das neben den eigentlichen Lehrveranstaltungen Praktikumsphasen von insgesamt 72 Wochen Dauer eingebunden sind und für das durchgehend eine Praktikantenvergütung bzw. ein Stipendium gewährt wird, weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigter noch als zur Berufsausbildung Beschäftigter anzusehen ist, und zwar auch nicht in den berufspraktischen Phasen.

Es hat seine Auffassung im Wesentlichen damit begründet, dass die im Rahmen eines so genannten praxisintegrierten dualen Studiengangs während der Praktikumszeiten im Kooperationsbetrieb ausgeübten Tätigkeiten sich nicht im Rahmen betrieblicher Berufsbildung vollziehen und keine Berufsausbildung darstellen. Derartige Praxisphasen werden im Rahmen und als Bestandteil einer Hochschulausbildung absolviert; sie fallen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des Berufsbildungsgesetzes.


Für sie besteht infolgedessen auch keine Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung.


Solche berufspraktischen Phasen können trotz Vorliegens zweier eigenständiger Verträge (hier: Studienvertrag und Praktikantenvertrag) sozialversicherungsrechtlich nicht als abtrennbar und gesondert zu betrachtendes Rechtsverhältnis verstanden werden. Grundsätzlich unbedeutend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Praxisphasen zeitlich einen nennenswerten Teil der Studiendauer ausmachen.



Download:



 


Die neue  Rechtslage in Stichpunkten:


Bei ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen besteht Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, § 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).


Bei berufsintegrierten und berufsbegleitenden dualen Studiengängen besteht Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Dies gilt nicht nur während der vorlesungsfreien Zeit, in der gegebenenfalls die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, sondern während der gesamten Dauer des Studiums (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, § 1 Nr. 1 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III).


Bei praxisintegrierten dualen Studiengängen besteht - nach neuer Rechtslage - keine Sozialversicherungspflicht mehr. Dies gilt sowohl für die Praxisphasen als auch für die Vorlesungszeit (BSG-Urteil vom 1.12.2009, B 12 R 4/08 R).


Bei praxisintegrierten dualen Studiengängen in der öffentlichen Verwaltung besteht Sozialversicherungspflicht.


Für die versicherungsrechtliche Beurteilung von Praktikanten, die im Rahmen der klassischen Hochschulausbildung das Praktikum aufgrund der im Wesentlichen durch den Praktikumsbetrieb geregelten und gelenkten Ausgestaltung im Rahmen einer Beschäftigung absolvieren, gelten die Regelungen des Rundschreibens vom 27.7.2004 unter Abschnitt B. 2.