Mittwoch, 12. Februar 2020

Arbeitsrecht für Technische Betriebswirte

Folgende Materialien zum Arbeitsrecht entstanden für einen Vertiefungskurs zur Prüfungsvorbereitung für Technische Betriebswirte (schriftliche Prüfung).

1 Allgemeines zum einzelnen Arbeitsverhältnis

1.1  Welche Regelungen sind zu beachten?

Das Arbeitsverhältnis wird, neben dem allgemeinen Arbeitsrecht, durch Vereinbarungen geprägt, sofern die Vereinbarungen nicht gegen zwingende gesetzliche Schutzvorschriften verstoßen.

Das Rangprinzip:
Grundsätzlich gilt im Arbeitsrecht das Rangprinzip (auch Normenpyramide oder Normenhierarchie genannt). Demnach gilt von zwei oder mehreren Normen die einen Sachverhalt regeln können, prinzipiell immer die höherrangige Norm.
  • Gesetze (BGB, KSchG, BUrlG usw.)
  • Tarifverträge
  • Betriebsvereinbarungen
  • Arbeitsvertrag
  • Betriebliche Übung
Das Rangprinzip wird aber durch das Günstigkeitsprinzip durchbrochen. Wenn im Arbeitsvertrag ein für den Arbeitnehmer günstigerer Urlaub (höherer Urlaub) als im Gesetz vereinbart wurde, gilt diese günstigere Regelung.

Es gilt also zwar der Vorrang der höheren Stufe, aber nicht, wenn die niedrigere Vereinbarung für den Arbeitnehmer günstiger ist. Beispiel: Gemäß Gesetz stehen dem Arbeitnehmer bei einer 6-Tage-Woche 24 Werktage Urlaub zu. Wenn der Arbeitsvertrag 30 Tage vorsieht, ist das günstiger, wenn der Arbeitsvertrag 18 Tage vorsieht, hat das Gesetz Vorrang.

1.2 Probearbeitsverhältnis

  1. Echtes Probearbeitsverhältnis = befristeter Vertrag zum Zwecke der Erprobung
  2. Probezeit innerhalb eines unbefristeten Vertrags (Zweck: kürzere Kündigungsfrist, § 622 Absatz 3 BGB)

1.3 Leiharbeitsverhältnis

Regelung: Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Ein Leiharbeitsverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) mit seiner Zustimmung von dem Arbeitgeber (Verleiher), der mit ihm im eigenen Namen einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, an einen anderen Arbeitgeber (Entleiher) zur Erbringung von Arbeitsleistung überlassen (ausgeliehen) wird. Der eigentliche Arbeitsvertrag besteht zwischen AN und Verleiher (meist eine Zeitarbeitsfirma). Der Entleiher muss den Lohn zahlen, das Weisungsrecht bezüglich der Arbeit liegt aber beim Entleiher.

1.4 Hauptpflichten Arbeitsvertrag

Geregelt in § 611a BGB, dort verteilt auf Absatz 1 und 2.
Arbeitnehmer ist zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet, Arbeitgeber muss den vereinbarten Lohn zahlen.

2 Anbahnung Arbeitsvertrag

2.1 Geschäftsfähigkeit

Die Vertragsparteien müssen geschäftsfähig sein. Das gilt auch für den Abschluss eines Ausbildungsvertrags. Ein 17jähriger muss also die vorherige Einwilligung des gesetzlichen Vertreters einholen, damit er wirksam einen Vertrag schließen kann. Sonst ist der Vertrag schwebend unwirksam und wird nur durch nachträgliche Genehmigung wirksam.

2.2 Form beim Vertragsschluss

Der Abschluss des Arbeitsvertrags ist grundsätzlich formlos möglich. Auch ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag ist rechtswirksam. Scheinbare Ausnahmen (oder besser: Besonderheiten) gibt es für befristete Arbeitsverträge und für Ausbildungsverträge (wobei letztere eigentlich keine normalen Arbeitsverträge sind).
  • Beim befristeten Vertrag ist die Befristungsabrede als solche schriftlich zu vereinbaren. Ohne Schriftform ist der Arbeitsvertrag gleichwohl wirksam, und zwar als unbefristeter Vertrag.
     
  • Ausbildungsverträge müssen gemäß § 11 BBiG "schriftlich niedergelegt" werden und unterschrieben werden. Auch hier gilt aber, dass der Vertrag bei Verstoß gegen die Vorschrift trotzdem wirksam ist.
Aber Nachweisgesetz:

Für alle mündlich geschlossenen Arbeitsverträge gilt das Nachweisgesetz.
Der Arbeitgeber muss spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederlegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen; die Mindestinhalte sind im Nachweisgesetz geregelt.

2.3 Spezielle Voraussetzungen für befristete Arbeitsverträge.

Die Möglichkeit, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, ist gesetzlich eingeschränkt durch das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG). Zusätzlich zur Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG) ist also zu prüfen, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine zulässige Befristung vorlagen. Diese sind in § 14 Absätze 1 bis 3 geregelt.

Die Befristung kann in zwei Formen auftauchen: Der zeitbefristete Arbeitsvertrag (die Dauer ist kalendermäßig bestimmt) und der zweckbefristete Arbeitsvertrag (die Befristung ergibt sich aus Art, Zweck und Beschaffenheit der Arbeitsleistung: z.B. bis zur Fertigstellung eines Projekts; bis die Krankheit eines vertretenen Arbeitnehmers endet, etc)

Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist nur zulässig (und wirksam)
  • wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (§ 14 TzBfG enthält Beispiele);
                                                                 .
  • oder sie die Dauer von zwei Jahren nicht überschreitet (so genannte "sachgrundlose Befristung"). Bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Weitere Erleichterungen gibt es für ältere Arbeitnehmer und für Existenzgründer, hier wird die Frist auf 4 oder 5 Jahre erweitert (§ 14 Abs. 2 und Abs. 3 TzBfG).
Bei der sachgrundlosen Befristung (2 Jahre) gilt ein Vorbeschäftigungsverbot. In einer Musterlösung der letzten Jahre steht, dass der BAG den Gesetzeswortlaut eingeschränkt hat und die Vorbeschäftigung innerhalb der letzten 3 Jahre gewesen sein müsse. Diese Ausnahme gilt seit einem Urteil im Februar 2019 nicht mehr. Es gilt also wieder der volle Gesetzestext: keine Vorbeschäftigung (lediglich bei sehr sehr lange zurückliegenden Beschäftigungen kann an eine Ausnahme gedacht werden).
 
Folge unwirksamer Befristung:
Wenn die Voraussetzungen für die Befristung (§ 14 Abs. 1-3) nicht erfüllt sind, so ist (nur) die Befristung als solche unwirksam. Der Arbeitsertrag insgesamt ist wirksam und gilt jetzt als unbefristet abgeschlossen: § 16 TzBfrG
Befristung und Kündigung?
Ein befristeter Vertrag endet automatisch nach Fristablauf (§ 620 BGB). Eine ordentliche Kündigung scheidet aus, es sei denn, diese Möglichkeit wurde ausdrücklich vereinbart.

