Donnerstag, 2. März 2017

Selbstbehalt bei Krankenversicherung als Sonderausgabe oder außergewöhnliche Belastung


Was ist eigentlich mit dem Selbstbehalt bei privaten Krankenversicherungen. Der sorgt dafür, dass man nicht horrende Beiträge zahlen muss - da kann schnell das doppelte zusammenkommen. Wenn man also den Selbstbehalt wählt, hat man geringere Krankenversicherungsbeiträge, aber damit auch einen geringeren Wert im Bereich der mindestens abziehbaren Basisversorgung im Sinne von § 10 (1) Nr. 3 EStG  - iVm der Mindestregelung in § 10 Absatz 4).

Der BFH hatte sich mit einem Fall zu befassen, wo es genau darum ging. 

Der Kläger wollte wissen, ob man nicht auch den Selbsthalt als Sonderausgaben abziehen können müsse. Schließlich sei die neue Mindestabziehbarkeit der Basisversorgung Ausfluss desjenigen BVerfG-Urteil, das vor Jahren über das so genannte Bürgerentlastungsgesetz zur Aufsplittung in Basisversorgung in 10(1)Nr. 3 und restlichen Vorsorgeaufwendungen in 10(1) Nr. 3a führte. Ein im ersten Moment sehr logisch klingende Argumentation.

Zumindest aber müsse es doch außergewöhnliche Belastung sein, meinte der beneidenswerte Kläger, der 190.000 Euro Gesamtbetrag der Einkünfte hatte, und nur 3.960 Euro selbstgetragene Krankheitskosten hatte (eben der SB aus der Krankenversicherung).

Nun, das Ergebnis ist einfacher, als es die komplizierte Urteilsbegründung vermuten lässt:
  • nein, kein Ansatz als Sonderausgabe
  • ja, Berücksichtigung als außergew. Belastung möglich (hier ist die Urteilsbegründung missverständlich formuliert)
Letzteres möchte ich näher erklären: 

Als außergewöhnliche Belastung wird nicht der SB als solcher, also als Pauschalbetrag angesetzt, sondern eben alle tatsächlich angefallenen selbstgetragenen Krankheitskosten. Nochmal: nicht der SB, sondern die tatsächlichen Krankheitskosten dürfen angesetzt werden.
Alle weiteren außergewöhnlichen Belastungen (Sturm-, Wasser und sonstige Katastrophenschäden, Beerdigungskosten etc) kommen dazu, dann bildet man die Summe der "berücksichtigungsfähigen" a.B. im Sinne von § 33 EStG.


Am Ende ist aber noch die zumutbare Belastung zu berücksichtigen, der in Absatz 3 geregelt  Prozentsatz vom Gesamtbetrag der Einkünfte (auch so eine Art "Selbstbehalt" aus steuerlicher Sicht, wenn man so will). 

Die zumutbare Belastung ist in § 33 Absatz 3 EStG geregelt und gehört zum Basiswissen für die Prüfung des Steuerfachangestellten. Er gilt nur für die "allgemeinen" a.B. im Sinne  von § 33, nicht für die Spezialfälle in § 33a EStG.

Im konkreten Fall des Klägers scheiterten die außergewöhnlichen Belastungen an der Schwelle der "zumutbaren Belastung". Aber grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind sie natürlich schon. Das wird an manchen Stellen im Urteil etwas missverständlich ausgedrückt.


Um diesen Unterschied zwischen grundsätzlich ansetzbaren Ausgaben und den im Endergebnis abziehbaren Betrag deutlich zu machen, sollte man als Prüfling auf die hier üblicherweisen verwendeten Begriffe zurückgreifen:

  • Die grundsätzlichen ansetzbaren Beträge sind die "außergewöhnlichen Belastungen i.S.d. § 33" oder auch die  "berücksichtigungsfähigen außergewöhnlichen Belastungen". 
  • Das was nach Abzug der zumutbaren Belastung herauskommt, sind die "abziehbaren außergewöhnlichen Belastungen".
Die Unterscheidung in der Formulierung findet man auch an diversen anderen Stellen im Steuerrecht.
 
 
Das Urteil: https://juris.bundesfinanzhof.de/cgi-bin/rechtsprechung/druckvorschau.py?Gericht=bfh&Art=pm&nr=33850