Mittwoch, 17. Februar 2010

Vorsteuerabzug beim Erstellen gemischt genutzter Gebäude

Ein Betrag für Auszubildende im Bereich Steuern (USt).


Ein aktuelles Urteil gibt mir Anlass, auf eine Besonderheit bei der gemischt-genutzten Nutzung von Gebäuden einzugehen.


Ein Unternehmer, der ein Gebäude errichtet, das er teilweise unternehmerisch und teilweise nichtunternehmerisch (zu eigenen Wohnzwecken) nutzt, darf das Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zuordnen und die auf das gesamte Gebäude --einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils-- entfallenden Vorsteuerbeträge abziehen


Der Unternehmer hat also ein Zuordnungs-Wahlrecht. Das gilt auch, wenn die betriebliche Nutzung 10% beträgt (Bau eines Privatgebäudes mit Teilvermietung an ein Unternehmen)


Dies stellte der EuGH in einem Urteil aus 2003 klar; der BFH hat dies in mehreren Entscheidungen bestätigt.


Fundstellen: Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 8. Mai 2003 Rs. C-269/00 --Seeling--, Slg. 2003, I-4101, BStBl II 2004, 378, Randnr. 40 bis 43; BFH-Urteil vom 24. Juli 2003 V R 39/99, BFHE 203, 206, BStBl II 2004, 371, und vom 17. Dezember 2008 XI R 64/06, BFH/NV 2009, 798, jeweils m.w.N.; vgl. zum Zuordnungswahlrecht allgemein auch EuGH-Urteil vom 12. Februar 2009 Rs. C-515/07 --Vereniging Noordelijke Land--, Umsatzsteuer-Rundschau 2009, 199, Randnr. 32


Für dieses gemischt-genutzte Gebäude darf der Unternehmer die Vorsteuer voll abziehen, muss aber die private Mitbenutzung entsprechend Umsatzsteuer zahlen (USt-Pflicht für private Mitnutzung betrieblicher Gegenstände).


In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung hat das BFH den Vorsteuerabzug für ein angebautes Privatgebäude verneint. Es ging dabei aber nach wie vor davon aus, dass oben genannte Regeln weiterhin gelten und stützte seine Entscheidung auf die Trennbarkeit des Privatgebäudes von dem übrigen Gebäude.


Im konkreten Fall:


Da der Kläger sein Einfamilienhaus ausschließlich für private Wohnzwecke und damit nichtunternehmerisch nutzt, stünde ihm ein derartiges Zuordnungswahlrecht nur zu, wenn der Anbau als Bestandteil gemeinsam mit der schon bisher vorhandenen Werkshalle als ein einheitliches --nunmehr gemischtgenutztes-- Gebäude anzusehen wäre.



Dies hat das FG zu Recht verneint. Denn der Kläger hat mit der Errichtung des Einfamilienhauses ein von der Werkshalle getrenntes Wirtschaftsgut im umsatzsteuerrechtlichen Sinne neu hergestellt, sodass im Hinblick auf die ausschließliche private Nutzung des Einfamilienhauses von vornherein kein Zuordnungswahlrecht bestand.

 

Der Fall bewegte sich in einem Grenzbereich, bei der auch eine andere Entscheidung denkbar ist, denn das Gebäude war als Anbau fest mit der Werkshalle verbunden und nutzte die Leitungen der Werkshalle. Das Gericht ließ dies aber nicht reichen. Somit ist die Entscheidung meines Erachtens fraglich. Wäre das Grundstück von vornherein so bebaut worden, wäre es wohl kaum auf die Idee einer Trennung gekommen, auch wenn die Baufirma hier getrennt abgerechnet hätte.

 

Letztlich ändert sich an der Umsatzsteuer nicht viel, denn der Unternehmer spart dafür die Umsatzbesteuerung der privaten Nutzung des Gebäudes. Es bleibt also nur ein Liquiditäts- und Zinsnachteil.

 

Prüfungsrelevant dürfte ein solcher Grenzfall nicht sein. Wichtig ist aber, die eingangs genannten Grundsätze zu kennen. Das Urteil zeigt übrigens auch, dass es auf die zivilrechtliche bzw. sachenrechtliche Lage nicht ankommt. Zivilrechtlich ist ein Gebäude zwingend Bestandteil des Grundstücks und somit das Privatgebäude nicht vom Betriebsgebäude und -gelände trennbar. Umsatzsteuerlich aber kann durchaus ein eigener Gegenstand vorliegen. Dieser Punkt ist nicht zu kritisieren, er entspricht gängiger Rechtsprechung.