2.4 Gleichbehandlung - das AGG bei der Einstellung

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) will Diskriminierungen am Arbeitsplatz verhindern. Es gilt für laufende Arbeitsverhältnisse (keine Diskriminierung bei der Behandlung der schon eingestellten Arbeitnehmer), wirkt sich aber schon bei der Einstellung oder Stellenausschreibung aus (keine Benachteiligung bei der Bewerbung).

Welche Diskriminierungen unter den Schutz des AGG fallen, ist in § 1 AGG abschließend definiert.

Es geht (nur) um Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Diskriminierung im laufenden Betrieb (§ 7 AGG):

Wer als Arbeitnehmer aus o.g. Gründen benachteiligt wird, beruft sich auf §§ 7 iVm 1 AGG (§ 7 in Verbindung mit § 1 AGG). § 7 formuliert das eigentliche Diskriminierungsverbot. § 1 definiert nur, welche Diskriminierungen im AGG gemeint sind.
Diskriminierung bei der Einstellungsentscheidung (§ 7 AGG)

Die Diskriminierung kann schon bei der Einstellungsentscheidung erfolgen, so dass ein Bewerber wegen seines Geschlechts, seines Alters, seiner Rasse etc. abgelehnt wird.  Auch hier beruft man sich auf § 7 AGG.

Wenn jemand eine Stelle nicht erhält, weil sie eine Frau ist, wäre das eine (unmittelbare) Diskriminierung im Sinne von §§ 7,1 AGG.

Diskriminierung bei der Stellenausschreibung (§ 11 AGG)

Die Diskriminierung kann aber schon im Ausschreibungstext der Stellenausschreibung liegen, weil dann entsprechende Bewerber abgeschreckt werden. Daher dürfen Ausschreibungen nicht gegen § 11 AGG verstoßen. Dazu reichen schon indirekte Botschaften (mittelbare Diskriminierungen). Beispiele (z.T. auch aus Prüfungen):
  • Wir suchen "einen Auszubildenden" und "einen Industriekaufmann" (weibliche Bewerber werden abgeschreckt)
  • Wir suchen junge Mitarbeiter (direkte Altersdiskriminierung),
  • Wir suchen Berufsanfänger (mittelbare Altersdiskriminierung, weil sich damit in der Regel nur junge Leute angesprochen fühlen),
  • Wir suchen erfahrenen Verkäufer (mittelbare Altersdiskriminierung, weil damit jüngere Bewerber abgeschreckt werden)
  • Voraussetzung ist deutsch als Muttersprache (diskriminiert Ausländer; besser: "gute Deutschkenntnisse", aber auch nur, wenn dies für den Beruf) (kam als Variante in der Prüfung 2013 vor, dort ging es allerdings um "japanisch als Muttersprache")
  • PKW-Führerschein (benachteiligt Bewerber unter 18 Jahren)
  • Einsatzbereitschaft auch außerhalb der Normalarbeitszeit (benachteiligt Jugendliche hinsichtlich Jugendarbeitsschutz und begrenzter Arbeitszeiten)

2.5 Mitwirkung des Betriebsrats bei der Einstellung

Existiert ein Betriebsrat und hat der Betrieb mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer, ist § 99 BetrVG zu beachten. Demnach hat der Betriebsrat nicht nur das Recht auf Informationen, sondern kann auch bei der Einstellung mitbestimmen.

Demnach hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor der Einstellung den Betriebsrat unterrichten, die Bewerbungsunterlagen vorlegen, Auskunft über die Person geben, und die Zustimmung des Betriebsrats entsprechend den Regeln in § 99 BetrVG einholen.

Rechte des Betriebsrats: Der Betriebsrat kann der Einstellung zustimmen, ihr widersprechen, oder die Wochenfrist verstreichen lassen, so dass die Zustimmung als erteilt gilt.

2.6 Unzulässige Fragen und Anfechtung

Ein Arbeitsvertrag kann wie jeder Vertrag wegen Irrtums oder wegen arglistiger Täuschung angefochten werden (§§ 119, 123 BGB). Täuscht der Bewerber den Arbeitgeber bei den Einstellungsverhandlungen über seine Qualifikation oder fälscht er Zeugnisse, dann kann dies zu einer Anfechtung nach § 123 BGB führen (Anfechtung wegen arglistiger Täuschung). Die Wirkung einer Anfechtung ist die Ungültigkeit des Vertrags .

In diesem Zusammenhang spielt das Thema "unzulässige Fragen" eine Rolle. Denn lügt der Bewerber auf eine solche unzulässige Frage, dann sind die Gerichte der Ansicht, dass trotz der Lüge keine Anfechtung möglich ist.

Fragerecht, Personalfragebögen

Eines der größten Probleme bei Vertragsanbahnungen ist das Fragerecht des Arbeitgebers. Denn mit Rücksicht auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht darf der Arbeitgeber seine Position nicht ausnutzen und unnötige, private Details erfragen. Es sind nur Fragen erlaubt, an denen der Arbeitgeber ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse hat. Die Richtlinien hierzu sind Richterrecht, also in der Rechtsprechung entwickelt und nicht direkt im Gesetz geregelt.
Auf unzulässige Fragen darf der Bewerber lügen, ohne dass ihm dadurch rechtliche Nachteile entstehen können. Auf zulässige Fragen allerdings darf er nicht lügen, da sonst eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) und Schadenersatz denkbar ist.
Unzulässige Fragen:
  • Religion (Ausnahme wieder bei Tendenzbetrieben, also beim kirchlichen Arbeitgeber)
  • Familienplanung
  • Schwangerschaft
  • Vorstrafen, soweit die Taten nicht wesentlich für die Tätigkeit sind (siehe oben).
  • Gewerkschaftszugehörigkeit (Ausnahme bei Tendenzbetrieben, also Gewerkschaft bzw. Arbeitgeberverband als Arbeitgeber)
  • Parteizugehörigkeit
  • Schwerbehinderung
  • Erkrankungen, außer wenn diese Bedeutung für die Arbeitsleistung, den Betrieb oder die übrigen Arbeitnehmer haben.
  • Vermögensverhältnisse, außer wenn es sich um leitende Positionen mit besonderem Vertrauensverhältnis handelt oder die Personalabteilung über Gebühr beansprucht wird.
Zulässige Fragen
  • Beruflicher Werdegang
  • Berufliche Kenntnisse im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle
  • Hobbys
  • Note Abschluss
Rechtsfolge auf eine unwahre Antwort:
a) Bei zulässigen Fragen drohen bei falschen Antworten:
  • Anfechtung gem. § 123 BGB (argl. Täusch.) und Schadenersatz § 280 BGB
b) Bei unzulässigen Fragen bewirkt eine falsche Antwort keine Anfechtbarkeit. Der Bewerber hat also im Endeffekt ein "Recht zur Lüge".


3 Laufende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag

Mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses entstehen für die Vertragsparteien Rechte und Pflichten.

