Dienstag, 16. August 2011

Steuerabkommen mit der Schweiz begünstigt Steuersünder - Deutschlands Kriminalbeamte sind wütend

"Der Finanzminister bereitet größte Strafbefreiung der deutschen Geschichte vor", schimpft der Bund Deutscher Kriminalbeamter, und meint damit das Steuerabkommen mit der Schweiz.


Hintergrund:  Die Unterhändler der Schweiz und Deutschlands haben in Bern die Verhandlungen über offene Steuerfragen abgeschlossen und ein Steuerabkommen paraphiert. Es sieht vor, dass Personen mit Wohnsitz in Deutschland ihre bestehenden Bankbeziehungen in der Schweiz nachbesteuern können, indem sie entweder eine einmalige Steuerzahlung leisten oder ihre Konten offenlegen.


Man muss vorsichtig sein mit der Zusammenfassung komplexer Vorgänge - aber die vorgenannte Formulierung stammt aus der offiziellen Pressemitteilung der Regierung.


Nun gibt es eine verbitterte Verlautbarung des Bundes Deutscher Kriminalbeamter. Und die bringt mehr Informationen und böse Anklagen. Wenn die vorgebrachten Details stimmen, dann ist allerdings die Verärgerung verständlich. Ich bin selbst etwas sprachlos. Ich unterrichte seit 20 Jahren Steuern und Steuerlehre, und mir ist in der jüngsten Zeit klar geworden, dass die Steuergesetzgebung der letzten Jahre (egal unter welcher Regierung) so katastrophal, konfus und skurril geworden ist, dass ich dringend anfangen muss, darüber zu bloggen. Und diese Meldung passt wunderbar in das gesamte Bild, nein, eigentlich sprengt es den Rahmen.



Ein dreistelliger Milliardenbetrag bislang unbekannten Vermögens deutscher Staatsbürger schlummert auf geheimen Konten und Depots Schweizer Banken. Nach dem Willen des Finanzministers soll das auch so bleiben. In öffentlichen Verlautbarungen und Presseberichten wird verharmlosend von „Schwarzgeld“ und „Steuersündern“ gesprochen.  Tatsächlich aber stamme ein hoher Anteil dieser Vermögensmassen aus kriminellen Aktivitäten deutscher Straftäter,   verlautbart der Bund Deutscher Kriminalbeamter in einer Pressemitteilung.  Es handle sich um Gelder aus Betrug, Untreue, Drogengeschäften, Menschenhandel, Korruption und Organisierter Kriminalität, um nur einige Beispiele zu nennen.


"Der Umgang der Bundesregierung diesen Kriminalitätsformen gegenüber ist mit Worten nicht mehr zu greifen. Da doktert ein und dasselbe Finanzministerium an den Geldwäschevorschriften herum, um bis zum Jahresende wenigstens formell den internationalen Vorgaben zu genügen, und legalisiert zeitgleich eine der größten Geldwaschanlagen Europas.“, schimpft Sebastian Fiedler, einer der Sprecher einer Initiative des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), der Deutschen Steuer-Gewerkschaft (DStG), des Bundes der Richter und Staatsanwälte in NRW (DRB-NRW) und der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ), die es sich auf die Fahne geschrieben hat, die Geldwäschebekämpfung in Deutschland zu forcieren.


Die professionellsten Steuerbetrüger und Verbrecher müssen sich künftig nicht mehr um ihr illegales Vermögen in der Schweiz sorgen - sie zahlen einfach anonym einen Abschlag an den deutschen Fiskus und können fortan ruhig schlafen, da ihre Straftaten unentdeckt bleiben werden, beklagt sich der Verband. Ob das so stimmt, ob und inwieweit die Vereinbarung mit der Schweiz auch eine Steuerbefreiung neben der Steuernachzahlung vorsieht, kann ich allerdings derzeit nicht sagen, da mir nicht genügend Details bekannt sind.


Darüber hinaus habe sich die Bundesregierung nun der Schweiz gegenüber verpflichtet, auf Ankäufe von Steuer-CDs in der Zukunft zu verzichten - trotz der durchschlagenden Erfolge der deutschen Strafverfolgungs- und Finanzbehörden. Wenn das stimmt - das wäre schon der Hammer.


„Wenn die Kriminalpolizeien des Bundes und der Länder aus Überlastungsgründen ihre Akten nicht bearbeitet bekommen, müssen die Kolleginnen und Kollegen mit Strafverfahren wegen Strafvereitelung im Amte rechnen. Was hier nun passiert, geht um Lichtjahre darüber hinaus. Wir werden uns mal Gedanken machen müssen wie das Verhalten des Bundesfinanzministers, seines Staatssekretärs und der beteiligten Ministerialbeamten strafrechtlich zu würdigen ist. Hier wird bewusst und gewollt aus vermeintlich fiskalischen Gründen die Strafverfolgung vereitelt.“, rügt Sebastian Fiedler.  Oh, oh, da herrscht wirklich böse Stimmung.


Und Fiedler führt weiter aus: „Nicht nur der ehrliche Steuerzahler ist der Dumme, auch die deutschen Strafverfolger, Steuerfahnder, Finanzbeamten, Zöllner und Staatsanwälte müssen sich angesichts des Vorhabens veralbert vorkommen.“


Dieser Beitrag ist in abgewandelter Form auch im e-magazin erschienen.