Samstag, 4. August 2012

Titanic vs. Papst Benedikt XVI. - Was darf Satire? | Juraexamen.info

Anfang Juli wurde bekannt, dass Papst Benedikt einen Unterlassungsanspruch gegen die Satirezeitschrift Titanic erwirken möchte, wonach es ihr verboten werden soll, Titel und Rückseite der letzten Ausgabe weiter zu verbreiten.



Unter dem Titel “Halleluja im Vatikan. Die undichte Stelle ist gefunden” zeigte der Titel den Papst in weißer Soutane mit einem großen gelben Flecken im unteren Bereich des Schritts. Auf dem Rückcover war die Rückenansicht des Papstes mit einem braunen Flecken abgebildet und dem Schriftzug “Noch eine undichte Stelle gefunden!”.



Der  Papst sollte offenbar als inkontinent angesehen werden. Der Titanicchefredakteur verteidigte sich mit Pseudologik, bei der jeder Polizist oder Richter müde abwinken würde:

“Benedikt muss uns missverstanden haben. Der Titel zeigt einen Papst, der nach der Aufklärung der Spitzelaffäre (“Vatileaks”) feiert und im Überschwang ein Glas Limonade über seine Soutane verschüttet hat. Es ist allgemein bekannt, dass der Papst ein großer Freund des Erfrischungsgetränks ‘Fanta’ ist.”

Aufgrund dieser Veröffentlichung sah sich der Papst in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt und beauftragte eine Bonner Kanzlei mit der Vertretung seiner Interessen. Im Zusammenhang mit dieser Rechtsfrage stellen sich einige interessante Fragestellungen, die in einem Beitrag in juraexamen.info erläutert werden.


  • Diesen Beitrag möchte ich vor allem Studenten empfehlen, da die Prüfungsweise bei derartigen Presseveröffentlichungen gezeigt wird.
  • Er ist aber auch für alle Laien interessant, die sehen wollen, wie ein Jurist (bzw. die Rechtsprechung und Rechtslehre) bei der Prüfung vorgeht.
  • Und somit ist es auch für Blogger interessant, da es diesen eine Hilfestellung ist: wie weit darf ich bei Satire und Spott gehen? Im Gegensatz zu Profijournalisten fehlt hir das Handwerkszeug aus der Ausbildung. Hier besteht also Aufklärungsbedarf.  Dieser Artikel wäre ein geeigneter Beitrag zur Aufklärung (wie überhaupt viele Aufsätze auf juraexamen.info)

Das Ergebnis der Erörterung in dem Aufsatz,  und ihre Begründung, entspricht übrigens meiner persönlichen Einschätzung - immer vorausgesetzt, dass nicht unerwartete und unbekannte Fakten hinzukommen. Wahrscheinlich kommen die meisten Juristen zu diesem Ergebnis.

Das Ergebnis ist mir aber gar nicht wichtig - interessant ist die Art der Überprüfung.

Diese Rechtsprüfung ist überhaupt nicht abhängig davon, was man vom Papst hält oder nicht. Die persönlichen Sympathien DÜRFEN bei einer juristischen Prüfung auch keine Rolle spielen. Es gibt relativ klare Regeln, wie man  Kunstfreiheit und Pressefreiheit mit dem Persönlichkeitsrecht abwägt. Diese sind für jedermann nachvollziehbar und entsprechen systematischen Denken, so wie es uns schon die alten griechischen Philosophen gelehrt haben.

Lest selbst:

Titanic vs. Papst Benedikt XVI. - Was darf Satire? | Juraexamen.info

Und nochmals, bevor sich einige Leser aufregen, ohne sich genauer zu informieren: Das Ergebnis ist mir persönlich völlig egal. Ich habe es nicht mit der Kirche. Überhaupt nicht. Habe auch lachen müssen. Aber jeder von uns muss die Regeln beachten, und mir war schnell klar, dass der Titanic-Artikel daneben gegangen war.

Ich habe es auch nicht mit Frau Merkel, trotzdem würde ich nicht - wie es Fernesehkabarettisten tun - sie in ihrer Person beleidigen oder sie verspotten. Weil es moralisch falsch ist und weil es auch rechtlich falsch ist.

Und Blogger sowie Kommentatoren müssen aufhören, sich wie ein Mob zu benehmen. Also: flüchtig lesen, sich in Meinungen steigern,  als wäre man am Stammtisch, und das ganze in Kommentaren oder eigenen Blogs loszuwerden.

Ansonsten: Gaudi mach ich auch gerne. Das denke ich, habe ich im sd42.de-Projekt bewiesen. Aber wer Lustiges schreiben will, muss sich Mühe geben.

Wenn wir was ändern wollen - müssen wir selbst etwas ändern. Dazu gehört Denktraining. Meinungsbildungstraining, und das Lernen von Handwerkszeug.

Ach ja: ob die Kanzlei inzwischen Schritte unternommen hat, weiß ich nicht.