3.1 Pflichten für den Arbeitgeber:

Vergütung
Die Hauptvergütung besteht meist aus einem festen Gehalt oder Lohn. Die Begriffe Lohn und Gehalt sind traditionell entstanden ist und meinen die Vergütung des Arbeiters Lohn) oder des Angestellten (Gehalt). Gesetz und Praxis benutzen die Begriffe mittlerweile synonym.
Der Arbeitnehmer hat Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung unter den Voraussetzungen der Regeln des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG), wenn er z.B. wegen unverschuldeter Erkrankung die Arbeit nicht ausüben kann. Der Anspruch umfasst 100 % des Lohns und besteht längstens für sechs Wochen. Danach ist der Arbeitgeber aus der Zahlungspflicht entlassen, der Arbeitnehmer erhält dann entweder "Krankengeld" (70%) von der Krankenkasse, oder, bei Arbeitsunfällen, das so genannte "Verletztengeld" (80%)
Das EFZG ist eine Ausnahme vom vertragsrechtlichen Prinzip "Ohne Arbeit kein Lohn". Zum Beispiel gibt es bei unentschuldigtem Fernbleiben keinen Lohnanspruch für die Fehltage, ebenso beim Streik (selbst wenn er legal ist, also von der Gewerkschaft ordnungsgemäß organisiert).
Eine weitere Ausnahme (wo es also doch Lohn gibt, obwohl nicht gearbeitet wurde): § 615 S. 3 Betriebsrisiko. Beispiel: Stromausfall führt dazu, dass die Arbeitnehmer nach Hause geschickt werden müssen. Trotzdem bekommen sie für die Fehltage Geld (war schon Prüfungsthema)

die Fürsorgepflicht (§ 242 BGB) 


Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass dem Arbeitnehmer durch die Einordnung in die Betriebsorganisation keine Gefahren oder Nachteile für die Gesundheit entstehen. Dasselbe gilt für den Schutz des eingebrachten Vermögens und den Schutz der Persönlichkeit. Einzelne Beispiele für Fürsorgepflicht: Datenschutz, Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit (618 BGB + spezielle Gesetze), Schutz vor sexueller Belästigung und Diskriminierung durch Kollegen, 12 ff AGG)
 
Beschäftigungspflicht

Aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers folgt dessen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung während des Arbeitsverhältnisses. Es reicht grundsätzlich nicht, wenn der Arbeitgeber nur das Gehalt zahlt und ihn von der Arbeit fernhält.

Pflicht zur Urlaubsgewährung

Der Urlaubsumfang ergibt sich aus Arbeitsvertrag unter Beachtung der Mindestansprüche gemäß BUrlG, Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung.

Pflicht zur Zeugniserteilung

Der Arbeitnehmer kann gem. § 109 Gewerbeordnung beim Ausscheiden aus dem Betrieb ein schriftliches Zeugnis über Art und Dauer seiner Beschäftigung fordern (einfaches Zeugnis). Auf seinen Wunsch hin kann er das Zeugnis auch auf Führung und Leistung ausdehnen (qualifiziertes Zeugnis). Verlangt der Arbeitnehmer nur pauschal ein Zeugnis, muss ihm der Arbeitgeber zumindest ein einfaches Zeugnis erteilen.
Ein qualifiziertes Zeugnis muss mindestens Angaben über Arbeitsqualität und -quantität, Arbeitssorgfalt und -einsatz sowie über das Verhalten gegenüber Kollegen und Vorgesetzten.

Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein (§ 109 Abs. 2 GewO). Es darf keine versteckten Botschaften enthalten.

Der für die Zeugnispflicht oft zitierte § 630 BGB gilt nur noch für Dienstverträge, die keine Arbeitsverträge sind (vgl. § 630 Satz 4 BGB). Für Arbeitnehmer wurde die Zeugnispflicht im Jahre 2003 einheitlich in § 109 GewO übernommen.
Für Berufsausbildungen gilt die Sondervorschrift des § 16 BBiG

3.2 Pflichten für den Arbeitnehmer:

Arbeitspflicht (unter Berücksichtigung des Weisungsrechts des ArbG)
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die ihm übertragenen Arbeiten pünktlich, gewissenhaft und seinen Fähigkeiten entsprechend auszuführen, sowie den Weisungen des Arbeitgebers Folge zu leisten. Art und Dauer der Tätigkeit richten sich nach dem Dienstvertrag. Siehe auch § 106 GewO.
Verschwiegenheits- und Treuepflicht
Der Arbeitnehmer darf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Dritten nicht mitteilen. Generell hat er die Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies sich aufgrund seines Arbeitsplatzes zu erwarten ist. Der Arbeitnehmer darf keine Bestechungsgelder annehmen.
Wettbewerbsverbot
Der Arbeitnehmer darf mit dem Arbeitgeber nicht in geschäftlichen Wettbewerb treten. Dies gilt für die Dauer des Arbeitsverhältnisses. Ist eine nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkung gewünscht, bedarf dies einer besonderen Vereinbarung und der Berücksichtigung spezieller Voraussetzungen.

3.3 Schutzgesetze

3.3.1 Arbeitsschutzgesetz und zugehörige Verordnungen

Ziel des 1993 eingeführten Arbeitsschutzgesetzes ist es, die Gesundheit aller Beschäftigten durch Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu sichern und zu verbessern (§ 1). Das Gesetz wird durch einige Verordnungen ergänzt, die auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes erlassen wurden; z.B. Arbeitsschutzgesetz, Arbeitsstättenverordnung, Baustellenverordnung, Betriebssicherheitsverordnung, Bildschirmarbeitsverordnung, Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, Lastenhandhabungsverordnung. Diese Gesetze sind gesetzliche Ausprägungen der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers.

3.3.2 Arbeitszeitgesetz

Zweck des Gesetzes ist es, über die Arbeitszeit die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern, sowie den Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung der Arbeitnehmer zu schützen (§ 1 ArbZG).

3.3.3 Jugendarbeitsschutz

Der Schutz des Jugendlichen erfolgt durch das Jugendarbeitsschutzgesetz, das auf Personen Anwendung findet, die noch nicht 18 Jahre alt. Urlaub: § 19 JArbSchG (verdrängt § 3 BUrlG)

3.3.4 Mutterschutzgesetz

Das Mutterschutzgesetz gewährt für die Zeit vor und nach der Entbindung einen besonderen arbeitsrechtlichen Schutz in den Bereichen Gesundheit und Kündigungsschutz..
Zum Zwecke des Gesundheitsschutzes ordnet das MuSchG im Wesentlichen an:
  • Es gilt ein „relatives Beschäftigungsverbot“ für die Zeit von sechs Wochen vor der Geburt (§ 3 Abs. 1 MuSchG). Hier darf die Schwangere nur mit derem Einverständnis beschäftigt werden.
  • Es gilt ein absolutes Beschäftigungsverbot für die Zeit von acht Wochen nach der Geburt (§ 3 Abs. 2 MuSchG).
  • Besonderer Kündigungsschutz, § 17 MuSchG

    Weitere Verbote: Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen, von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind (§§ 9 ff MuSchG). § 4 MuSchG enthält außerdem schützende Regeln über Mehrarbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit. 

