Dienstag, 10. August 2021

Die lästige AGENDA in der mdl. Prüfung des Wirtschaftsfachwirts

Warum nur erklärt uns jeder Prüfling seine Agenda? Das fragen wir uns immer wieder - aber wir lassen es geduldig über uns gehen und blenden das aus. 

Ich schreibe das Folgende aus der Sicht eines mündlichen Prüfers, der bei Wirtschaftsfachwirten die Präsentation abnimmt, also den Fachvortrag. Diese Präsentation musste der Prüfling in der halben Stunde Vorbereitungszeit aus dem Stegreif erstellen (anders als bei anderen Fachwirten, wo schon zu Hause eine größere Präsentation vorbereitet wurde).

Die Agenda ist die Gliederung einer Präsentation. 

Der Prüfling soll für sich eine Gliederung haben und danach vorgehen. Wenn er sich das auf einen Zettel schreibt und vor sich hinlegt, kann er dort zwischendurch nachsehen - um nicht den Faden zu verlieren. Wenn er zu Beginn erklärt, wie er vorgehen wird, auch gut. Wenn er es hinschreibt, so dass es für uns Prüfer sichtbar bleibt, können wir nachsehen, wo er sich gerade innerhalb der Gliederung bewegt. Wobei das bei den 10-Minuten-Mini-Präsentationen auch so ginge. 

Aber muss der Prüfling nach seiner Selbstvorstellung darauf deuten und sagen "und das ist meine Agenda. Den ersten Punkt, die Vorstellung, habe ich gerade erledigt". Aha. Hätten wir auch so kapiert.

Dann am Ende immer das FAZIT, das dann auch so angekündigt wird. Das wurde den Prüflingen irgendwo eingetrichtert, man merkt es. Das Fazit ist in vielen Fällen in Ordnung -  wobei mir irgend ein Präsentations-"Abschluss" im weiteren Sinne reichen würde. Das kann auch eine Zusammenfassung sein, oder sonst irgendein Schlusssatz.

Ein Fazit aber im Sinne einer zusammenfassenden Bewertung (so wird es erfahrungsgemäß verstanden) und dann noch in einem einzigen Satz komprimiert, wirkt manchmal komisch. "Ich finde Bewerbungsgespräche gut, weil ..." kommt dann nach einem Vortrag über bestimmte psychologische Aspekte bei Bewerbungsgesprächen. Ich bin mir sicher, wenn das Vortragsthema lauten würde "Aspekte von Beerdigungsritualen" würde wir hören "Ich finde Beerdigungen gut weil....".

Sehr merkwürdig ist das "FAZIT", wenn die Aufgabenstellung gesplittet war. Also beispielsweise: der fiktive Arbeitnehmer X soll gemäß Situationsbeschreibung im Betrieb einen Vortrag für Ausbilder halten, und der Prüfling soll jetzt auf vier bestimmte Aspekte bei der Behandlung von Auszubildenden eingehen.

Diese vier Aspekte (Aufgabenbuchstabe a bis d) und nicht etwa der im Hintergrund erwähnte Vortrag sollen also in der Präsentation abgearbeitet werden. 

Da gibt es gar kein Fazit, wie bei einem allgemeinen Vortrag, auch eine Zusammenfassung ist schwer möglich, weil man vier Zusammenfassungen machen müsste, zu jeder Teilfrage eine. Und das, was wir dann als "Fazit" hören ist im Grunde wertlos und überflüssig, eine Förmelei, sinnlos an den Aufgaben vorbeigehende Feststellungen in der Art von "ich finde AzuBi-Fortbildung wichtig, weil ..."

Im Grunde würde es reichen zu sagen: "Das war mein Vortrag und ich stehe jetzt für Fragen zur Verfügung".

Denn darauf konzentrieren wir uns. Wir haben notiert, wo der Prüfling vergessen hat, aufgegebene Themen anzusprechen und aufgeworfene Fragen zu klären, oder wo er Fehler gemacht hat. Und wo wir jetzt nachhelfen müssen. Oder, wenn alles gepasst hat, kommen eben weitere themenbezogene Fragen.


Siehe auch:

https://it-berufe-podcast.de/mythen-der-projektpraesentation-die-agenda-muss-auf-jeder-folie-stehen/

(dort allerdings geht es um die Frage, ob die AGENDA bei einer Powerpoint-Präsentation ständig im Bild sein muss, also mitlaufen muss. Und natürlich geht es dort um größere Präsentationen, die zu Hause vorbereitet wurden. )