Mittwoch, 20. November 2013

Anfechtung des Arbeitsvertrags über Vermarktung von Esel Joschi

Schleswig-Holstein – Das Landesarbeitsgericht – Kein wirksamer Arbeitsvertrag über die Vermarktung des Esels Joschi  

Ein interessanter Fall für Schüler und Studenten, die sich mit Arbeitsrecht befassen:

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bei Einstellung


Kein wirksamer Arbeitsvertrag über die Vermarktung des Esels Joschi


Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil (1 Sa 50/13) vom 19.11.2013 entschieden, dass der zwischen dem Kläger und den beklagten Eheleuten geschlossene Arbeitsvertrag, nach dem der Kläger als Vertriebsmanager für die Vermarktung des von der beklagten Ehefrau erfundenen Esels Joschi zuständig sein sollte, unwirksam ist. Damit hob es eine entgegenstehende Entscheidung des Arbeitsgerichts Neumünster aus dem Januar 2013 auf.
Erscheinungsdatum:
20.11.2013
Die Beklagten sind Eheleute und machten vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn. Hierüber wurde in den Medien berichtet. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher über einen Esel Joschi. Der Kläger nahm Kontakt zu den Eheleuten auf und die Parteien unterzeichneten sodann im September 2011 einen Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als „Vertriebsmanager“ zum 15.09.2011 ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt zu einem Monatsgehalt von € 20.000,00 bei 13 Monatsgehältern und einer Gewinnbeteiligung am Projekt Joschi. Der Vertrag sollte sich um zwei Jahre verlängern, sofern er nicht zuvor mit einer halbjährigen Frist gekündigt wird und war vor Dienstantritt unkündbar. Im Falle der vorzeitigen Aufhebung des Arbeitsvertrages – gleich aus welchen Gründen – stand dem Kläger eine Abfindung in Höhe von € 250.000,00 zu. Nachdem der Kläger einen geänderten Arbeitsvertrag nicht unterzeichnen wollte, fochten die Eheleute den ursprünglichen Arbeitsvertrag wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht.

Anders als das Arbeitsgericht hat das Landesarbeitsgericht entschieden, dass die beklagten Eheleute den Arbeitsvertrag wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten haben.

 Das Landesarbeitsgericht ist dabei davon ausgegangen, der Kläger habe u.a. vorgetäuscht, den Chefeinkäufer vom Mediamarkt und Saturn persönlich zu kennen und beste Beziehungen zum Ravensburger Kinderbuchverlag zu haben. Anders lasse sich das Zustandekommen des Arbeitsvertrags nicht erklären. Ein Rechtsmittel gegen seine Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht nicht zugelassen.

(Ende der Pressemitteilung; Hervorhebungen stammen von mir)

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Ein paar Monate zuvor hat das LAG eine Pressemitteilung im selben Rechtsstreit veröffentlicht, das für Studierende und Schüler interessant ist. Es betrifft die Themen Arbeitsvertrag/freier Mitarbeitervertrag sowie Anfechtung und "Motivirrtum"


Ehemalige Lottogewinner verlieren den Kündigungsrechtsstreit


Allein der Umstand, dass im Arbeitsvertrag die Tätigkeit des Arbeitnehmers nur rudimentär beschrieben ist und dem Arbeitnehmer gleichwohl hohe Vergütungsansprüche zustehen, berechtigt den Arbeitgeber weder zur Anfechtung noch zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Dies hat das Arbeitsgericht Neumünster mit Teilurteil vom 23.01.2013 entschieden (3 Ca 1359 b/12). Das Urteil ist nicht rechtskräftig (Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 1 Sa 50/13)
Erscheinungsdatum:
22.02.2013
Die Beklagten sind Eheleute und machten vor nahezu 20 Jahren einen immensen Lottogewinn. Hierüber wurde in den Medien berichtet. Jetzt schreibt die Ehefrau Kinderbücher über einen Esel Joshi. Der Kläger nahm Kontakt zu den Eheleuten auf und die Parteien unterzeichneten sodann am 11.09.2011 einen Arbeitsvertrag. Danach wurde der Kläger als „Vertriebsmanager“ zum 15.09.2011 ohne Probezeit für zunächst zwei Jahre fest eingestellt zu einem Monatsgehalt von € 20.000,00 bei 13 Monatsgehältern und einer Gewinnbeteiligung am Projekt Joshi. Der Vertrag sollte sich um zwei Jahre verlängern, sofern er nicht zuvor mit einer halbjährigen Frist gekündigt wird und war vor Dienstantritt unkündbar. Im Falle der vorzeitigen Aufhebung des Arbeitsvertrages – gleich aus welchen Gründen – stand dem Kläger eine Abfindung in Höhe von € 250.00,00 zu. Einen Tag später unterbreitete der Ehemann dem Kläger einen geringfügig modifizierten Arbeitsvertrag, der nur zwischen dem Kläger und ihm zustande kommen sollte. Nachdem der Kläger diesen zweiten Vertrag nicht unterzeichnen wollte, fochten die Eheleute den Arbeitsvertrag vom 11.09.2011 wegen Irrtums und arglistiger Täuschung an und kündigten vorsorglich fristlos und fristgerecht. Das Arbeitsgericht hat der Bestandsschutzklage mit dem Teilurteil in vollem Umfang stattgegeben. Die ebenfalls rechtshängigen Zahlungsansprüche des Klägers in Höhe von rund € 355.000,00 waren noch nicht entscheidungsreif und sind damit noch in erster Instanz rechtshängig.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, dass ein Arbeitsverhältnis und kein freies Dienstverhältnis vorliege, weil die Parteien im Arbeitsvertrag Regelungen über Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und Urlaub vereinbart hätten. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft seien nicht ersichtlich.

Auch hätten die Beklagten den Arbeitsvertrag weder wirksam angefochten noch fristlos gekündigt. Die bestrittene Behauptung der Beklagten, der Kläger habe ihnen wahrheitswidrig vorgespiegelt, Kontakte zu Verlagen und Showstars zu haben, sei ein unbeachtlicher Motivirrtum.

Auch aus den finanziellen Regelungen des Arbeitsvertrages lasse sich kein Anfechtungsrecht herleiten. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Ehemann dem Kläger nach einer Überlegungsfrist am Folgetag einen in finanzieller Hinsicht fast gleiches Alternativangebot unterbreitet habe, ohne auch hierin die geschuldete Tätigkeit näher zu beschreiben. Auch sei es im Arbeitsleben nicht außergewöhnlich, befristete Arbeitsverträge ohne Kündigungsmöglichkeit mit einer festen Laufzeit von zwei Jahren abzuschließen. Die Ausnutzung einer Zwangslage oder eine Unerfahrenheit könne hieraus nicht hergeleitet werden.