3.3.5 Schwerbehindertenschutz

Das frühere Schwerbehindertengesetz ist im Jahre 2001 in das "Sozialgesetzbuch Neuntes Buch" (SGB IX) eingefügt worden. Dort finden wir die Regelungen im Kapitel " Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen (Schwerbehindertenrecht)". Das Gesetz selbst definiert dabei den Begriff "Schwerbehindertenrecht". Beispiele für Schutzregeln: Besonderer Kündigungsschutz; §§ 168 SGB IX, Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX

3.4 Bundesurlaubsgesetz

Der Urlaubsumfang ergibt sich aus Arbeitsvertrag unter Beachtung der Mindestansprüche gemäß BUrlG, Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung.
Das Bundesurlaubsgesetz sieht in § 3 einen Mindesturlaub von 24 Werktage pro Kalenderjahr vor. Diese Zahl gilt aber für die Sechstagewoche. Sieht der Arbeitsvertrag eine 5-Tage-Woche vor, sind die Werte umzurechnen. Somit ergibt sich als Mindesturlaubsanspruch von
  • 24 Tage bei der 6-Tage-Woche
  • 20 Tage bei der 5-Tage-Woche (24 : 6 mal 5)
Der volle Urlaubsanspruch wir erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (so genannte Wartezeit). Davor beträgt der Anspruch 1/12 für jeden vollen Arbeitsmonat (§ 5 BUrlG).

Ebenso beschränkt sich der Urlaubsanspruch (nach erfüllter Wartezeit) auf jeweils ein Zwölftel, wenn der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (§ 5 BUrlG).

Hat der Arbeitnehmer bereits im selben Kalenderjahr von einem anderen Arbeitgeber Urlaub erhalten, wird dies angerechnet (§ 6 BUrlG).

3.5 Haftungsverteilung im Arbeitsrecht

Macht der Arbeitnehmer Fehler, so können Schäden beim Arbeitgeber oder bei Dritten entstehen.
Normalerweise würde jede Fahrlässigkeit und Vorsatz reichen, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (§ 276 BGB). Das Bundesarbeitsgericht verschiebt aber die Haftung zugunsten des Arbeitnehmers, da der Lohn normalerweise nicht ausreicht, um solche Haftungsfälle zu finanzieren.  

Die Gerichte haben folgende Regeln entwickelt, die Sie nicht im Gesetz finden, sondern lernen müssen:


Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit:
unbeschränkte Haftung (so, wie es das Gesetz sowieso vorsehen würde)

Mittlere Fahrlässigkeit:
Schadenaufteilung je nach Einzelfall

Leichte Fahrlässigkeit:
Keine Haftung des Arbeitnehmers (Arbeitgeber trägt eigenen Schaden selbst, ferner muss er Schäden bei Dritten ersetzen, also den Arbeitnehmer freihalten)

Eine Ausnahme gilt für Schadenersatzansprüchen von Arbeitskollegen. Hier gelten diese Haftungserleichterungen nicht, sondern es bleibt bei der vollen Haftung (Grund: die Berufsgenossenschaften springen ein, und hier soll nicht zusätzlich der Arbeitgeber in die Haftung genommen werden).

4 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

4.1 Überblick über mögliche Beendigungsgründe

Das Arbeitsverhältnis kann durch folgende Gründe beendet werden:
  • durch (ordentliche oder außerordentliche) Kündigung, § 620 Abs. 2 BGB
  • durch Zeitablauf bei befristeten Verträgen, § 620 Abs. 1 BGB
  • durch Zweckerreichung bei zweckgebundenen Verträgen (= befristeter Vertrag, z.b. bis Fertigstellung eines Bauwerks)
  • durch Aufhebungsvereinbarung
  • durch Anfechtung, insbesondere bei arglistiger Täuschung (§ 123 BGB)
  • Tod des Arbeitnehmers (Arbeitsverhältnis wird nicht vererbt)

4.1.1 Allgemeines zur Kündigung

Wie bei Dauerschuldverhältnissen üblich, gibt es eine ordentliche und eine außerordentliche Kündigung.
Die außerordentliche Kündigung benötigt gemäß § 626 BGB einen so genannten "wichtigen Grund" und wird deshalb auch "Kündigung aus wichtigem Grund" genannt. Da in diesen Fällen auf die sonst übliche Kündigungsfrist verzichtet wird, wird sie ferner auch "fristlose Kündigung" genannt.
Die Kündigung bedarf zu ihrer Wirksamkeit unbedingt der Schriftform (§ 623 BGB).

4.1.2 Voraussetzungen für ordentliche Kündigung

  • Schriftform der Kündigung (wie für alle Kündigungen)
  • Anhörung Betriebsrat § 102 BetrVG (wie für alle Kündigungen)
  • Im Einzelfall: besonderer Kündigungsschutz zu prüfen (17 MuSchG, 174 SGB IX für Schwerbehinderte, 15 KSchG für Betriebsratsmitglieder)
  • Kündigungsfrist § 622 BGB
  • evtl: allgemeiner Kündigungsschutz nach § 1 KSchG

4.1.3 Kündigungsfristen bei ordentlicher Kündigung

Die gesetzliche Kündigungsfrist ist in § 622 BGB geregelt, sie beträgt sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer:
vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats
(also zum 15. des Monats oder zum Monatsletzten)

Verlängerte Fristen

Speziell bei einer Kündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber verlängert sich die Kündigungsfristen mit zunehmender Beschäftigungsdauer (§ 622 Absatz 2 BGB).
Diese verlängerten Kündigungsfristen betragen nach einer Beschäftigungsdauer von
2 Jahren: 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats;
5 Jahren: 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats;
8 Jahren: 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats;
10 Jahren: 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats;
12 Jahren: 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats;
15 Jahren: 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats;
20 Jahren: 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats.

Abweichende Kündigungsfristen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Wegen des Schutzcharakters zugunsten der Arbeitnehmer, kann für die Kündigungen von Arbeitgebern die Frist vertraglich nicht verkürzt werden (insoweit sind die Fristen zwingend). Längere Fristen können uneingeschränkt vereinbart werden. Beachte für Abweichungen im Einzelvertrag: § 622 Absätze 4 bis 6 BGB.

Probezeit und Kündigungsfrist
Eine Besonderheit gilt für die Probezeit. § 622 Abs. 3) Während einer vereinbarten Probezeit (die nicht länger als sechs Monate dauern darf), kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Einzelne Gesetze haben spezielle Probezeitregeln (Berufsbildungsgesetz, Schwerbehindertengesetz; Betriebsverfassungsgesetz für Betriebsratsmitglieder).

