Samstag, 4. Mai 2024

Grundsteuerreform und Relevanz für die Fachwirtausbildung

§ 13 GrStG hieß noch bis 2019: Steuermessbeträge (und damit die endgültige Steuer) werden vom Einheitswert aus berechnet. Also: die so genannte "Bemessungsgrundlage" war der Einheitswert

Zum Begriff Bemessungsgrundlage: nicht die Steuermesszahl ist die Bemessungsgrundlage, sondern der Einheitswert. Aus ihm wird die in einem ersten Rechenschritt die Messzahl berechnet und vom Finanzamt festgesetzt. Dann kommt die Gemeinde, wendet ihren gemeinde-eigenen Hebesatz an und berechnet die endgültige Gewerbesteuer.

§ 13 wurde aber mit Wirkung ab 2019 geändert und spricht in neueren Auflagen vom "Grundsteuerwert" statt vom Einheitswert. 

Das hat mit der Grundsteuer-Reform zu tun, wonach die EW durch neue Werte abgelöst werden sollen. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung im Jahr 2018 verlangt, dass das Gesetz sofort (also ab 2019) geändert wird. 

Das mehrstufige Verfahren bleibt aber erhalten. Vom "Grundsteuerwert" als Ausgangspunkt (Bemessungsgrundlage) wird der "Grundsteuermessbetrag" errechnet, und dann mit Hilfe des jeweiligen Gemeinde-Hebesatzes die endgültige "Gewerbesteuerschuld"

Das BVerfG hat aber auch klargestellt, dass noch bis Ende 2024 nach dem alten Recht gerechnet werden soll (denn die neuen "Grundsteuerwerte" mussten und müssen erst festgestellt werden, und das dauert bis in das Jahr 2024 hinein. 

Man kann also von einer Übergangsregelung sprechen. Zwar gilt offiziell seit 2019 eine Neuregelung, praktisch ist aber die Altregelung anzuwenden.

Daher enthält die Gesetzessammlung von dtv-Beck-Verlag (Steuergesetze) die alten und neuen Versionen und der Hinweis, dass bis 2024 das alte Gesetz (das offiziell nur bis 2019 gilt) anzuwenden ist.

Die amtlich gepflegte Sammlung "www.gesetze-im-internet.de" enthält aber in § 13 GrStG unglücklicherweise einfach nur den neuen (ab 2020 gültigen) Gesetzestext ohne Hinweis auf die Übergangsvorschrift und die alte Regelung.

Eine Prüfungsfrage im Frühjahr 2024 bezog sich auf die Bemessungsgrundlagen unter anderem für die Grundsteuer, eine Frage, die auch in früheren Jahren schon dran kam. 

Für die Grundsteuer ist die gewünschte und richtige Antwort (so wie in früheren Jahren): der Einheitswert. 

Rechtsstand für Frühjahrsprüfungen ist bei Steuern zwar die Rechtslage 2023. Aber dazu gehört auch, dass gemäß Übergangsregelung noch die alte Regelung anzuwenden ist. Das ergibt sich jedenfalls aus der Gesetzessammlung vom dtv (siehe oben), für andere Gesetzessammlungen konnte ich das nicht überprüfen. 

Manche Prüflinge haben veraltete Gesetzesauflagen verwendet, da stand sowieso noch der Einheitswert. Auch hier konnten sie die richtige Antwort ablesen. Und im Internet darf der Prüfling sowieso nicht nachschlagen. Nur wer zu Hause - auf die Schnelle - im Internet statt im Buch nachschlägt, wird erschrecken und verwirrt sein. 

Es gab vereinzelt Prüflinge, die den "Grundsteuermessbetrag" genannt haben, was der Neuregelung entspricht.  Auch das muss der Korrektor als richtig bewerten. Denn in einem "IHK-Merkblatt zu den zugelassenen Hilfsmitteln" heißt es auf Seite 2:

  1. Was bedeutet die Rechtsstandangabe für die Gesetzestexte?

    Nach dem angegebenen Rechtsstand wird korrigiert. Sollten Sie die Aufgaben nach dem aktuellen Rechtsstand lösen, ist dies ebenfalls korrekt. Die Aufgaben dürfen nur nicht nach einem älteren Rechtsstand, wie angegeben, gelöst werden! 







Insgesamt war die Aufgabe leicht lösbar. Wer sich aber noch nie mit dem Besteuerungssystem von Gewerbesteuer und Grundsteuer befasst hat (Bemessungsgrundlage -> Steuermesszahl -> Steuer) und damit auch nicht mit dem Begriff "Bemessungsgrundlage", war überfordert, wenn er darauf vertraute, die Frage improvisierend mit Hilfe des Gesetzes zu lösen. Denn das Wort "Bemessungsgrundlage" taucht dort nicht direkt auf.