Freitag, 21. Januar 2011

Was ist jetzt nun mit der Anpassung der Arbeitnehmerpauschale 2011?

Die Meldung ging am 19. Januar durch die Medien. Union und FDP haben ihren Streit zum Steuervereinfachungsgesetz ausgeräumt: Die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrages von 920 EUR auf 1.000 EUR soll bereits in diesem Jahr, also 2011 voll umgesetzt werden.

Nanu, fragt sich der Beobachter, das war doch schon beschlossen, oder? Jedenfalls gab bis Ende Dezember unzählige Meldungen im Internet, was sich 2011 ändert, worin auch die Erhöhung der Werbungskostenpauschale aufgeführt wurde. Und wie soll das ablaufen - ist die WK-Pauschale schon in der Lohnsteuertabelle berücksichtigt? Oder was bedeutet die Nachricht "der Steuervorteil von bis zu 36 EUR im Jahr soll mit der Lohnabrechnung im Dezember an die Arbeitnehmer weitergereicht werden".


Bringen wir Licht in die Sache. Es gibt ein Jahressteuergesetz 2010, ein Steuervereinfachungsgesetz 2011, und diverse kleinere Gesetze, in denen Änderungen des Einkommensteuerrechts für 2011 angeordnet wurden.

Das Jahressteuergesetz 2010 (zur Gesetzgebungsgeschichte siehe diese Tabelle) enthält zahlreiche Änderungen des ESt-Rechts, die zum großen Teil ab 1. Januar 2011 gelten. Es wurde, wie mitlerweile schon üblich, erst im letzten Moment, nämlich im Dezember verkündet. Entsprechend gab es Aufsätze im Internet über den Beschluss und eine Auflistung von Änderungen für das Jahr 2011. Dabei erschien aber auchdie Meldung von der Erhöhung der AN-Pauschale. Diese ist aber im Jahressteuergesetz nicht enthalten, sondern im Steuervereinfachungsgesetz 2011, das erst als Entwurf gilt und im Laufe des Jahres 2011 veröffentlicht wird. Das Vorhaben, den Arbeitnehmerpauschbetrag (§ 9a Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG) anzupassen, ist in diesem Gesetz enthalten und war eine der Kernstücke der Reform, die mit dem Gesetz beabsichtigt wurde. Die Änderung war nur eine Absicht, die Frage, ob beschlossen ist oder nicht, keine Frage des Gesetzesbeschlusses, sondern ein politisch interner Beschluss, ob man die Regelung im Gesetzesentwurf aufnehmen soll. Typischerweise werden solche "Beschlüsse" in den Nachrichtenmeldungen mit echten Gesetzesbeschlüssen vermischt. Darüber habe ich schon öfters berichtet.

Die Änderung hätte somit rückwirkend erfolgen müssen. Das ist technisch schwer machbar, wie es überhaupt einige Punkte im 41-Punkte-Maßnahmekatalog gibt, die man nicht rückwirkend für Anfang 2011 umsetzen kann. Zudem intervenierte Schäuble, dass er den Haushalt 2011 nicht weiter belasten werden wolle. Deshalb kam es noch im Dezember 2010 - entgegen den Nachrichtenmeldungen - zu einem relativ unbemerktem Streit darüber, ob ab Anfang 2011 die WK-Pauschale  angepasst werden soll. Auch bei vielen weteren Punkten gab es ein Umschwenken, was den Zeitpunkt der Änderungen betriff - wollte Schäuble ursprünglich, dass "alles, was geht" schon 2011 rechtswirksam ist, wollte die Regierung den Großteil erst 2012 wirksam werden lassen. „Die Steuervereinfachung wird zu einer Posse“, sagte Reiner Holznagel, Vizepräsident des Bundes der Steuerzahler und die Welt meldete "aus der großen Steuerreform wird eine Minireform".

Mitte Januar dann die politische Einigung (noch lange nicht Gesetz!) zwischen Union und FDP im Bundestag und  Finanzminister Wolfgang Schäuble. Die Lösung entspricht einem Kompromissvorschlag, den Schäuble am Montag noch abgelehnt hatte. Er wollte die Anhebung erst 2012 umsetzen, damit der Haushalt im laufenden Jahr nicht belastet wird.

Nach der jetzigen Lösung müssten die Arbeitgeber nur die Dezember-Gehaltsabrechnung ändern. Die Arbeitnehmer haben damit zu Weihnachten mehr Geld in der Tasche. Zudem müsste niemand dafür eine zusätzliche Steuererklärung abgeben. Der Witz dabei ist, dass die Lohnsteuerabführung an den Fiskus für Dezember 2011 erst im Januar 2012 erfolgt, weshalb der Staatshaushalt in 2011 nicht belastet werde.

Der Vorteil beträgt durchschnittlich 36 EUR im Jahr, heißt es; natürlich hängt das wegen der Progression vom Einzelfall ab. 1000 Euro - 920 Euro ergibt 80 Euro erhöhte Pauschale, somit 80 Euro weniger zu versteuern. Je nach individuellem Steuersatz ergibt sich damit eine Steuerersparnis von ein paar Cent für Geringverdiener bis 45 Euro für Großverdiener.

Damit ich nicht denselben Fehler mache, der den Medien passiert, weise ich nochmals darauf hin: das ist nur ein Vorhaben, das politisch intern beschlossen ist. Die Änderung ist Teil des Referentenentwurfs, der noch durch viele Lesungen gehen muss und irgendwann in 2011 zum Gesetz wird. Bis dahin kann sich noch vieles ändern.