 

4.1.4 Die außerordentliche Kündigung

Die außerordentliche Kündigung ist eine Kündigung, die nur aus wichtigem Grund erfolgen kann (§ 626 BGB), und die nicht an Fristen gebunden ist. Entgegen vielfacher Meinung muss sie nicht wirklich fristlos sein; der Arbeitgeber kann auch eine mehr oder weniger knappe Frist ansetzen.
Voraussetzungen für die außerordentliche Kündigung sind:
  • Wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB,
  • Einhaltung der Zwei-Wochen-Reaktionsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB
  • und Schriftform der Kündigung (wie für alle Kündigungen)
  • Anhörung Betriebsrat § 102 BetrVG (wie für alle Kündigungen)
  • Im Einzelfall: besonderer Kündigungsschutz zu prüfen (17 MuSchG, 174 SGB IX für Schwerbehinderte, für Betriebsratsmitglieder: § 103 Abs.1 BetrVG)
Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann (§ 626 Abs. 1 BGB). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur bei schweren schuldhaften Verstößen gegen vertragliche Pflichten in Betracht, kann aber ausnahmsweise auch bei unverschuldetem Sachverhalt in Frage kommen.
Beispiele für wichtige Gründe bei Kündigung durch Arbeitgeber
  • erschlichene Einstellung durch gefälschte Zeugnisse
  • Begehen strafbarer Handlungen im Dienst
  • beharrliche Arbeitsverweigerung
  • beharrlicher Verstoß gegen den Arbeitsvertrag
  • öffentliche Verunglimpfung des Arbeitgebers
  • Entziehung der Fahrerlaubnis bei einem Kraftfahrer
  • Verletzung des Wettbewerbsverbots
Wichtig bei einer außerordentlichen Kündigung ist die Zwei-Wochen-Frist nach 626 II BGB. Die außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Kenntniserlangung vom wichtigen Grund erfolgen, eine spätere Kündigung ist unwirksam.
Die außerordentliche Kündigung muss, wie jede arbeitsrechtliche Kündigung, schriftlich erfolgen, und natürlich muss ein eventuell bestehender Betriebsrat angehört werden, § 102 BetrVG.

 

4.1.5 Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung liegt vor, wenn das bisherige Arbeitsverhältnis außerordentlich oder ordentlich gekündigt wird und zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten (in der Regel zu verschlechterten) Bedingungen angeboten wird
Auch hier verlangt das Kündigungsschutzgesetz für die Wirksamkeit der Änderungskündigung das Vorliegen von Kündigungsgründen im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG und für eine rechtserhebliche Beanstandung die Einhaltung der dreiwöchigen Klagefrist.
§ 2 KSchG enthält eine spezielle Regelung, die dem Arbeitnehmer bei einer Änderungskündigung eine weitere Möglichkeit eröffnet: die Annahme unter Vorbehalt.

 

4.1.6 Kündigung und Betriebsrat

In Betrieben, in denen ein Betriebsrat gewählt ist, muss der Betriebsrat gemäß § 102 Betriebsverfassungsgesetz vor jeder Kündigung gehört werden. Dazu gehört, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Person des Arbeitnehmers, der gekündigt werden soll, die Art der Kündigung und die Kündigungsgründe mitteilt.

§ 102 BetrVG: Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist gemäß Gesetz unwirksam!
Das mutet merkwürdig an, weil der Arbeitgeber eigentlich nichts gegen die Kündigung machen kann. Aber mit dieser "Strafe" will man sicherstellen, dass der Betriebsrat VOR einer eventuellen gerichtlichen Auseinandersetzung beraten oder vermitteln kann.


Der Betriebsrat kann nach Maßgabe der Regeln des § 102 BetrVG Bedenken oder Widerspruch äußeren und dabei bestimmte Fristen beachten. Widerspruch und Bedenken verhindern im Gegensatz zur fehlenden Anhörung nicht die Wirksamkeit der Kündigung; der Arbeitgeber kann die Kündigung trotzdem aussprechen. Folge ist lediglich einige Erleichterungen für den Arbeitnehmer nach der Kündigung.

 

4.1.7 Allgemeiner Kündigungsschutz durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Die ordentliche Kündigung wäre nach BGB an sich ohne besonderen Grund lediglich unter Beachtung der Kündigungsfristen möglich.

Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen greift jedoch ein so genannter "allgemeiner Kündigungsschutz" nach Kündigungsschutzgesetz. Dieser Kündigungsschutz sorgt dafür, dass eine Kündigung nicht mehr ohne weiteres, sondern nur bei bestimmten Kündigungsgründen möglich - ähnlich dem Mietkündigungsschutz bei Wohnraummiete, wo ebenfalls nur unter bestimmten Gründen gekündigt werden kann.

Dieser allgemeine Kündigungsschutz gilt nur unter folgenden zwei Voraussetzungen:
  • der Arbeitgeberbetrieb muss die in § 23 KSchG genannte Mitarbeiterzahl überschreiten. Grenze: eigentlich 10 Arbeitnehmer (für alle AN, die nach dem 1.1.2004 eingestellt wurden), für Altfälle gilt 5 Arbeitnehmer
  • und der spezielle Arbeitnehmer muss dort mindestens sechs Monate dauernd beschäftigt gewesen sein (siehe § 1 KSchG)
Wenn klargestellt ist, dass das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist (also "allgemeiner Kündigungsschutz besteht), kann der Arbeitnehmer nur noch mit folgenden drei Kündigungsgründen gekündigt werden:
  • personenbedingte Kündigung
  • verhaltensbedingte Kündigung
  • betriebsbedingte Kündigung
Diese drei Fälle gelten als „sozial gerechtfertigte“ Kündigungen, alle anderen Kündigungen sind automatisch „sozial nicht gerechtfertigte Kündigungen“ und unwirksam (§ 1 KSchG).

a) Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen (personenbedingte Kündigung)
Gründe in der Person des Arbeitnehmers rechtfertigen eine Kündigung dann, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers so gewichtig sind, dass sie die Beendigung rechtfertigen.
Anerkannte Gründe sind z. B. der Verlust der für die Arbeit notwendigen Qualifikationen (z. B. Verlust des Führerscheins bei einem Kraftfahrer). Als Kündigungsgrund kann auch eine lang andauernde oder sich häufig wiederholende Krankheit in Frage kommen.

b) Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen (verhaltensbedingte Kündigung)
Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers sind vor allem bei allen Verletzungen der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten gegeben.
Speziell für diese Fallgruppe ist Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer vorher mindestens einmal abgemahnt worden ist (z. B. dauernde Unpünktlichkeit nach vorheriger Abmahnung).

c) Kündigung, die durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt ist (betrieblich bedingte Kündigung)
Bei den dringenden betrieblichen Erfordernissen, die eine Kündigung rechtfertigen, kann es sich um außerbetriebliche oder innerbetriebliche Gründe handeln, z. B. Rohstoff- oder Energiemangel, Auftragsmangel, Umsatz- oder Gewinnrückgang, Aufgabe bestimmter Teile der Produktion, Rationalisierung durch Anschaffung neuer Maschinen oder besserer Arbeitsverteilung.
Speziell bei dieser Fallgruppe ist eine Sozialauswahl notwendig, das heißt, der Arbeitgeber muss eine Auswahl unter den in Betracht kommenden (vergleichbaren) Arbeitnehmern des Betriebes treffen, wobei diese Auswahl unter folgenden vier sozialen Gesichtspunkten steht: die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, bestehende Unterhaltspflichten und eine etwaige Schwerbehinderung des Arbeitnehmers. Die"Sozialauswahl" sollte man nicht mit der "Sozialen Rechtfertigung" der Kündigung verwechseln. Letzteres ist der Überbegriff über die drei Kündigungsarten.

