Dienstag, 14. August 2018

Erstausbildung im Sinne der Sonderausgaben ist nicht Erstausbildung im Sinne des Kinderfreibetragsrechts

Ab 2015 wurde der Berufsausbildungsbegriff im Rahmen der Werbungskosten definiert (§ 9 Abs. 6 Satz 2 EStG)

§ 9 Abs. 6 EStG regelt ab 2015 klarstellend, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder für sein Studium nur dann Werbungskosten sind, wenn er zuvor bereits eine Erstausbildung (Berufsausbildung oder Studium) abgeschlossen hat oder wenn die Berufsausbildung oder das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Eine Berufsausbildung als Erstausbildung liegt vor, wenn eine geordnete Ausbildung mit einer Mindestdauer von 12 Monaten bei vollzeitiger Ausbildung absolviert und abgeschlossen wird


Diese strenge Betrachtung ist gut für die Frage, ob nur der beschränkte Sonderausgabenabzug nach § 10 EStG oder der unbeschränkte Werbungskostenabzug (vorweggenommene WK) anwendbar ist. So ergibt sich aus § 9 Abs. 6, dass für das Bachelorstudium (sofern vorher kein Ausbildungsabschluss vorlag) nur der SA-Abzug möglich ist aber immerhin ab dem Masterstudium auf alle Fälle der Werbungskostenabzug möglich ist.

Die Abgrenzung Erstausbildung und Fortbildung spielt auch eine Rolle, wenn es um Kinderfreibetrag und Kindergeld geht, also bei der Frage, ob das Kind noch in Erstausbildung ist (§ 32 Abs. 4) und somit steuerlich zu berücksichtigen ist (sei es über Freibetrag oder Kindergeld, vgl. § 31 EStG).

Denn ab der Fortbildung kann das eigene Einkommen des Kindes schädlich sein (über 20 Stunden regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit).


Hier wäre die strenge Abgrenzung von § 9 Abs. 6 EStG eher schädlich.


Glücklicherweise sieht das die Rechtsprechung anders, und das Bundesfinanzministerium hat sich dem angeschlossen und in einem Rundschreiben klargestellt, dass hier die strenge Abgrenzung des § 9 Abs. 6 ESt G nicht auch für § 32 EStG gilt.

BMF 8.2.2016, Steuerliche Berücksichtigung volljähriger Kinder nach § 32 Absatz 4 Satz 2 und 3 EStG ab 2012,



Daher kann man auch dann noch Kindergeld/KiFB für das Kind bekommen, wenn es nach dem Bachelor sofort den Masterstudiengang weitermacht und das Ganze erkennbar ein einheitliches Berufsziel war. Natürlich immer vorausgesetzt, dass die Altersgrenzen nicht überschritten wurden.



Klargestellt wird die unterschiedliche Definition in Anmerkung 12d.
 
BMF 8.2.2016, Steuerliche Berücksichtigung volljähriger Kinder nach § 32 Absatz 4 Satz 2 und 3 EStG ab 2012, Anmerkung 12d
Für die Frage, ob eine erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium nach § 32 Absatz 4 Satz 2 EStG abgeschlossen sind, kommt es nicht darauf an, ob die Berufsausbildung bzw. das Studium die besonderen Voraussetzungen für eine Erstausbildung im Sinne des § 9 Absatz 6 EStG erfüllen.

Und interessant hierzu ist Anmerkung 12b
Ist auf Grund objektiver Beweisanzeichen erkennbar, dass das Kind sein angestrebtes Berufs-ziel noch nicht erreicht hat, kann auch eine weiterführende Ausbildung noch als Teil der Erstausbildung zu qualifizieren sein (BFH vom 3. Juli 2014 - BStBl 2015 II S. 152, sog. mehraktige Ausbildung) ... (unbedingt lesen!)
Beispiel: Bachelor-Master-Studiengänge in einem Zug;


Es gibt auch einen guten Aufsatz beim Haufe-Verlag
Unterschiedliche Behandlung von Erst- und Zweitstudium bei Kindergeld und Werbungskostenabzug, vom 25.2.2016