Dienstag, 4. April 2017

Das Darlehen in der Einnahmenüberschussrechnung § 4 Abs. 3 EStG


Die folgenden Ausführungen sind für Steuerfachleute in Ausbildung gedacht. Grundwissen über § 4 Absatz 3  und § 11 EStG werden vorausgesetzt.


Zusammengefasst gelten für Darlehen in der EÜR folgende Regeln:

  • Die Darlehensaufnahme ist keine BE und die Tilgung ist keine BA
  • Zins ist BA (Zeitpunkt: tatsächliche Zahlung, evtl. 10 Tage-Regelung).
  • Disagio (als quasi vorgezogener Zins) ist BA, dabei gilt:
  1. sofern es marktüblich ist: in voller Höhe im Aufnahmejahr
  2. ansonsten ist gem. § 11(2)3 EStG zu prüfen und zu entscheiden, ob es in voller Höhe angesetzt wird oder auf die Jahre zu verteilen ist
  • Als Zahlungszeitpunkt ("Abfluss") gilt beim Disagio: wenn Darlehen unter Abzug des Disagios ausgezahlt wurde

Beispiel:

Der Mandant nimmt am 30.09.01 ein Darlehen über 60.000,00 Euro auf. Laufzeit: acht Jahre, Auszahlung 98 %, Zinssatz 6 %, Tilgung komplett nach 8 Jahren. Die Zinsen werden vierteljährlich nachträglich vom Bankkonto abgebucht. Die Zinsen für das vierte Quartal 01 werden dem Bankkonto des Mandanten am 04.01.02 belastet.

Begründung, §§, Text
BE
BA
Darlehensaufnahme: keine BE (Finanzierungsvorgang)
0,00

Disagio: 2 % = 1.200 Euro, in voller Höhe in 01 abziehbar, keine Verteilung auf die Jahre, da marktüblich; § 11(2) S. 3 und 4 EStG; Abfluss bei Darlehensauszahlung in 01, § 11 (2) 1 EStG

1.200,00
Zinsen 4. Quartal 01: BA in 01 gem. § 11(2)2 EStG; regelmäßig wiederkehrende Ausgabe + Zahlung innerhalb kurzer Zeit (10 Tage) nach Beendigung des Jahres 01

900,00

Einzelheiten:

Darlehensauszahlungen und Darlehenstilgungen sind keine BE oder BA. Für BA ergibt sich das letztlich aus der BA-Definition in § 4 (4) EStG, denn die Tilgung kann nicht als betrieblich veranlasste "Aufwendung" gesehen werden. Dementsprechend kann der Darlehenszufluss nicht als "Einnahme" gesehen werden, sondern ist nur Vermögenstausch. In Aufgabenlösungen reicht die lapidare Aussage, dass Auszahlungen und Tilgungen keine BE oder BA sind.



Zinsen sind dagegen ganz normale "Aufwendungen" und damit BA. Es gilt das Zuflussprinzip (natürlich unter Beachtung der 10-Tageregelung, falls die Zinsen nicht einmalig sondern regelmäßig zu zahlen sind).

Damnum oder Disagio ist als ein quasi "vorgezogener Zins" natürlich eine Betriebsausgabe. Problematisch ist hier der Zeitpunkt. Es muss über die zwei Spezialregeln von § 11(2) Satz 3 und 4 geklärt werden, ob das Disagio in voller Höhe bei Kreditauszahlung anzusetzen ist oder auf die Jahre verteilt werden muss.

Der Gesetzestext ist zunächst sehr verwirrend:

Der Gesetzestext von § 11(2) Satz 3 EStG lautet:
Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird.
Der folgende Satz, § 11(2) Satz 4 EStG, lautet:
Satz 3 ist auf ein Damnum oder Disagio nicht anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist.
Beide Sätze zusammen ergeben folgende Regel:

Ansatz in der Regel in voller Höhe sofort, außer: wenn das Disagio marktunüblich hoch ist (über 5 %) und die Laufzeit mehr als 5 Jahre beträgt.
Bei unüblich hohem Disagio ist nämlich das Disagio nach § 11 (2) 3 Satz statt nach § 11 (2) 4 EStG zu behandeln. Satz 3 wiederum enthält eine Weiche: bei Laufzeiten bis 5 Jahren darf man auch hier sofort den Gesamtbetrag ansetzen, bei Kreditlaufzeiten über 5 Jahre muss man das Disagio auf die Kreditlaufzeit verteilen.

Da in Prüfungen erfahrungsgemäß  immer nur marktübliches Disagio vorkommen wird, ist die Standardlösung ein BA-Ansatz in voller Höhe.

Als marktüblich sieht man in der Praxis als Regelfall "fünf Prozent" an, auch wenn sich aus den BFH-Urteilen keine eine wirklich exakte Festlegung ergibt. In Prüfungsfällen wird der Disagio deutlich unter 5 % sein, und Sie können dann einfach feststellen, es läge ein "marktübliches" Disago vor, das voll ansetzbar ist.


Der Abfluss beim Disagio
 
Es bleibt die Frage, wann beim Disagio eigentlich der "Abfluss"im Sinne des §11 Abs. 2 EStG vorliegt. Denn das Disagio wird eigentlich gezahlt, sondern umgekehrt von dem Kreditgeber einbehalten. Dazu sagt die Rechtsprechung: "Im Zeitpunkt der Hingabe des um das Damnum gekürzten Darlehns ist der Abfluss vollendet" (BFH, 21.05.1993 - VIII R 1/91, BStBl II 1994, 93).

Ergebnis: Das Disagio gilt  als abgeflossen, wenn die Darlehenssumme ausgezahlt wird.

(Dieser Blogbeitrag ist bis hierher ein Auszug aus Kapitel 7 des Buchs "Einnahmeüberschussrechnung für Steuerfachangestellte") Im Buch sind auch Beispiele aus Prüfungen in Form von Fünfspaltern (mit Korrekturspalten)
Zum Buch "Einnahmenüberschussrechnung für Steuerfachangestellte"
In Prüfungen

In Abschlussprüfungen wird üblicherweise der Fünfspalter verwendet, der auch zwei Korrekturspalten enthält. Das heißt, der Mandant hat bereits "Buchungen" gemacht oder nicht und der Prüfling muss entscheiden, ob noch etwas zu erfassen oder zu korrigieren ist.

Beispiel:


M nahm zum 28.12.01 bei einer Bank für einen neuen betrieblichen PKW ein Darlehen über 35.000 Euro mit Laufzeit 5 Jahre auf. Die Bank überwies die Darlehenssumme abzüglich eines Disagios in Höhe von 1.050 Euro. M erfasste die von der Bank überwiesenen 33.950 Euro als BE.

Lösung für das Jahr 01:
Begründung, §§, Text
BE +
BE ./.
BA +
BA ./.
Darlehen ist keine BE, Storno

marktübliches Disagio ist BA in 01 in voller Höhe (11 Abs. 2 S. 4), Abfluss bei Darlehensauszahlung in 01, § 11 (2) 1 EStG

33.950,00


1.050,00