4.1.8 Besonderer Kündigungsschutz

Einige Arbeitnehmer genießen aufgrund von Sondergesetzen einen besonderen Kündigungsschutz.

a) Betriebsratsmitglieder:
Mitglieder eines Betriebsrats und ähnlicher Arbeitnehmervertretungen genießen besonderen Kündigungsschutz:
  • eine ordentliche Kündigung ist gemäß § 15 KSchG nicht möglich
  • eine außerordentliche Kündigung bedarf der Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 103 Abs.1 BetrVG
b) Mütter und Schwangere
Nach § 17 Mutterschutzgesetz besteht Kündigungsschutz während der Schwangerschaft und bis 4 Monate nach Entbindung, wenn dem ArbG zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft bekannt war oder innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wurde. Auch für fristlose Kündigungen gibt es einen gewissen Schutz - sie ist zwar nicht unmöglich, erfordert aber eine vorherige Genehmigung der Behörde.

c) Schwerbehinderte
Schwerbehinderte genießen einen besonderen Kündigungsschutz nach §§ 168 ff. SGB IX (früher 85 ff SGB, ganz früher  §§ 15, 20 SchwbG), sofern das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand. Die Kündigung eines Schwerbehinderten bedarf stets der Zustimmung des zuständigen Integrationsamtes. Dieses kann die Zustimmung erteilen, ein Negativattest erteilen (dass Zustimmung nicht nötig ist) oder die Zustimmung verweigern. Bei einer Verweigerung kann der Arbeitgeber vor dem Verwaltungsgericht auf Zustimmung klagen.

d) Auszubildende
Nach der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur außerordentlich gekündigt werden (§ 22 BBiG). Der Auszubildende selbst kann mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will.

e) Wehrdienstleistende, Zivildienstleistende
Wehrdienstleistende genießen Kündigungsschutz für die Dauer des Grundwehrdienstes und der Wehrübungen; Zivildienstleistende für die Dauer des Zivildienstes (§2 ArbPlSchG)

 

4.1.9 Kündigungsschutzklage

Eine Besonderheit im Kündigungsrecht stellt die Kündigungsschutzklage dar, die in § 4 KSchG geregelt ist.
Erhebt der Kläger nicht innerhalb von 3 Wochen diese Kündigungsschutzklage vor einem Arbeitsgericht,  wird eine eventuell fehlerhafte - und damit unwirksame - Kündigung geheilt und nachträglich doch wirksam! Das Gesetz selbst verwendet den Begriff "Kündigungsschutzklage" nicht sondern spricht von einer "Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung nicht aufgelöst wurde", in der Praxis und in Prüfungen wird aber der Begriff "Kündigungsschutzklage" verwendet und erwartet.

 

4.1.10 Abmahnung

Im Arbeitsrecht versteht man unter einer Abmahnung eine Beanstandung der Leistung des Arbeitnehmers mit gleichzeitiger Androhung der Kündigung für den Fall der Wiederholung.

Abmahnung bedeutet, dass der Arbeitgeber seine Beanstandungen dem Arbeitnehmer gegenüber deutlich macht und - wenn auch nicht expressis verbis - damit gleichzeitig den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Eine Abmahnung beinhaltet eine Rüge und eine Warnung. Sie hat Rüge- und Warnfunktion. Der Arbeitgeber beanstandet ein bestimmtes pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers und weist diesen weiter darauf hin, dass im Wiederholungsfall arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen.

Die Abmahnung muss, damit sie wirksam ist, mindestens folgende drei Punkte enthalten:
- die genaue Darstellung der konkreten Arbeitspflichtverletzungen
- der Hinweis, dass (und inwieweit) darin ein Pflichtenverstoß gesehen wird
- die Androhung der Kündigung im Wiederholungsfall

Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, entfaltet die Abmahnung ihre Wirkung als Vorbereitung für eine Kündigung im Wiederholensfall.

Dieser notwendige Inhalt einer Abmahnung ist beliebte Prüfungsfrage

Entgegen vielfacher Meinung muss die Abmahnung nicht schriftlich erfolgen (anders als eine Kündigung).

 

4.2 Sonstige Fälle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses

4.2.1 Aufhebungsvertrag

Bei Aufhebungsvereinbarungen (= Aufhebungsverträgen) wird das Arbeitsverhältnis aufgrund beiderseitigen Willens aufgelöst. Der Betriebsrat muss nicht gehört werden, Fristen oder Kündigungsgründe spielen keine Rolle.
Voraussetzung für die Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages ist aber die Beachtung der Schriftform (§ 626 Abs. 3 BGB). Ein anders abgeschlossener Aufhebungsvertrag ist unwirksam, auch wenn die Vereinbarung durch Zeugen nachgewiesen werden kann!

 

4.2.2 Befristung

Ein befristeter Arbeitsvertrag endet automatisch mit Ablauf der Frist, § 620 BGB. Er kann nicht vorzeitig gekündigt werden. Ausnahme: wenn die Kündigungsmöglichkeit im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist. Siehe § 16 TzBfrG.

 

4.2.3 Probezeit und Probearbeitsverhältnis

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer in folgenden Formen probeweise arbeiten lassen:
  • Reine Probezeit (unbefristeter Arbeitsvertrag mit anfänglicher Probezeit)
  • Befristetes Probearbeitsverhältnis, das automatisch endet, wenn es nicht verlängert wird
a) Probezeit
Eine Probezeit gilt nicht automatisch, sie muss grundsätzlich vereinbart werden. Nur für das Berufsausbildungsverhältnis ist sie zwingend vorgeschrieben (§ 20 BBiG: mindestens ein Monat bis höchstens vier Monate). Während einer vereinbarten Probezeit von maximal sechs Monaten kann das Arbeitsverhältnis jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden (§ 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch).

Es gibt keine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Dauer einer Probezeit selbst. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass eine Probezeit höchstens sechs Monate betragen darf. Nur wenn innerhalb dieser Frist eine Beurteilung der Arbeitsleistung nicht möglich ist (z. B. für künstlerische und wissenschaftliche Berufe), können ausnahmsweise bis zu 12 Monaten vereinbart werden.

b) Probearbeitsverhältnis (Befristung zur Erprobung)

Das befristete Probearbeitsverhältnis ist im Grunde ein normal befristeter Vertrag, der dem Teilzeit- und Befristungsgesetz unterliegt. Erklärter Zweck ist die Erprobung des Arbeitnehmers auf seine Eignung für die Tätigkeit, daher wird es "Probearbeitsverhältnis" oder "Arbeitsverhältnis zur Erprobung" bezeichnet. Gem. § 14 Teilzeit- und Befristungsgesetz ist die Befristung zur Erprobung als typischer Grund für eine Befristung genannt.

