Mittwoch, 3. Oktober 2018

Matrix - Aufgabenbereiche und Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nach BetrVG


Für einen Industriemeister-Kurs musste ich meine Unterlagen zum Thema Mitwirkungsrechte des Betriebsrats neu aufbereiten. Das Hauptergebnis ist eine Tabelle, aus der sich die Verteilung der Rechte auf die Aufgabengebiete ergibt.

Das Verständnis dieser Matrix ist wichtig für viele Prüfungsfragen.


Zunächst muss sich der Lernende über die Aufgabenbereiche klar werden, und wo sie im BetrVG zu finden sind:
  • § 80 (und § 75): Allgemeine Aufgaben
  • §§ 87 ff Soziale Angelegenheiten
  • §§ 90 f Arbeitsplatzgestaltung
  • §§ 92 ff Personelle Angelegenheiten
  • §§ 106 ff Wirtschaftliche Angelegenheiten

Verteilt über diese Aufgabenbereiche sieht das Gesetz Mitwirkungsrechte vor - diese unterscheidet man in  einfache Mitwirkungsrechte einerseits und "echte" Mitbestimmungsrechte andererseits:


Recht auf (einfache) Mitwirkung
Z. B. Informationsanspruch, Auskunftsrecht, Unterlageneinsicht, Beratungsgespräche. Beispiel: § 90 BetrVG oder § 80 Abs. 2 BetrVG
Recht auf Mitbestimmung
Betriebsrat muss Maßnahmen zustimmen, kann also den Arbeitgeber blockieren. Beispiel: § 91 BetrVG

Mitbestimmungsrechte sind entweder daran erkennbar, dass entweder der Begriff "Mitbestimmung" verwendet wird oder sonst aus der Regelung hervorgeht, dass der Betriebsrat zustimmungsberechtigt ist. 
Manche Bücher oder Aufsätze unterscheiden gelegentlich auch drei oder mehr Stufen der Mitwirkung (vgl. auch "Wikipedia" zum "BetrVG"). Gängig (und für  die IM-Prüfung relevant) ist aber eine Zweiteilung in Mitwirkungsrechte und Mitbestimmungsrechte. Auch das Gesetz benutzt diese Begrifflichkeiten, z.B. in der Abschnittsüberschrift vor § 74 BetrVG: "Vierter Teil: Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer"


In folgender Tabelle zeige ich die unterschiedlichen Mitwirkungsrechte der unterschiedlichen Aufgabenbereiche auf.


Recht auf einfache Mitwirkung
Recht auf Mitbestimmung / Zustimmung
Allgemeine Aufgaben
(§§ 80, 75 BetrVG)
§ 80 Abs. 2

Soziale Angelegenheiten
(§§ 87 ff)
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§ 89 Abs. 2
§ 87 Abs. 1 Nr. 1-13
Arbeitsplatzgestaltung
(§§ 90 f)
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§ 90 (Arbeitsplatzgestaltung)
§ 91 (Arbeitsplatzgestaltung mit negativer Auswirkung)
Personelle Angelegenheiten
(§§ 92 ff)
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§§ 92und 92a (Personalplanung
§§ 97 (Einführung von Berufsbildungs- und Fortbildungsmaßnahmen oder Einrichtungen)
§ 102 Abs. 1 (Anhörung bei Kündigung)
§ 105 (Einstellung und Kündigung leitender Angestellter)
§ 85 (Beschwerde AN)
§ 93 (Ausschreibung via BR)
§ 94 (Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze)
§ 95 (Auswahlrichtlinie)
§ 98 (Durchführung von Bildungsmaßnahmen)
§ 99  (Versetzung, Einstellung)
§ 102 Abs. 3, 5 ( qualifizierte Mitwirkung wegen Weiterbeschäftigung bei Widerspruch)
§ 102 Abs 6 (echte Mitbest. bei Kündigung, sofern vereinbart)
§ 103 (fristl. Kündigung Betriebsrat)  
Wirtschaftliche Angelegenh. (§§ 106 ff)
§ 80 Abs. 2 (Allgemeine Informationen)
§ 110 f (Betriebsänderung)
§ 106 (Wirtschaftsausschuss)
§ 112 Abs. 1 (Interessenausgleich),
§ 113 (Nachteilsausgleich)
§§ 112, 112a  (Sozialplan)


Bei manchen Punkten ist man sich uneinig, ob man von Miwirkung, qualifizierter Mitwirkung oder Mitbestimmung sprechen kann, z.B. bei der Kündigungsanhhörung gem § 102 BetrVG.

Ich habe hier sauber getrennt: die bloße Anhörung (mit der die Kündigung selbst nicht verhindert werden kann) als Mitwirkungsrecht, der Widerspruch gegen eine ordentliche Kündigung, mit der ein Weiterbeschäftigungsanspruch erzwungen werden kann, als Mitbestimmungsrecht (§ 102 Abs. 3 und 5 BetrVG).

Bei Mitbestimmungen regelt das Gesetz auch immer, was im Konfliktfall gilt. Meistens heißt es, dass die Einigungsstelle entscheidet (z.B. § 97 Abs. 2) manchmal ist aber auch die Entscheidung des Arbeitsgerichts vorgesehen (z.B. § 99 Abs. 4).

Für den Lernenden ist empfehlenswert, die Vorschriften durchzulesen und sich Stichworte zu markieren. Stichworte sind einmal das jeweilige Sachgebiet, zum anderen die Worte, mit denen der Grad der Mitbestimmung bezeichnet wird: "mitbestimmen", "zustimmen", "informieren", "beraten" etc. Auch die Entscheidungsstelle im Konfliktfall kann man sich unterstreichen (Einigungsstelle oder Arbeitsgericht). Sofern die Einigungsstelle vorgesehen ist, kann man sich am Rande den § 76 notieren (gilt nicht für Fachwirte, die dürfen nur anstreichen, nicht kommentieren)