Mittwoch, 23. August 2017

GewStG - Hinzurechnung für Raum-Miete und das Problem des fiktiven Anlagevermögens

Dieser Betrag richtet sich an Steuerfachangestellte in Ausbildung und betrifft das Fach Gewerbesteuer. Anlass ist eine vor kurzem veröffentlichte Entscheidung des BFH.

§ 8 Nr. 1e GewStG sieht innerhalb des Blocks der Finanzierungsentgelte (8 Nr. 1) eine Hinzurechnung von 50% der Raummiete vor (im Gesetz nicht als Prozentsatz, sondern als "Hälfte" ausgedrückt).

Diese Hinzurechnung  gilt gemäß Gesetzestext nur, wenn es sich um unbewegliches Anlagevermögen handelt. Diese Einschränkung gibt es auch für das Leasing/Anmietung von beweglichen Gegenständen gemäß § 8 Nr. 1d GewStG.

Die Gesetzes-Formulierung wurde selbst von Fachleuten als verwirrend bezeichnet -  man ist sich aber einig, dass es um fiktives Anlagevermögen geht. Der Leser muss sich die Frage stellen: hätte der Mieter den Gegenstand nicht gemietet,  sondern gekauft, um ihn dann entsprechend betrieblich zu nutzen, würde dann der Gegensatz zum ANLAGEVERMÖGEN gehören?

Denn Miete ist ein Ersatz für eine Anschaffung. Und bei einer Anschaffung würden wahrscheinlich Zinsen anfallen. In dem Mietentgelt sind neben der AfA auch Zinsen einkalkuliert, die der Gesetzgeber bei Immobilien, also unbeweglichen Vermögen (Grundstücke, Häuser, Räume) mit 50 % pauschaliert. Das ist der Gedanke. Bei Einführung in 2008 waren es sogar 65% (im Gesetz als Bruch mit 13/20 ausgedrückt), das wurde aber 2010 auf 50% gekappt. Manche älteren Aufsätze im Internet enthalten  noch den ursprünglichen Wert, also nicht verwirren lassen.

Es bleiben aber immer noch Unsicherheiten beim Lesenden und Lernenden. Und auch die Fachleute streiten sich über die Auslegung. Eine jüngere Veröffentlichung des BFH gibt mir Anlass, etwas dazu zu sagen. 

Das wiederum  lässt sich vorweg als entwarnendes "alles-halb-so-schlimm" zusammenfassen. Im Endeffekt kann man fast immer davon ausgehen, dass es sich um fiktives Anlagevermögen handelt. Auch wenn Räume nur kurzfristig gemietet werden, wie es z.B. bei einem Konzertveranstalter gang und gäbe ist. Fangen Sie nicht an zu überlegen, ob das betriebswirtschaftlich noch sinnvoll gewesen wäre, hier Räume zu kaufen und sie dann betrieblich zu verwenden. Das war nämlich die Ansicht von Kritikern, und das wurde verworfen.




Der BFH hat jedenfalls diesen (seit Jahren in der Wissenschaft diskutierten) Punkt gründlichst überprüft und geht von einer ganz großzügigen Auslegung aus. Und das gilt nicht nur für Konzertveranstalter, sondern generell.


Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mietaufwendungen bei Konzertveranstaltern

 Leitsätze: 

1. Für die Zuordnung eines gemieteten oder gepachteten Wirtschaftsguts zum fiktiven Anlage- oder Umlaufvermögen wird bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung das Eigentum des Mieters oder Pächters voraussetzungslos fingiert.

2. Die Kurzfristigkeit der Anmietung einer Immobilie oder ein häufiger Wechsel angemieteter Immobilien und deren unterschiedliche Größe und Nutzbarkeit stehen der Annahme fiktiven Anlagevermögens bei dem Mieter nicht entgegen.
Die dazugehörige PM:

Pressemitteilung BFH Nr. 32 vom 17. Mai 2017

Auszug:
Unerheblich ist es hierbei, wenn sehr unterschiedliche Immobilien nur für kurze Zeit angemietet werden. Es muss auch nicht hypothetisch geprüft werden, ob der Steuerpflichtige jede einzelne Immobilie für die jeweilige Veranstaltung statt mieten auch hätte kaufen können.  
Die verbleibenden Ausnahmen, bei denen § 8 Nr. 1e (oder 1d) also ausnahmsweise nicht greifen, sind so speziell, dass sie bei einer Steuerfachangestellten-Prüfung kaum vorkommen dürften. Selbst bei einer Steuerberaterprüfung ist das eher unwahrscheinlich. Eine erst kürzlich in der Rechtsprechung behandelte Ausnahme  wären  Messeveranstalter, die als Durchführungsgesellschaften auftreten, und Messeflächen anmieten (http://www.auma.de/de/auma/stellungnahmen/seiten/gewerbesteuer.aspx)