Dienstag, 20. November 2012

Achtung Arbeitnehmer: AU-Bescheinigung schon ab 1. Tag


Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Entgeltfortzahlungsgesetz  ist der Arbeitgeber berechtigt, von dem Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer schon von dem ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen
 
Daumier: "Richter"
 
 
Dies zu verlangen, steht im Ermessen des Arbeitgebers, und erfordert keine besonderen Voraussetzungen (etwa den Verdacht auf Missbrauch).
 Aus der Pressemitteilung:
Die Klägerin ist bei der beklagten Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Sie stellte für den 30. November 2010 einen Dienstreiseantrag, dem ihr Vorgesetzter nicht entsprach. Eine nochmalige Anfrage der Klägerin wegen der Dienstreisegenehmigung am 29. November wurde abschlägig beschieden. Am 30. November meldete sich die Klägerin krank und erschien am Folgetag wieder zur Arbeit. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, künftig schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen. Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Widerruf dieser Weisung begehrt und geltend gemacht, das Verlangen des Arbeitgebers auf Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits für den ersten Tag der Erkrankung bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung. Außerdem sehe der für die Beklagte geltende Tarifvertrag ein derartiges Recht nicht vor.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos. 
 
Das Bundesarbeitsgericht: 
 
Die Ausübung des dem Arbeitgeber von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG eingeräumten Rechts steht im (nicht gebundenen) Ermessen des Arbeitgebers (Betonung auf  "nicht gebunden")
Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. 
 
Denkbare Ausnahme: Tarifvertrag
 
Dazu sagt das BAG: 
 
"eine tarifliche Regelung steht dem nur entgegen, wenn sie das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausdrücklich ausschließt. Das war vorliegend nicht der Fall."
 
Quelle: Pressemitteilung, an einigen Textstellen vereinfacht

 
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. November 2012 - 5 AZR 886/11 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14. September 2011 - 3 Sa 597/11 -