Dienstag, 21. Juni 2016

EÜR für Steuerfachangestellte - Nettobetrag und VSt

EÜR: Nettobetrag und VSt, ein Tafelbild anlässlich einer Wiederholungsstunde

Der Schüler lernt in EÜR anfangs einfache Fälle des Wareneinkaufs. Dabei lernt er auch, dass traditionellerweise Nettobetrag und MWSt getrennt angegeben werden - obwohl eigentlich immer das selbe Ergebnis herauskommt - also diesselbe zeitliche Zurdnung zum laufenden oder nächsten Jahr und diesselbe Begründung.

Nur selten wird in Musterlösungen von Abschlussprüfungen der Betrag brutto genommen und die Lösung einheitlich notiert.

Beispiel: Zielkauf von Waren für 595 Euro inkl. 19 % USt am 15.12.01, Überweisung der Rechnung am 20.12.01

Lösung für 01:

  • Vorsteuer: BA mit Zahlungsabfluss am 20.12.01, § 11(2)1, (Spalte BA+: 95,00)
  • Nettobetrag: BA mit Zahlungsabfluss am 20.12.01, § 11(2)1, (Spalte BA+: 500,00)


(Dass die in der Zahlung enthaltene USt fälschlicherweise Vorsteuer genannt wird, obwohl es nicht um den daraus entstehenden VSt-Anspruch geht sondern eben um die Kaufpreiszahlung, bei der USt einkalkuliert ist, ist eine der anderen Mysterien, an die man sich aber hält)

Man könnte eigentlich auch notieren:

  • Gesamter Betrag (Netto und VSt): BA mit Zahlungsabfluss am 20.12.01, § 11(2)1, (Spalte BA+: 95,00)
Ich empfehle es nicht, da man nicht weiß, wie sklavisch sich der Prüfer bei der Punkteverteilung an die Musterlösung (offiziell "Lösungshinweise") hält, auch wenn er nicht daran gebunden ist.

Diese prinzipielle Trennung von VSt und Nettobetrag hat aber ihren guten Sinn. Denn es gibt andere Fälle, in denen es überraschenderweise abweichende Ergebnisse gibt. Zum Beispiel bei nichtabziehbarer Vorsteuer oder beim Kauf von Anlagevermögen oder GWG. Dann ist es für sauberes Arbeiten wichtig, dass man trennt.

Sehen wir uns das mal beim Kauf von Anlagevermögen an:

Barkauf eines Kopierers mit 5 Jahren Nutzungsdauer am 10.12.01 für 1.200 Euro zzgl. 19 % USt (228 Euro)

  • Lösung für 01:
  • Vorsteuer: BA im Jahr der Zahlung, hier in 01 (Spalte BA+ 228 Euro)
  • Nettobetrag/Anschaffungskosten: niemals BA (Spalten leer)
  • AfA = BA (hier zeitanteilig: 1.200 : 5 x 1/12 = 20,00 Euro (Spalte BA+ 20,00)

Variante: Kopierer wird im Dezember auf Rechnung gekauft und angeliefert, aber erst im Januar bezahlt

Jetzt haben wir eine zeitliche Trennung. Denn AfA gibt es ab Nutzungsmöglichkeit, also ab Lieferung, Zahlung ist irrelevant. Bei dem MWSt-Betrag dagegen zählt wie üblich die Zahlung.

  • Lösung für 01:
  • Vorsteuer: BA im Jahr der Zahlung, hier erst  in 02 (Spalte BA+ 0,00 Euro)
  • Nettobetrag/Anschaffungskosten: niemals BA (Spalten leer)
  • AfA = BA (hier zeitanteilig: 1.200 : 5 x 1/12 = 20,00 Euro (Spalte BA+ 20,00)
Und jezt gehen wir zu einem GWG-Fall (410,- Euro Regelung § 7 Abs. 2)

Die GWG-Fälle im Sinne von § 7 (2) EStG ähneln sehr dem Warenkauf. Denn wir können die Nettoanschaffungskosten quasi sofort zur BA machen - über die Vollabschreibung, § 7 (2) EStG.


Barkauf eines Kopierers  am 10.12.01 für 476 Euro inkl. 19 % USt

  • Lösung für 01:
  • Vorsteuer: BA im Jahr der Zahlung, hier in 01 (Spalte BA+ 76 Euro)
  • Nettobetrag bzw. Vollabschreibung § 7 (2) EStG = BA mit Lieferung (Spalte BA+ 400 Euro)
Das ähnelt jetzt einem Wareneinkauf. Aber auch bei einem GWG-Fall können Lieferung und Zahlung auseinanderfallen. Was beim Warenkauf unwichtig wäre, ist hier entscheidend. Denn die Vollabschreibung orientiert sich wieder am Lieferdatum (bzw. ab Nutzungsmöglichkeit), die VSt an der Zahlung

Variante: Zielkauf eines Kopierers  am 10.12.01 für 476 Euro inkl. 19 % USt, Zahlung am 12.01.02
  • Lösung für 01:
  • Vorsteuer: BA im Jahr der Zahlung, hier erst in 02 (Spalte BA+ 0 Euro)
  • Nettobetrag bzw. Vollabschreibung § 7 (2) EStG = BA bei Lieferung (Spalte BA+ 400 Euro)
Vielleicht haben Sie etwas bemerkt: ich notiere hier stets: "Vollabschreibung nach § 7(2) = BA bei Lieferung" (verkürzt für: im Jahr der Lieferung).

Diesen kleinen Zusatz findet man nicht in den üblichen Musterlösungen und Sie müssen es deshalb auch nicht so formlieren - aber sie müssen so denken und danach entscheiden! Es schadet deshalb nicht, sich diese Formulierung anzugewöhnen.


Somit ergab sich die Synopse auf dem Tafelbild:
EÜR: Nettobetrag und VSt, ein Tafelbild anlässlich einer Wiederholungsstunde


 
Summen im Kopf? Abwarten!




Spezialfall nicht abziehbare VSt

Was ist, wenn ein in der Ausgabe enthaltener USt-Betrag ausnahmsweise NICHT als Vorsteuer "gezogen" werden kann, § 15 UStG also nicht greift. Auch hier zeigt sich, wie wichtig die Trennung von Netto und MWSt sein kann. Aber das behandle ich im nächsten Beitrag: 

http://blog.burkes.de/2016/06/eur-fur-steuerfachangestellte-nicht.html