 

5 Betriebsverfassungsgesetz

Das Betriebsverfassungsrecht soll die alleinige Entscheidungsbefugnis des Arbeitgebers beseitigen und die Arbeitnehmer an seinen Entscheidungen beteiligen. Das Instrument für die Mitwirkung ist dabei der Betriebsrat.

In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden gemäß § 1 Betriebsverfassungsgesetz von der Arbeitnehmern Betriebsräte gewählt. Die regelmäßige Amtszeit des Betriebsrates beträgt gemäß § 21 Betriebsverfassungsgesetz vier Jahre.

 

5.1 Aufgaben des Betriebsrates

Die Aufgaben findet man vor allem  in § 80 BetrVG. Der Betriebsrat hat folgende Aufgaben:
Der BR hat darüber zu wachen, dass arbeitnehmerschützende Gesetze , Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften. Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen beachtet werden (siehe Aufgabenkatalog in § 80 BetrVG).

Man könnte ergänzend auch noch den § 75 BetrVG erwähnen; danach muss der Betriebsrat die Einhaltung des AGG überwachen

5.2 Überblick über die Rechte des Betriebsrats

Das Betriebsverfassungsgesetz räumt dem Betriebsrat zur Erfüllung ihrer Aufgaben Beteiligungsrechte unterschiedlicher Intensität ein.

Je nach Intensität der Rechte spricht man auch von „Mitwirkungsrechten“ oder Mitbestimmungsrechten

  • Mitwirkungsrechte sind Rechte, bei denen z.B. der Betriebsrat informiert werden muss, oder in bestimmten Fällen auch das Recht hat, gehört zu werden hat, die Entscheidung aber beim Arbeitgeber bleibt. Man könnte die Mitwirkungsrechte auch nochmal unterteilen in Recht auf bloße Information/Anhörung und Recht auf gesteigerte Mitwirkung.
     
  • Bei „Mitbestimmungsrechten“ benötigt der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrats, sonst ist eine geplante Maßnahme nicht zulässig
Ein Blick in das Gesetz zeigt, ob zu bestimmten Themen ein Mitbestimmungsrecht oder nur ein Mitwirkungsrecht (und welches) vorliegt.

Beispiele:


soziale Fragen
personelle Fragen
wirtschaftliche Fragen
Recht auf Mitwirkung in Form bloße Information und Anhörung
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§ 105 (Kündigung leitender Angestellter)
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§ 110 f (Betriebsänderung)
Sonstige Rechte auf Mitwirkung
§ 89 (Arbeitsschutz)
§ 102 Abs. 3, 5 ( Weiter-
beschäftigung bei Widerspruch) = qualifizierte Mitwirkung"
§§ 92 ff (Personalplanung
§§ 96 ff (Berufsbildung)
§ 90 (Arbeitsplatzänderung)
§ 106 (Wirtschaftsausschuss)
§ 112 Abs. 1 (Interessenausgleich),
§ 113 (Nachteilsausgleich)
Recht auf Mitbestimmung
§ 102 Abs. 1 (Kündigung: ohne Anhörung)
§ 87 Abs. 1 Nr. 1-13
§ 103 (Kündigung Betriebsrat)  
§ 85 (Beschwerde AN)
§ 94 (Personalfragebogen)
§ 95 (Auswahlrichtlinie)
§ 98 (Betriebliche Bildung)
§ 99  (Versetzung, Einstellung)
§ 91 (Arbeitsplatz)
§§ 112, 112a  (Sozialplan)

 

5.3 Die Mitwirkungsrechte des Betriebsrates

  • Der Arbeitgeber hat gem. § 80 Abs. 2 BetrVG die Pflicht, den Betriebsrat über alles zu informieren, was dieser zu seiner Aufgabenerfüllung(§ 80 Abs. 1) wissen muss. Dazu zählt auch die Bereitstellung von Unterlagen. Auf Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse kann sich der Arbeitgeber im Rahmen des § 80 Abs. 2 BetrVG nicht berufen.
  • Er muss den Betriebsrat über geplante Änderung wesentlicher betrieblicher Umstände (Gestaltung von Arbeitsplatz, Arbeitsablauf und Arbeitsumgebung.) informieren und diese mit ihm beraten (§ 90 BetrVG).
  • Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat über die Personalplanung, insbesondere über den gegenwärtigen und künftigen Personalbedarf sowie über die sich daraus ergebenden personellen Maßnahmen und Maßnahmen der Berufsbildung anhand von Unterlagen rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Er hat mit dem Betriebsrat über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten.
  • Der Betriebsrat darf Vorschläge zur Sicherung und Förderung der Beschäftigung machen, die der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat erörtern muss.
  • Die Gestaltung und Einführung von Personalfragebögen bedarf der Zustimmung des Betriebsrates. (§ 94 BetrVG)
  • Arbeitgeber und Betriebsrat sollen die Berufsbildung gemeinschaftlich fördern und sich wegen Ausbildungseinrichtungen- und maßnahmen zu beraten. (§§ 96-98 BetrVG).
  • Arbeitnehmer haben das Recht, sich bei Arbeitgeber oder Betriebsrat förmlich zu beschweren. Können sich Arbeitgeber oder Betriebsrat nicht über die Begründetheit oder Abhilfemaßnahmen verständigen, entscheidet die Einigungsstelle (§ 85 BetrVG).

 

5.4 Die Mitbestimmungsrechte in personellen Angelegenheiten

Einstellung, Versetzung, Beförderung und Eingruppierung

Der Betriebsrat muss über beabsichtigte Maßnahme bezüglich Einstellung, Versetzung, Beförderung und Eingruppierung informiert werden (§ 99 BetrVG). Er kann binnen Wochenfrist seine Zustimmung verweigern, allerdings nur aus eng begrenzten Gründen (z.B.: unterlassene Ausschreibung, Nachteile für andere Arbeitnehmer). Schweigt der Betriebsrat eine Woche, gilt die Zustimmung als erteilt. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, so darf die Maßnahme nicht durchgeführt werden. Der Arbeitgeber kann aber im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren die Zustimmung des Betriebsrates ersetzen lassen, wenn die Zustimmungsverweigerung nicht ausreichend oder unrichtig begründet ist.

Betriebsratsrechte bei Kündigung
Der Betriebsrat muss vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehört werden. Sonst ist allein aufgrund fehlender Anhörung die Kündigung unwirksam (§ 102 BetrVG). Diese Bestimmung ist eine der wichtigsten Vorschriften in der Praxis. Es kommt nicht darauf an, ob die Kündigung gerechtfertigt war oder nicht. Der bloße Verfahrensverstoß macht die Kündigung unheilbar nichtig.
Die Anhörungspflicht besteht für jede Kündigung, also auch für solche innerhalb einer Probezeit oder innerhalb der ersten sechs Monate des Bestehens des Arbeitsverhältnisses, wenn also noch kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht.

Der Betriebsrat hat Möglichkeiten, innerhalb bestimmter Fristen allgemeine Bedenken anzumelden und allgemein Stellung zu nehmen.

Ferner kann er der Kündigung unter bestimmten Umständen förmlich widersprechen. Im Gegensatz zur Anhörung wird bei einem Verstoß die Kündigung nicht unwirksam, aber der Arbeitnehmer hat im Falle eines Kündigungsschutzprozesses den Vorteil eines bezahlten Weiterbeschäftigungsanspruchs bis zum Abschluss des Verfahrens.

5.5 Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten

Regelungen in sozialen Angelegenheiten darf der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Betriebsrates treffen. Der Betriebsrat hat ferner ein Initiativrecht, solche Regelungen zu erzwingen.
Unter sozialen Angelegenheiten versteht das Gesetz gemäß § 87 BetrVG z.B.
  • Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage
  • Urlaubsgrundsätze und Urlaubsplan
  • Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen
  • Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie Regeln über den Gesundheitsschutz
  • Sozialeinrichtungen
  • Lohngestaltung, insbesondere Entlohnungsgrundsätze und Entlohnungsmethoden

5.6 Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

In Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten hat der Betriebsrat gemäß § 106 BetrVG einen Wirtschaftsausschuss einzurichten. Der Arbeitgeber hat den Wirtschaftsausschuss über wirtschaftliche Angelegenheiten (finanzielle Lage, Produktions- und Absatzlage, Rationalisierungsvorhaben etc.) zu unterrichten und diese mit ihm zu beraten.

Bei Betriebsänderungen (Schließung, Verlegung, gravierende Organisationsänderungen) in Unternehmen mit mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Betriebsrat nicht nur ein Informationsrecht nach § 111 BetrVG; der Arbeitgeber muss auch mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan verhandeln (§ 112 BetrVG)

5.7 Die Betriebsvereinbarung

Sofern ein Unternehmen einen Betriebsrat besitzt, kann dieser Betriebsrat mit dem Arbeitgeber so genannte Betriebsvereinbarungen schließen. Diese können Lohn- und Arbeitsbedingungen enthalten, die dann unmittelbar für die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer gelten. Soweit allerdings der Einzelarbeitsvertrag günstigere Bedingungen enthält (z.B. mehr Urlaub als in der Betriebsvereinbarung), dann sind diese vorrangig (Günstigkeitsprinzip, § 77 Abs. 4 BetrVG).

 

6  Der Tarifvertrag

Für viele Branchen gibt es Tarifverträge. Tarifverträge regeln Rechte und Pflichten über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie von betrieblichen Fragen. Sie werden zwischen den Tarifparteien geschlossen, also
  • zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverband, oder
  • zwischen Gewerkschaft und einem Arbeitgeber direkt
Die tariflich vereinbarten Arbeitsbedingungen werden ebenfalls direkter Bestandteil des Arbeitsverhältnisses. Allerdings gilt dies nicht automatisch für alle Arbeitnehmer und Arbeitgeber, sondern nur, wenn
  • sowohl der Arbeitgeber bei dem entsprechenden Arbeitgeberverband ist, als auch der einzelne Arbeitnehmer Mitglied bei der betreffenden Gewerkschaft ist, oder
  • die Tarifvertrag vom Bundesminister für Arbeit für die Branche für „allgemein verbindlich“ erklärt wurde.
Die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages auf einzelne Vertragsverhältnisse nennt man "Tarifbindung".
Merke: Unter Tarifbindung versteht man die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages auf ein einzelnes Vertragsverhältnis

Für die übrigen, nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmer gilt der Tarifvertrag nicht automatisch. Der Arbeitgeber kann aber im Einzelarbeitsvertrag vereinbaren, dass Tarifverträge gelten sollen.

Kollidieren Einzelvertragsbedingungen und Tarifverträge gilt wieder das für den Arbeitnehmer jeweils Günstigere, § 4 TVG (Günstigkeitsprinzip).
Arten und Inhalte von Tarifverträgen
  • Normale Lohn/Gehaltstarifverträge
  • Rahmentarifverträge
  • Manteltarifverträge
  • Sonstige Tarifverträge
a) Lohn- und Gehaltstarifverträge
In normalen Lohn- Gehalts und Entgeltstarifverträgen (Laufzeit meist 1 Jahr) werden die Höhe der Grundvergütung in Form von Lohn-, Gehaltstabellen festgelegt.

b) Rahmentarifverträge
Während in normalen Gehaltstarifverträgen die Höhe der Grundvergütung in Form von Gehaltstabellen festgelegt wird (Tabellenvergütung), legen Rahmentarifverträgen die Gehaltsgruppen fest, ferner die Gruppenmerkmale und die Regelungen zur Leistungsentlohnung. Im Gegensatz zu den meist einjährigen Gehaltstarifverträgen haben Rahmentarifverträge in der Regel eine Laufzeit von mehreren Jahren.

c) Manteltarifvertrag
In ihnen finden wir Bestimmungen über sonstige Arbeitsbedingungen, wie zur Einstellung und Kündigung, Arbeitszeit, Urlaub, Freistellungen, Mehrarbeitszuschläge, Arbeitsbedingungen, Rationalisierungsschutz. Die Laufzeit beträgt meist mehrere Jahre. Gelegentlich werden Manteltarifverträge auch als Rahmentarifvertrag bezeichnet

d) Sonstige Tarifverträge
Häufig werden zu einzelnen Bestimmungen, die normalerweise im Manteltarifvertrag geregelt werden, gesonderte Tarifverträge abgeschlossen werden, z.B. nur über Urlaubsgeld, über Arbeitszeitregelungen, vermögenswirksame Leistungen, Vorruhestand etc.

 

7 Arbeitskampfrecht

Das Arbeitskampfrecht ergibt sich aus dem Tarifvertragsrecht, ist aber gesetzlich nicht geregelt sondern von der Rechtsprechung erarbeitet.
  • Kampfmittel der Arbeitnehmer: Streik
  • Kampfmittel der Arbeitgeber: Aussperrung
Streik ist nur zulässig außerhalb der Laufzeit eines Tarifvertrags (Friedenspflicht).
Ausnahmsweise duldet die Rechtsprechung kurz vor Ablauf der Friedenspflicht so genannte "Warnstreiks", wenn Tarifverhandlungen gescheitert sind.

Streiks dürfen nur als Druckmittel zu Tarifvertragsverhandlungen erfolgen, nicht zu allgemeinen Demonstrationszwecken.

Arbeitskämpfe dürfen nur von den Tarifparteien, also Arbeitgebern und ihren Verbänden auf der einen und den Gewerkschaften auf der anderen Seite geführt werden. Sogenannte wilde Streiks von Belegschaften, die ohne gewerkschaftliche Autorisierung geführt werden, sind rechtswidrig und können zu fristloser Kündigung der streikenden Arbeitnehmer führen.

Legale Streiks sind eine zulässige Arbeitsverweigerung, führen aber zum Ruhen der Lohnzahlungspflicht (Ohne Arbeit kein Lohn).